Crashkurs
VORWORT: Die Krise im Herbst 2008
Viele haben sich im Verlauf der letzten Monate gefragt, was eigentlich los ist mit der Weltwirtschaft. Da hört man von Immobilienkrisen, während der eigene Bankberater versichert, dass Sie das überhaupt nicht betrifft und hier in Deutschland alles anders ist. Da schreiben Banken monatlich Milliardenbeträge ab, und die Börsenkurse stürzen ab, während im Fernsehen Analysten von Kaufkursen sprechen und neue Dax-Höchststände für die nächsten Monate prophezeien. In England prügeln sich Menschen um Bargeld vor einer Bankfiliale, aber unser Wirtschaftsminister erklärt, dass so etwas bei uns nie passieren wird.
Die Älteren denken mit bangem Blick an ihre Erlebnisse und die Erzählungen von 1923 und 1930 zurück und wollen nur zu gerne glauben, dass die Politiker und Wirtschaftsexperten mit ihren beruhigenden Worten die Wahrheit sagen. Auch damals gab es an jeder Ecke beruhigende Worte gratis, bevor erst die Wirtschaft zusammenbrach und schließlich die Währung aufgegeben wurde.
Aber was kommt wirklich auf uns zu? Was kommt zum Vorschein, wenn sich der Rauch der vielen Nebelkerzen verzogen hat, die von allen Seiten aus den unterschiedlichsten Gründen geworfen werden?
Mit dieser Frage will sich dieses Buch auseinandersetzen. Nicht mit wirtschaftswissenschaftlichen Phrasen und verwirrenden Formeln, sondern unter Anwendung des gesunden Menschenverstandes. Dieses Buch will die Leser auffordern, mit klarem Blick auf das Offensichtliche zu schauen, die Lügen und Unwahrheiten beiseitezuwischen und laut auszurufen: »Der Kaiser hat keine Kleider an!« – auch wenn die Lakaien noch so sehr des nackten Kaisers neue Gewänder preisen.
Eines sei vorweg gesagt: Niemand kann mit hundertprozentiger Gewissheit behaupten, er wisse, was die Zukunft bringt. Auch wir an der Börse handeln nur mit Wahrscheinlichkeiten. So erhebt auch dieses Buch nicht den Anspruch auf die absolute Wahrheit. Heute noch nicht absehbare Zufälle wie Naturkatastrophen oder politische Entwicklungen können die Entwicklung der Szenarien vollständig verändern.
Dieses Buch ist so vielseitig wie die Finanzwelt. Es soll in verständlicher, humorvoller und manchmal überdeutlicher Sprache nicht nur die Hintergründe und Folgen des Einbruchs der Finanzmärkte seit 2007 aufdecken, sondern auch aufzeigen, auf welchem katastrophalen Crashkurs sich unser Finanzsystem seit Jahren befindet. Nur wenn Sie diesen Crashkurs erkennen, können Sie sich selbst und Ihr Geld in Sicherheit bringen. Es geht um Risiken, aber auch Chancen in einer Größenordnung, wie wir sie seit Jahrzehnten nicht hatten. Wenn Sie die Jahrhundertchance erkennen, die diese Entwicklung beinhaltet, werden Sie als Sieger daraus hervorgehen und ein Vermögen machen.
Ich bin kein Dauerpessimist, dessen ständige Crashwarnungen irgendwann mehr oder weniger zufällig Wirklichkeit werden. Aber ich versuche, die Märkte realistisch zu sehen. Meine jeweiligen Prognosen und Einschätzungen sind in den Zeitungsberichten der vergangenen Jahre nachzulesen. Als im Jahr 2000 die Internetaktien den Höhepunkt ihrer Irrsinnsbewertung erreichten, hatte ich bereits seit einem Jahr vor diesem Wahnsinn gewarnt. Aktien zu kaufen, nur weil das Unternehmen pro Monat weniger Geld verliert als ein Mitbewerber, kann doch kein Geschäftsmodell sein. In jedem Sportverein und auf jedem Dorffest erzählten mir Handwerker und Hausfrauen, mit welchen tollen Aktien sie gerade wieder 100 Prozent Gewinn in fünf Tagen gemacht haben. Schon Altmeister André Kostolany wusste: »Wenn die Schuhputzer anfangen, dir Börsentipps zu geben, ist es höchste Zeit, sich aus dem Markt zu verabschieden.« Wenn eine kleine Internetfirma an der Börse mehr wert ist als ein Konzern wie Lufthansa, braucht es kein BWL-Studium, um mit gesundem Menschenverstand zu erkennen, dass dieser Wahnsinn von äußerst kurzer Dauer sein wird. Und was passiert, wenn Tausende von Anlegern dies plötzlich schmerzhaft erkennen und gleichzeitig schnell durch eine enge Tür fliehen wollen, haben wir in den Jahren 2001 bis 2003 gesehen: Der Dax brach von über 8000 Punkten auf unter 2200 Punkte ein.
Als wir im März 2003 bei 2500 Punkten angekommen waren und die Panik jedes logische Denken erstickte, fragte mich ein Journalist der Welt am Sonntag: »Herr Müller, wie tief fallen wir noch? Sehen wir noch die 1000?« Ich habe darauf geantwortet: »Was soll noch groß passieren? Fest steht: Noch einmal 2500 Punkte fallen wir
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