Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wanderungen Durch Die Mark Brandenburg: Band 3, Havelland

Wanderungen Durch Die Mark Brandenburg: Band 3, Havelland

Titel: Wanderungen Durch Die Mark Brandenburg: Band 3, Havelland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
Vom Netzwerk:
Maschine und die Maschine wiederum eines Maschinenmeisters, wozu ein junger Straßburger Mechaniker, ein Düftelgenie, einer aus der großen Familie der Perpetuum-mobile-Erfinder, ausersehen wurde. Er hieß Friedrich und bekleidete bis zu seiner Ernennung zum Pfaueninsel-Maschinenmeister das Amt eines Maschinisten und Versenkungskünstlers am Königstädtischen Theater. Wie er zu diesem Amt gekommen, was ihn überhaupt an Spree und Havel gekettet und seinem »o Straßburg« ungetreu gemacht hatte, darüber sind nur noch Vermutungen gestattet, die aber schwerlich weit vom Ziele treffen, wenn sie die Lösung des Rätsels in einer quicken, von Lenzen oder Havelberg nach Berlin verzogenen Prignitzerin suchen, die schon damals die wenigstens partielle Eroberung des Elsaß anstrebte. Und, wie sich von selbst versteht, mit Erfolg . Die märkischen Mädchen setzen durch, was sie wollen, und halten fest, was sie haben. Zumal die Fremden erliegen ihrer Zauberkunst. Los ist noch keiner gekommen. Ein neues Kapitel für die Dämonologie.
    Wenn es nun je einen Elsasser gab, der einer Prignitzerin von allem Anbeginn an rettungslos verfallen war, so war es unser Freund Friedrich; in kürzester Frist waren die bindenden Worte gesprochen, die Ringe getauscht, und nachdem er noch eine kurze Zeit lang am Königstädtischen Theater gedonnert und geblitzt hatte, intervenierte plötzlich die mehrerwähnte Dampfmaschine und hob eines Tages nicht nur 6 000 Tonnen Wasser in das Reservoir hinein, sondern auch noch unsern Theatermaschinisten samt Frau in das Maschinenmeisterhaus auf der Pfaueninsel. Da setzte sie beide nieder, und da sitzen sie noch. Da sitzen sie in einem gelben Hause, am Hügelabhang, unter Pfeifenkraut und Geißblattlauben, da sitzen sie seit nahezu fünfzig Jahren, erst mit Kindern, dann mit Enkeln, zuletzt mit Urenkeln gesegnet, und wiewohl als echte Inselbewohner unbekümmert um die Vorgänge des Kontinents, haben sie doch die Potentaten des Festlandes, die großen und die kleinen, ihrerseits empfangen und in langer Reihe an ihrem Hause und ihrer Gartenbank vorüberziehen sehn. Gute, glückliche Leute, loyal und frei. Da liegt's. Auf einer ganz eminenten Freiheit, die sich sonderbarerweise auf dem Beschränkungsparagraphen: »Wirts- und Kaffeehäuser sind unzulässig an dieser Stelle«, aufbaute, gründete Frau Friedrich ihre Pfaueninsel-Herrschaft. Alles, was hier landete, wenn es seinen Schloßgang hinter sich hatte, hatte das dem norddeutschen Menschen tief innewohnende Bedürfnis des Nachmittagskaffee, und da kein Platz da war, wo dies Bedürfnis regelrecht, nach den alten Traditionen von Angebot und Nachfrage befriedigt werden konnte, so blieb den Durstigen nichts übrig, als um Dinge zu bitten , die nun mal nach Lage der Sache nicht befohlen werden konnten. So wurde das Maschinenmeisterhaus ein Kaffeehaus von Frau Friedrichs Gnaden , und aus dieser eigentümlichen Machtstellung entwickelte sich schließlich jener Absolutismus, der wohl gelegentlich, wie alle unumschränkte Herrschergewalt, ein wenig bedrücklich empfunden worden ist. Um keinen Louisquatorze ist fünfzig Jahre lang so andauernd geworben worden wie um diesen »L'État c'est moi«. Die weibliche Trägerin dieses Satzes verkaufte nicht, sie spendete nur. Ein kleinster Verstoß, ein zu sicheres Auftreten, eine zu früh gezeigte Börse, eine Krawatte, deren Farbe mißfiel, und – die Gnade konnte entzogen werden. Man trank hier seinen Kaffee immer mit Augen links, immer lächelnd, immer die Hand am Hut, und vielleicht schmeckte er nur deshalb so vorzüglich, weil er wirklich teuer erkauft und errungen war.
    Dies alles traf nun aber bloß den Namenlosen, den Unbekannten, der, führerlos an diese Küste verschlagen, des Vorzugs entbehren mußte, der Frau Friedrich vorgestellt oder irgendwie empfohlen zu sein. Über alle diese Hasardeurs brach es gelegentlich herein. Die Kugel rollte, rot oder schwarz, und wer wollte sagen, wohin sie fiel. Aber die Billigkeit erzwingt doch gleicherzeit das Anerkenntnis, daß das Gesetz des Introduziertseins nicht mit Strenge gehandhabt wurde und daß im großen und ganzen jeder ein Empfohlener war, der sich – nach den Traditionen des alten Preußens – durch Epaulette oder Orden beglaubigen konnte. Waren es nun gar Personen, die dem Königshause »verwandt oder zugetan« waren, so brach die Loyalität in hellen Flammen siegreich durch. Die Liebenswürdigkeit der Frau Friedrich wetteiferte an solchem Tage mit ihrer

Weitere Kostenlose Bücher