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Wanderungen Durch Die Mark Brandenburg: Band 3, Havelland

Wanderungen Durch Die Mark Brandenburg: Band 3, Havelland

Titel: Wanderungen Durch Die Mark Brandenburg: Band 3, Havelland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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wonnigen Nichtigkeiten. Kaum ein Inhalt und gewiß keine Idee, und doch, bei so wenigem, so viel ! Ein bequemes Symbolisieren nach der Tradition; in gewissem Sinne fabrikmäßig; alles aus der Werkstatt, in der die Dinge einfach gemacht wurden ohne besondere Anstrengung. Aber wie gemacht! welche Technik, welche Sicherheit und Grazie. Wie wohltuend das Ganze, wie erheiternd. Jetzt setzen die Künstler ihre Kraft an eine Idee und bleiben dann, neun Mal von zehn, hinter dieser und oft auch hinter sich selbst zurück. Wie anders damals. Die Maler konnten malen und gingen ans Werk. Kam ihnen nichts, nun, so war es immer noch eine hübsche Tapete; erwies sich aber die Stunde günstig, so war es wie ein Geschenk der Götter.
    So Großes fehlt hier; aber auch das Kleine genügt. Genien und wieder Genien, blonde und braune, geflügelte und ungeflügelte, umschweben und umschwirren uns, und die Guirlanden, die sich zwischen den Fingerspitzen der lachenden Amoretten hinziehen, sie haben eine Pracht und Wahrheit der Farbe, daß es ist, als fielen noch jetzt die Rosen in vollen roten Flocken auf uns nieder. Im Teezimmer bringt eine dieser geflügelten Kleinen ein Tablett mit blaugerändertem Teezeug – selbst Boßdorf, als er sein Riesentablett der Lautenschlägerin präsentierte, hätte von diesem Liebling der Grazien lernen können.
    Diese Zeit sinnlich blühender Renaissance, sie ist dahin. Was wir jetzt haben, mit allen unsren Prätensionen, wird nach zweihundert Jahren schwerlich gleiche Freude und Zustimmung wecken.
    Es war Mittag, als wir wieder auf die Freitreppe hinaustraten. Der Himmel hatte sich bezogen und gestattete jetzt einen unbehinderten Blick auf das weite Wasserpanorama.
    Die holländische Yacht, mit drei Königen und einem ganzen Silbertresor an Bord, steuerte nicht mehr havelabwärts; aber statt ihrer schwamm eine ganze Flottille von Havelkähnen heran, und am Horizonte stand in scharfen Linien steifgrenadierhaft die Garnisonkirche von Potsdam: das Symbol des Jüngstgeborenen im alten Europa, des Militärstaats Preußen .
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Petzow
    Auf der Fortuna ihrem Schiff
Ist er zu segeln im Begriff;
Will einer in der Welt was erjagen,
Mag er sich rühren und mag sich plagen.
    Schiller

     
    Wie Buda-Pest oder wie Köln und Deutz ein Doppelgestirn bilden, so auch Caputh und Petzow. Sie gehören zusammen. Zwar ist die Wasserfläche, die die beiden letzteren voneinander trennt, um ein Erhebliches breiter als Rhein und Donau zusammengenommen, aber nichtsdestoweniger bilden auch diese beiden »Residenzen diesseit und jenseit des Schwielow« eine höhere Einheit. Eine Einheit, so verschieden sie untereinander sind. Sie ergänzen sich. Caputh ist ganz Handel, Petzow ist ganz Industrie. Dort eine Wasserstraße, eine Werft, ein Hafenverkehr; hier die Tag und Nacht dampfende Esse, das nie erlöschende Feuer des Ziegelofens. Schönheit der Lage ist beiden gemeinsam; doch ist Petzow hierin weit überlegen, sowohl seiner eigenen unmittelbaren Erscheinung als dem landschaftlichen Rundblick nach, den es gestattet.
    Die etwas unregelmäßig über einen Hügelrücken sich hinziehende Dorfstraße folgt im wesentlichen dem Schwielow-Ufer; zwischen Dorf und See aber ist ein ziemlich breites, schräg abfallendes Stück Land verblieben, in das Schloß und Park sich teilen.
    Beide sind Schöpfungen dieses Jahrhunderts; Vater und Großvater des gegenwärtigen Besitzers, des Amtsrats von Kaehne, riefen sie ins Leben. Die genannte Familie sitzt nachweisbar seit 1630 an dieser Stelle; vielleicht viel länger. Die Kaehnes waren damals schlichte Bauern. In genanntem Jahre, also während des Dreißigjährigen Krieges, erwarben sie das Lehnschulzengut und hielten es nicht nur fest, sondern wußten auch ihren Besitz derart zu erweitern, daß im Jahre 1740 der damalige Träger des Namens in den Adelstand und fünf Jahre später (1745) der Gesamtbesitz zu einem kreistagsfähigen Rittergute erhoben wurde.
    Ein Beispiel derartigen Aufdienens »von der Pike«, wie es die Familie Kaehne gibt, ist sehr selten; viel seltener, als man glaubt. Ein Blick auf die Geschichte der Rittergüter belehrt uns darüber. Was in den altadeligen Grundbesitz als Neuelement einrückt oder gar durch Zusammenlegung von Bauergütern (und selbstverständlich unter schließlicher Ernennung seitens des Landesherrn) neue Rittergüter kreiert, das sind entweder selbst wieder prosperierende, ihren Besitz erweiternde Adelige, die für jüngere Söhne einen

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