Wanderungen II. Das Oderland.
Zweifel darüber, ob er Friedland als Lehn oder als Allod erhalten habe, und scheute sich doch, bei dem Könige deshalb anzufragen. War es Lehn, so fiel es, da er keinen Sohn hatte, nach seinem Tode an die Krone zurück. In dieser Verlegenheit – einerseits von dem lebhaften Wunsche erfüllt, seiner einzigen Tochter ein Gut als Erbe zu hinterlassen, und andererseits von der berechtigten Vorstellung ausgehend, daß es mißlich sei, ohne ausdrückliche Erklärung des Königs, Friedland als Allodium und freien Besitz anzusehen – entschied er sich dafür, das benachbarte, vormals von Barfussche Gut Kunersdorf anzukaufen und sich dadurch in die Lage zu bringen, seiner Tochter, wie immer späterhin auch die Ansicht des Königs sich herausstellen möge, jedenfalls einen Landbesitz hinterlassen zu können. Er kaufte also Kunersdorf .
Bald darauf sah Lestwitz die Notwendigkeit ein, sich auf einem seiner Güter standesgemäß einzurichten, daß heißt ein Schloß zu bauen. Da ihm der dauernde Besitz Friedlands, dauernd über seine eigene Lebenszeit hinaus, immer noch zweifelhaft war, so entschied er sich selbstverständlich dafür, das Schloß in dem neu erworbenen Kunersdorf 1) aufführen zu lassen. Als der Bau halb fertig war, kam der König auf einer seiner Inspektionsreisen des Weges. » Lestwitz, warum baut Er denn in Kunersdorf und nicht in Friedland? « Jetzt war der Moment der Erklärung gekommen. Lestwitz antwortete, daß er keine Söhne und nur eine Tochter habe und davon ausgegangen sei, daß Friedland nach seinem (Lestwitz') Tode an den König zurückfallen werde. »Ich weiß ja, daß Er keine Söhne hat«, antwortete der König gnädig, » es soll alles Seiner Tochter verbleiben .«
So kamen Kunersdorf und Friedland an die Familie Lestwitz, Friedland als freier Besitz aus Königs Hand, Kunersdorf durch Kauf. Friedland, das einst eine glänzende Zeit gehabt hatte, verlor mehr und mehr. Nur Kirchdorf blieb es. In Schloß Kunersdorf aber lebten die Lestwitze und nach ihnen die Itzenplitze, von denen beiden ich in nachstehendem zu erzählen haben werde.
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* [Heute werden beide Namen mit K geschrieben; Fontane schrieb noch Cunersdorf ] [Image: Zurück]
In Kunersdorf war zwar, noch aus der Barfus-Zeit her, ein Herrenhaus, aber weder geräumig genug noch standesgemäß in seiner Einrichtung. Dies alte Barfussche Herrenhaus existiert noch (es steht dem Schloß gegenüber) und veranschaulicht sehr gut, wie der Adel vor 200 Jahren lebte. ._.
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Prenden
Es scheint ein langes, stilles Ach zu wohnen
In diesen Lüften, die sich leise regen.
Platen
Otto Christoph war ein lichterfeldischer Sparr.
Wenn dieser Aufsatz, der einen kurzen Lebensabriß des Feldmarschalls beabsichtigt, dennoch den Namen des Nachbargutes Prenden als Überschrift trägt so geschieht es, weil dieses Besitztum, mehr als irgendein anderes, mit dem Leben Otto Christophs verbunden ist. Es war sein Lieblingsaufenthalt, und hier starb er, wie denn auch Prenden – nachdem das Elend des Dreißigjährigen Krieges den Sparrs ihren alten Besitz geraubt hatte – zuerst wieder als ein kurfürstliches Geschenk in die Hände der Familie, und zwar unseres Otto Christoph, zurückgelangte.
Otto Christoph von Sparr wurde mutmaßlich 1605 aus der Ehe Arndts von Sparr mit Emerentia von Seestedt 1) auf dem Schlosse zu Lichterfelde geboren.
Die Jugend Otto Christophs hüllt sich in Dunkel. Ob er sich im Parke zu Lichterfelde oder im Garten zu Prenden – dessen Mitbesitzer sein Vater war – umhertummelte, ob er im Hause des letzteren oder in der benachbarten Hauptstadt erzogen wurde, was und wo er war, als die ersten jener Gewitterwolken heraufzogen, die dann dreißig Jahre lang über dem unglücklichen Lande stehen sollten – darüber verlautet nichts und wird auch in Zukunft wenig verlauten, denn es war eine eiserne Zeit, die wenig schrieb und am wenigsten bei Jugendgeschichten verweilte. Annehmen aber dürfen wir, daß die Erziehung unseres Sparr eine sorgfältige war, da wir im weiteren zu zeigen haben werden, daß er keinesweges jenen abenteuernden Naturen zugehörte, die, voll Mut und Rücksichtslosigkeit, auf dem Boden des Krieges rasch emporwuchsen, sondern umgekehrt in Wissenschaften glänzte, die ihn befähigten, Befestigungen zu leiten und Feldzugspläne zu entwerfen. Ein im Auftrage des Kurfürsten von ihm angefertigtes Memorial über »Kriegsführung gegen die Türken« ist ein Meisterstück einfach klarer Darstellung, und unter den
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