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Warte auf das letzte Jahr

Warte auf das letzte Jahr

Titel: Warte auf das letzte Jahr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
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junger Mann mit kurzgeschnittenen Haaren in einem schmutzigen, zerknitterten Arbeitskittel. »Um was geht’s, mein Bester?« fragte der Mann. Hinter ihm tauchte die Rieg-Empfangsdame mit klappernden Gelenken auf.
    »Entschuldigen Sie die Störung«, bat Eric. »Könnte ich Sie für einen Moment allein sprechen?«
    Der Mann zuckte die Achseln. »Sicher.« Er führte Eric aus dem Büro in einen Lagerraum, schloß die Tür und wandte sich dann gelassen zu ihm herum. »Diese Uhr ist dreihundert Dollar wert; sie weiß nicht, was sie damit anfangen soll – sie besitzt nur ein Gehirn vom Typ 600; Sie wissen ja, was mit dieser D-Klasse los ist.« Er setzte eine Zigarette in Brand und bot Eric ebenfalls eine an; es war eine Camel-Packung.
    »Ich bin ein Zeitreisender«, eröffnete Eric, als er nach den Zigaretten griff.
    »Klar sind Sie das.« Der Mann lachte. Er reichte Eric seine Streichhölzer.
    »Kennen Sie denn nicht die Wirkung von JJ-180? Es wurde doch hier hergestellt.«
    Der Mann dachte eine Weile nach. »Aber das ist Jahre her. Man hat wegen der suchterzeugenden und giftigen Wirkung die Produktion eingestellt. Seit dem Krieg haben wir nichts mehr damit zu tun.«
    »Sie haben den Krieg gewonnen?«
    »›Sie‹? Wer ist das?«
    »Die Riegs«, sagte Eric.
    »Die Riegs«, erwiderte der Mann, »gehören zu uns. ›Sie‹, das war der Lilistern. Falls Sie wirklich ein Zeitreisender sind, sollten Sie das besser wissen als ich.«
    »Der Friedensvertrag …«
    »Es gab keinen Friedensvertrags Hören Sie, Freundchen, ich habe auf der Universität das Fach Weltgeschichte belegt. Ich weiß alles über den letzten Krieg; schließlich war das mein Spezialgebiet. Gino Molinari – er war damals, kurz vor Ausbruch der Feinseligkeiten, UNO-Generalsekretär – unterschrieb mit den Riegs das ›Protokoll der Ära gegenseitigen Verständnisses‹, und danach begann der Konflikt zwischen den Riegs und den Sternmenschen, und wegen des Protokolls griffen wir auf der Seite der Riegs ein, und wir gewannen.« Er lächelte. »Und dieses Zeug, auf dem Sie draufhängen, wie Sie sagen – das war eine von der Hazeltine Corporation im Jahr 2055, während des Krieges, entwickelte Waffe gegen den Lilistern, die allerdings nicht funktionierte, da die Freneksy-Leute uns sogar in der Pharmakologie überlegen waren und rasch ein Gegenmittel herstellten – jenes Gegenmittel, das Sie kaufen wollen. Gott, sie mußten es auch verdammt schnell herstellen, denn wir haben mit diesem Zeug ihr Trinkwasser verseucht; das war eine Idee des Maulwurfs. – Maulwurf war Molinaris Spitzname.«
    »In Ordnung«, nickte Eric. »Lassen wir es damit gut sein. Ich möchte das Gegenmittel kaufen und dafür diese Uhr eintauschen. Ist das möglich?« Er hielt die braune Papiertüte noch immer in der Hand, griff hinein und holte die Pillendose hervor. »Besorgen Sie mir ein Glas Wasser, damit ich es nehmen kann, und dann lassen Sie mich bitte gehen; ich weiß nicht, wie lange es noch dauern wird, bis ich in meine eigene Zeit zurückkehre. Oder haben Sie irgendwelche Einwände?« Er hatte Schwierigkeiten, seine Stimme zu kontrollieren. Manchmal klang sie schrill und hoch. Und er zitterte, aber er wußte nicht, warum. Vielleicht aus Zorn oder aus Furcht – wahrscheinlich aber aus Verwirrung. Doch er wußte im Moment nicht einmal zu sagen, ob er wirklich verwirrt war.
    »Beruhigen Sie sich.« Die Zigarette zwischen die Lippen geklemmt, setzte sich der Mann in Bewegung, offenbar, um ihm das gewünschte Glas Wasser zu besorgen. »Würde es auch eine Coke tun?«
    »Ja«, sagte Eric.
    Der Mann kehrte mit einer halbvollen Flasche Coca-Cola zurück und sah zu, wie Eric eine Pille nach der anderen hinunter würgte.
    Im Türrahmen tauchte die Rieg-Empfangsdame auf.
    IST MIT IHM ALLES IN ORDNUNG?
    »Ja«, bestätigte der Mann, als Eric gerade die letzte Tablette hinunterspülte.
    WÜRDEN SIE SICH UM DIE UHR KÜMMERN?
    Der Mann nahm sie an sich. »Natürlich ist sie Eigentum der Gesellschaft; keine Frage.« Er näherte sich dem Ausgang des Lagerraums.
    »Gab es gegen Ende des Krieges einen UNO-Generalsekretär namens Donald Festenburg?« rief Eric ihm nach.
    »Nein«, erwiderte der Mann.
    ER MUSS NOCH DAS GELD ZURÜCKBEKOMMEN WAS IHM VON DEM GEGENWERT FÜR DIE UHR NACH ABZUG DER KOSTEN FÜR DAS MEDIKAMENT ÜBRIGBLEIBT
    Die Rieg hielt dem Mann die Translatorbox entgegen; er blieb stehen, runzelte die Stirn und zuckte dann die Achseln. »Einhundert bar auf die Hand«, sagte er zu Eric.

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