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Wanderungen II. Das Oderland.

Wanderungen II. Das Oderland.

Titel: Wanderungen II. Das Oderland. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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Kronprinzen -Falle gilt und daß man in solch ungeheurer Aufregung war nicht um des Geschehenen, sondern um des vielleicht noch zu Geschehenden willen . Wird das Schwert, das den Lieutenant von Katte traf, auch den Kronprinzen treffen? Das war es, was alle Schichten der Gesellschaft in Schrecken setzte. Von dem Augenblick an, wo diese Furcht aus den Gemütern gewichen war, war der Schrecken überhaupt dahin, und nur dem Umstande, daß die Schicksale Kattes und des Kronprinzen viele Wochen lang Hand in Hand gingen und fast identisch erschienen, nur diesem Umstande ist es zuzuschreiben, daß die Vorstellung: die Hinrichtung sei als etwas Außerordentliches oder gar Unerhörtes angesehen worden, jemals hat Platz greifen können.
    Es liegt vielmehr umgekehrt, und weder in den Pöllnitzschen Memoiren noch in denen der Markgräfin findet sich, bei schärferer Prüfung, auch nur ein einziges dahin lautendes Wort. Es findet sich nicht und kann sich nicht finden: denn Hof, Adel, Armee 1) fanden eben alles, was geschah, zwar streng, sehr streng vielleicht, aber schließlich doch nur in der Ordnung. Jedenfalls statthaft, zulässig. Ja, die Familie selbst, so tief erschüttert sie war (vergleiche die zwei vorstehenden Briefe), so bestimmt sie Begnadigung erwartet haben mochte, scheint den auf Tod lautenden Machtspruch des Königs in seinem Rechte keinen Augenblick angezweifelt zu haben.
     
    Es ist nötig, so sagte ich, den Fall aus der damaligen Zeit heraus zu beurteilen, aber er besteht auch vor dem Urteil der unserigen, vorausgesetzt, daß unsere Zeit sich Zeit nimmt, auf die Spezialien des Falles einzugehen. Denn die Wandlung der Gesamtanschauungsweise, die die Weit seit 150 Jahren erfahren hat, ist doch nicht so groß und stark, als manche glauben möchten, und wenn nicht alle Zeichen trügen, so stehen wir eben jetzt wieder auf dem Punkt, uns einer zurückliegenden und schon überwunden geglaubten Strenge mehr zu nähern als immer weiter von ihr zu entfernen. Und ich setze hinzu: »Gott sei Dank«, ohne damit die Segnungen, die wir einer anderthalbhundertjährigen freiheitlichen Entwickelung verdanken, anzweifeln oder verkennen zu wollen.
    Und so denn noch einmal: auch von unserem Standpunkt aus angesehen, war Katte nicht das Opfer einer Willkür oder Laune, sondern einer schweren selbsteigenen Schuld, indem er unter chevaleresken und in gewissem Sinne selbst unter loyalen Allüren (denn er diente seinem künftigen Herrn) in naiv-frivoler Weise durch alle Stadien des Hoch- und Landesverrates ging. Er war, um seines Kriegs- und Landesherrn eigene Worte zu zitieren, »dazu da, seinem Könige getreu und hold zu sein«, doppelt in seiner Eigenschaft als Offizier der Garde -Gensdarmes, die des Vorzugs genossen, »immadiatement an Seine Majestät Allerhöchste Person attachieret zu sein« – und was finden wir tatsächlich?
    Der Kronprinz steckt in Schulden; Katte tut das Seine, diese Schulden zu mehren.
    Der Kronprinz steckt in Debauchen; Katte geht ihm dabei mit Rat und Tat zur Hand.
    Der Kronprinz steckt im Unglauben; Katte bestärkt ihn darin.
    Der Kronprinz steckt in Komplotten mit seiner Mutter und seiner Schwester, mit fremden Höfen und Gesandten 2) , und Katte macht den Zwischenträger und zuletzt gar den Liebhaber.
    Der Kronprinz will desertieren; Katte nimmt es in die Hand und hält ihm einen Vortrag »über die beste Weise des Gelingens«. Endlich rüstet er sich selber zur Desertion.
    Das sind so einige der »species facti«; nur einige, aber gerade genug, um seinen König und Herrn mit allem Fug und Recht aussprechen zu lassen: »Und da denn dieser Katte mit der künftigen Sonne tramieret, auch mit fremden Ministern und Gesandten allemal durcheinandergestecket, er aber nicht davor gesetzet worden, mit dem Kronprinzen zu komplottieren, au contraire es Seiner Königlichen Majestät hätte angeben sollen, so wissen Seine Majestät nicht, was vor kahle Raisons das Kriegsrecht genommen und ihm das Leben nicht abgesprochen hat.«
    Es ist nur eines , was uns in diesem Schreckensschauspiel – denn ein solches bleibt es – widerstrebt und widersteht: der König wechselt hier die Rolle mit dem Richter. Er läßt das Recht über die Gnade gehen . Und das soll nicht sein.
    Wenn aber etwas damit versöhnen kann, so ist es das , daß er dies im eigenen Herzen empfunden hat. Hören wir noch einmal ihn selbst: »Wenn das Kriegsrecht dem Katten die Sentenz publizieret, so soll ihm gesagt werden, daß es Seiner Königlichen

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