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Wanderungen II. Das Oderland.

Wanderungen II. Das Oderland.

Titel: Wanderungen II. Das Oderland. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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eine Flora bilden die Besatzung des Brettes. Der Aurora sind ihre beiden Flügel, der Flora das Bouquet genommen; beides, Bouquet und Flügel, liegen, wie abgelegter Schmuck, zu Füßen der Figuren.
    »Was geht denn so am besten?« eröffne ich die Konversation.
    »Ja, das ist schwer zu sagen, mein Herr«, erwidert der Figurenmann (der sich durch das hierlands selten gebrauchte »mein Herr« sofort als ein Mann von gewissen »Allüren« einführt), »es richtet sich nach der Gegend.«
    »Ich dachte, König und Königin.«
    »Versteht sich, versteht sich«, unterbricht er mich lebhaft, als sei er mißverstanden, »königliches Haus und Goethe-Schiller immer voran. Selbstverständlich.«
    »Aber außerdem?«
    »Ja, das war es eben, mein Herr. Hier herüber« – und dabei deutete er, nach rechts hin, in die Sandgegenden der Neumark hinein –, »hier herüber verkauf ich wenig oder nichts, nur dann und wann einen ›betenden Knaben‹. Ich könnte von meinem Standpunkt aus sagen« – und dabei überflog ein feines Lächeln sein Gesicht –, »wo der gute Boden aufhört, da fängt der ›betende Knabe‹ an.«
    »Nun, da gehen diese wohl ins Bruch«, erwiderte ich lachend, indem ich auf Flora und Aurora zeigte.
    »Aurora und Flora gehen ins Bruch«, wiederholte er mit humoristischer Würde. »Auch Amor und Psyche.«
    Ich nickte verständnisvoll.
    Wir standen nun auf und traten an die Schiffswandung. Er sah, daß ich einen Blick in die Landschaft tun wollte, und wartete, bis ich die Unterhaltung wieder aufnehmen würde.
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    Das linke Oderufer ist hüglig und malerisch, das rechte flach und reizlos. Der eigentliche Uferrand ist aber auch hier steil und abschüssig und die Wandung mit Weidengebüsch besetzt. Inmitten des gelblichen, um die Sommerzeit ziemlich wasserarmen Stromes schwimmen Inseln, und die Passage erweist sich, selbst bei genauer Kenntnis des Fahrwassers, als sehr schwierig. Vorn am Bugspriet stehen zwei Schiffsknechte mit langen Stangen und nehmen beständig Messungen vor, die um so unerläßlicher sind, als die Sandbänke ihre Stelle wechseln und heute hier und morgen dort sich finden.
    Fluß, Ufer, Fahrt, alles hat den norddeutschen Charakter. Inzwischen ist es heller geworden, die Nebel haben der Sonne Platz gemacht, und mit dem Sonnenschein zugleich dringen, von rechts her, Glockenklänge zu uns herüber. Dorf und Kirche aber sind nicht sichtbar. Ich horche eine Weile; dann wend ich mich zu meinem Nachbar und frage: »Wo klingt das her?«
    »Das ist die Siebenzentnerige von Groß-Rade – mein besonderer Liebling.«
    »Was tausend«, fahr ich fort, »kennen Sie die Glocken hier herum so genau?«
    »Ja, mein Herr, ich kenne sie alle. Viele davon sind meine eigenen Kinder, und hat man selber erst Kinder, so kümmert man sich auch um die Kinder anderer Leute.«
    »Wie das? Haben Sie denn die Glocken gegossen? Sind Sie Gürtler oder Glockengießer? Oder sind Sie's gewesen?«
    »Ach, mein Herr, ich bin sehr vieles gewesen: Tischler, Korbmacher, dazwischen Soldat, dann Former, dann Glockengießer; nun gieß ich Gips. Es hat mir alles nicht recht gefallen, aber das Glockengießen ist schön.«
    »Da wundert's mich doppelt, daß Sie vom Erz auf den Gips gekommen sind.«
    »Mich wundert es nicht, aber es tut mir leid. Wenn der ›Zink‹ nicht wäre, so göß ich noch Glocken bis diesen Tag.«
    »Wieso?«
    »Seit der Zink da ist, ist es mit dem reellen Glockenguß vorbei. In alten Zeiten hieß es ›Kupfer und Zinn‹, und waren's die rechten Leute, gab's auch wohl ein Stück Silber mit hinein. Damit ist's vorbei. Jetzt wird abgezwackt; von Silber ist keine Rede mehr; wer's billig macht, der hat's. Der Zink regiert die Welt und die Glocken dazu. Aber dafür klappern sie auch wie die Bunzlauer Töpfe. Ich kam bald zu kurz; die Elle wurde länger als der Kram; wer noch für Zinn ist, der kann nicht bestehen, denn Zinn ist teuer, und Zink ist billig.«
    »Wieviel Glocken haben Sie wohl gegossen?«
    »Nicht viele, aber doch sieben oder acht; die Groß-Radener ist meine beste.«
    »Und alle für die Gegend hier?«
    »Alle hier herum. Und wenn ich mir mal einen Feierabend machen will, da nehm ich ein Boot und rudere stromab, bis über Lebus hinaus. Wenn dann die Sonne untergeht und rechts und links die Glocken den Abend einläuten und meine Glocken dazwischen , dann vergeß ich vieles, was mir im Leben schiefgegangen ist, und vergeß auch den ›Turban‹ da.« – Dabei zeigte er auf die runde,

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