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Warte auf das letzte Jahr

Warte auf das letzte Jahr

Titel: Warte auf das letzte Jahr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
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können. Und ich kann ihm helfen, wissen Sie, kann ihm um vier Uhr morgens sein Selbstvertrauen zurückgeben. Es ist schwer, aber ich schaffe es. « Sie lächelte. »Verstehen Sie? Haben Sie jemanden, der das für Sie tut, Doktor? Um vier Uhr morgens? «
    Langsam schüttelte er den Kopf.
    »Ein Jammer. Sie brauchen es. Schade, daß ich Ihnen nicht auch helfen kann, aber ein Mann genügt mir. Auße r dem sind Sie nicht mein Fall. Doch viel Glück – vielleicht werden Sie irgendwann jemanden wie mich finden. « Sie öffnete die Tür und betrat Molinaris Schlafzimmer. Er stand allein im Korridor und kam sich nutzlos vor. Ein Gefühl schrecklicher Einsamkeit überwältigte ihn.
    Ich möchte nur zu gern wissen, was aus den Unterlagen des Analytikers geworden ist, dachte er mechanisch und konzentrierte sich wieder auf seine Arbeit. Zweifellos hat Gino sie vernichtet, um zu verhindern, daß sie den Ster n menschen in die Hände fallen.
    Sie hat recht gehabt, sagte er sich. Um vier Uhr morgens ist es immer am schlimmsten. Aber es gibt niemanden wie dich, Mary. Und so habe ich keine Wahl.
    »Dr. Sweetscent? «
    Er blickte auf. Ein Geheimdienstbeamter war neben ihm aufgetaucht.
    »Ja? «
    »Doktor, draußen steht eine Dame, die behauptet, Ihre Frau zu sein; sie möchte hereingelassen werden. «
    »Das ist unmöglich «, stieß Eric furchtsam hervor.
    »Würden Sie bitte mitkommen und sie identifizieren? «
    Automatisch folgte er dem Geheimdienstbeamten. »S a gen Sie ihr, sie soll verschwinden «, bat er. Nein, dachte er dann, das ist keine Lösung; man kann seinen Problemen nicht auf diese Art entkommen.
    Man kann sich nicht wie ein Kind verstecken. »Ich habe keine Zweifel, daß es Kathy ist «, murmelte er. »Also ist sie mir gefolgt. Um Gottes willen – was für ein schreckliches Glück. Haben Sie auch schon einmal ein derartiges Gefühl gehabt? « fragte er den Geheimdienstbeamten. »Haben Sie schon jemals mit jemandem zusammenleben müssen, mit dem Sie nicht zusammenleben konnten? «
    »Nee «, erwiderte der Geheimdienstbeamte unbeei n druckt. Er beschleunigte seine Schritte.
     

10
     
    Seine Frau stand in einer Nische des Vorbaus, der als Em p fangshalle des Weißen Hauses diente, und blätterte in der neuesten Ausgabe der New York Times; sie trug einen dun k len Mantel und war stark geschminkt. Dennoch wirkte ihre Haut blaß, und ihre Augen waren groß und schmerzerfüllt.
    Als er den Raum betrat, blickte sie auf und sagte: »Ich l e se gerade etwas über dich; wie es scheint, hast du Molinari operiert und sein Leben gerettet. Herzlichen Glückwunsch. « Sie lächelte ihn an, aber es war ein mattes, zittriges Lächeln. »Gehen wir irgendwohin und trinken eine Tasse Kaffee; ich habe dir eine Menge zu erzählen. «
    »Ich glaube nicht, daß wir uns noch etwas zu sagen h a ben «, erwiderte er, ohne daß es ihm gelang, die Angst in seiner Stimme zu verbergen.
    »Nachdem du fort warst, habe ich mir viele Gedanken gemacht «, gestand Kathy.
    »Genau wie ich. Und ich muß gestehen, daß ich zu dem Ergebnis gekommen bin, daß es vollkommen richtig war, uns zu trennen. «
    »Seltsam, denn ich bin genau zu dem entgegengesetzten Ergebnis gekommen «, sagte sie.
    »Das dachte ich mir. Schließlich bist du hier. Hör mir zu: Rein gesetzlich besteht keine Verpflichtung für mich, weiter mit dir zusammenzuleben. Ich bin nur …«
    »Du solltest dir besser anhören, was ich dir zu sagen h a be «, beharrte Kathy. »Es wäre vom moralischen Standpunkt aus betrachtet nicht richtig, mich hier einfach stehenzula s sen; das wäre zu leicht. «
    Er seufzte. Eine nützliche Philosophie, um ihre Ziele durchzusetzen, die sie da anwandte. Aber er saß bereits in der Falle. »In Ordnung «, stimmte er zu. »Ich kann dich hier genausowenig stehenlassen, wie ich leugnen kann, daß du meine Frau bist. Also laß uns zusammen Kaffee trinken g e hen. « Fatalismus erfüllte ihn. Vielleicht war dies eine mild e re Form seiner selbstzerstörerischen Natur. Jedenfalls hatte er sich geschlagen gegeben; er nahm ihren Arm und führte sie durch die Tür, vorbei an den Wachen des Weißen Ha u ses, zur Cafeteria. »Du siehst schlecht aus «, stellte er fest. »Du bist blaß. Und so verkrampft. «
    »Seit du mich verlassen hast «, erwiderte sie, »ging es mir nicht besonders gut. Ich glaube, ich bin wirklich von dir a b hängig. «
    »Symbiose «, sagte er. »Das ist schädlich. «
    »So ist es nicht! «
    »Natürlich ist es so. Das beweist es. Nein, wir

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