Warrior Cats - Die Macht der Drei 05 - Lange Schatten
hätte sie Steine im Bauch, die sie nach unten zögen. Der SchattenClan war zur letzten Großen Versammlung vor zwei Nächten nicht erschienen. Nur ihr Anführer Schwarzstern war gekommen, mit Sol, dem Einzelläufer, der erst kürzlich am See aufgetaucht war. Schwarzstern hatte erklärt, dass seine Katzen nicht mehr an die Macht ihrer Kriegerahnen glaubten.
Aber das darf nicht sein! Wie soll ein Clan ohne den SternenClan überleben? Ohne das Gesetz der Krieger?
»Sol ist gar nicht so verrückt«, erklärte Haselschweif mit einem Ohrenzucken. »Er hat vorhergesagt, dass die Sonne verschwinden würde, und das hat sie getan. Keine der Heiler-Katzen wusste, dass das passieren würde.«
Birkenfall blieb unbeeindruckt. »Und dann ist die Sonne wiedergekommen, oder etwa nicht? Keine große Sache.«
»Wie dem auch sei«, mischte sich Brombeerkralle ein und erhob sich auf die Pfoten. »Wir sind hier auf einer Jagdpatrouille. Wir haben nicht vor, dem SchattenClan einen Anstandsbesuch abzustatten.«
»Aber sie haben an unserer Seite gekämpft«, wandte Birkenfall ein. »Ohne den SchattenClan hätten der WindClan und der FlussClan Krähenfraß aus uns gemacht. Da können wir doch nicht gleich wieder zu Feinden werden, oder?«
»Wer redet denn von Feindschaft«, korrigierte Sandsturm. »Aber sie sind noch immer ein fremder Clan. Außerdem kann ich mir eine Freundschaft mit Katzen, die den SternenClan verleugnen, nicht so recht vorstellen.«
Und was ist dann mit unseren eigenen Katzen? Distelblatt wagte nicht, die Frage laut zu stellen. Wolkenschweif hat noch nie an den SternenClan geglaubt. Aber auch so wusste sie, dass Wolkenschweif ein treuer Krieger war, der für jeden seiner Clan-Gefährten sein Leben geben würde.
Brombeerkralle sagte nichts, schüttelte sich nur kurz und winkte den Rest der Patrouille mit der Schwanzspitze heran. Auf dem Weg zum Dornentunnel kam ihnen Farnpelz entgegen, der mit Ampferschweif und Löwenglut auf die Lichtung schlüpfte. Die Morgenpatrouille war zurückgekehrt. Als alle drei Katzen zum Frischbeutehaufen strebten, sprang ihnen Distelblatt nach und stellte sich ihrem Bruder in den Weg.
»Wie ist es gelaufen? Gibt es irgendwas zu berichten?«
Löwenglut riss das Maul auf und gähnte ausgiebig. Bestimmt ist er todmüde. Erst die Nachtwache und dann gleich für die Morgenpatrouille eingeteilt.
»Überhaupt nichts«, miaute er und schüttelte den Kopf. »An der WindClan-Grenze ist alles ruhig.«
»Wir gehen Richtung SchattenClan-Territorium.« Nur ihrem Bruder konnte Distelblatt gestehen, wie besorgt sie war. »Ich habe Angst, wir könnten Sol begegnen. Was machen wir, wenn er den anderen Katzen von der Prophezeiung erzählt?«
Löwenglut drückte ihr die Schnauze an die Schulter. »Ach was! Wie wahrscheinlich ist es, dass Sol an Grenzpatrouillen teilnimmt? Er wird im SchattenClan-Lager herumliegen und sich den Bauch mit Frischbeute vollstopfen.«
Distelblatt schüttelte den Kopf. »Ich weiß nicht … mir wäre einfach wohler, wenn wir ihm nie etwas erzählt hätten.«
»Geht mir genauso.« Löwenglut kniff die Augen zusammen und fuhr mit bitterer Stimme fort. »Aber wahrscheinlich denkt Sol gar nicht an uns. Schließlich hat er beschlossen, bei Schwarzstern zu bleiben. Nachdem wir ihm von der Prophezeiung erzählt haben, hat er erst versprochen, uns zu helfen, und dann ganz schnell seine Meinung geändert.«
»Ohne ihn sind wir besser dran.« Distelblatt fuhr ihrem Bruder mit der Zunge übers Ohr.
»Distelblatt!«
Sie wirbelte zu Brombeerkralle herum, der mit ungeduldig zuckender Schwanzspitze beim Dornentunnel wartete.
»Wir müssen los«, miaute sie Löwenglut zu und rannte über die Lichtung zu Brombeerkralle. »Entschuldigung«, keuchte sie und stürzte sich in den Tunnel.
Der Morgen war rau und kalt gewesen, aber als Distelblatt jetzt mit ihren Clan-Gefährten durch den Wald trabte, riss die Wolkendecke auf. Sonnenlicht stach mit seinen langen Krallen durch die Zweige, setzte Blätter in Brand, die sich von Grün nach Rot und Gold verfärbt hatten. Blattfall war nah.
Brombeerkralle führte seine Patrouille vom See weg Richtung SchattenClan-Grenze und mied sorgsam den alten Zweibeinerpfad mit dem verlassenen Nest, wo die Clans ihre Schlacht ausgetragen hatten.
Distelblatt prüfte die Luft auf der Suche nach einem Eichhörnchen oder einer fetten Maus, fand aber nur abgestandene Reste ihres eigenen Geruchs und dem ihrer Wurfgefährten, die noch von ihrer Wanderung durch den
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