Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wanderungen Durch Die Mark Brandenburg: Band 3, Havelland

Wanderungen Durch Die Mark Brandenburg: Band 3, Havelland

Titel: Wanderungen Durch Die Mark Brandenburg: Band 3, Havelland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
Vom Netzwerk:
gingen von einer verwandten Anschauung aus, und aus der ersten Zeit des Ordens her finden sich folgende Vorschriften: 1. Die Unterlage des Bettes ist Stroh. Polster sind untersagt. 2. Als Speise dienen gekochte Gemüse, darunter Buchenblätter . Kein Fleisch. 3. In der Kirche soll sich ein offenes Grab befinden, um an die Hinnfälligkeit des Daseins zu mahnen. ._.
----

2. Die Äbte von Lehnin
    Heut sind es grade hundert Jahr,
Seit er gelegen auf der Bahr
Mit seinem Kreuz und Silberstabe.
Die Ew'ge Lamp an seinem Grabe
Hat heute hundert Jahr gebrannt.
      Hier war zu Hause kluger Rat,
Hier hat der mächtige Prälat
Des Hauses Chronik einst geschrieben.
    Annette Droste-Hülshoff

     
    Eh wir dazu übergehen, von den einzelnen leitenden Persönlichkeiten des Klosters, soweit dieselben überhaupt eine Geschichte haben, eingehender zu sprechen, mögen hier einige vorgängige Bemerkungen über die Lehniner Äbte überhaupt eine Stelle finden. Wenn dabei einzelne Dinge von mehr oder weniger allgemeinem Charakter mit aufgeführt werden sollten, Dinge, die nicht bloß in Lehnin, sondern überall innerhalb der klösterlichen Welt ihre Gültigkeit hatten, so wolle man dabei in Erwägung ziehen, daß wir eben noch, im Verlauf unserer »Wanderungen«, verschiedene andere Klöster zu besprechen haben werden und daß das Allgemeingültige in betreff derselben doch an irgendeiner Stelle wenigstens andeutungsweise gesagt werden muß.
    Die Äbte von Lehnin standen an der Spitze ihres »Klosterkonvents«, das heißt ihrer Mönchsbrüderschaft, aus der sie, sobald die Vakanz eintrat, durch freie Wahl hervorgingen. Ihnen zur Seite oder unter ihnen standen der Prior, der Subprior, ein Präzeptor, ein Senior und ein Cellerarius (Kellermeister), der, wie es scheint, im Lehniner Kloster die Stelle des Bursarius (Schatzmeister) vertrat. Daran schlossen sich zwanzig bis dreißig Fratres, teils Mönche, teils Novizen, teils Laienbrüder. Die Tracht der Mönche war die übliche der Zisterziensermönche: weißes Kleid und schwarzes Skapulier.
    Das Ansehen und die Gewalt des Abtes waren außerhalb und innerhalb des Klosters von großem Belang. 1450 wurde den Äbten zu Lehnin vom Papste der bischöfliche Ornat zugestanden. Seitdem trugen sie bei feierlichen Gelegenheiten die bischöfliche Mitra, das Pallium und den Krummstab. Auf den Landtagen saßen sie auf der ersten Bank, unmittelbar nach den Bischöfen von Brandenburg und Havelberg. Innerhalb des Klosters war der Abt selbstverständlich der oberste Leiter des Ganzen, kirchlich wie weltlich. Er sah auf strenge Ordnung in dem täglichen Leben und Wandel der Mönche, er beaufsichtigte den Gottesdienst, er kontrollierte die Verwaltung des Klosters, des Vermögens, der Einkünfte desselben, er vertrat das Kloster geistlichen und weltlichen Mächten gegenüber. Er regierte. Aber diese Regierung war weitab davon, eine absolute, verantwortungslose Herrschaft zu sein. Wie er über dem Konvente stand, so stand doch auch der Konvent wieder über ihm, und Klagen über den Abt, wenn sie von Draußenstehenden erhoben wurden, kamen vor den Konvent und wurden von diesem entschieden. Waren die zu erhebenden Klagen jedoch Klagen des Konventes selbst, so konnte letzterer freilich in seiner eignen Angelegenheit nicht Recht sprechen, und ein anderes Tribunal hatte zu entscheiden. Dies Tribunal, der Fälle zu geschweigen, wo es der Landesherr war, war entweder das Mutterkloster oder das große Kapitel in Cîteaux oder der Magdeburger Erzbischof oder endlich der Papst. Solche Auflehnungen und infolge derselben solche Appellationen an die obere Instanz zählten keineswegs zu den Seltenheiten, wiewohl die Lehniner Verhältnisse, in vielleicht etwas zu optimistischer Auffassung, im allgemeinen als mustergültige geschildert werden. Der Abt Arnold, von dem wir später ausführlicher hören werden, wurde infolge solcher Auflehnung abgesetzt.
    Dieser Abt-Arnold-Fall, der durch Beauftragte des Generalkapitels in Cîteaux untersucht und entschieden wurde, führt zu der nicht uninteressanten Frage: ob solche Beziehungen zu Cîteaux, zu dem eigentlichen, ersten und ältesten Ausgangspunkt aller Zisterzienserklöster, etwas Regelmäßiges oder nur etwas Ausnahmsweises waren. Die Ordensregel, die Charta caritatis, das Gesetzbuch der Zisterzienser, schrieb allerdings vor, daß einmal im Jahre alle Zisterzienseräbte in Cîteaux zusammenkommen und beraten sollten, aber diese Anordnung stammte noch aus einer Zeit, wo die

Weitere Kostenlose Bücher