Warum bist du so kuehl, Geliebte
sehr glücklich, und ich habe ihn bisher noch nicht in die Flucht geschlagen. Wenn ich lange genug warte …“ Sie holte Luft. „Okay, ich geb’s zu, ich will gar nicht warten.“
„Er offensichtlich auch nicht.“
„Von ihm aus kann es jederzeit losgehen.“ Sally richtete die Aufmerksamkeit wieder auf den Computerbildschirm. „Als Rodeo-Medizinmann ist er beruflich viel unterwegs, aber unsere Ehe könnte vielleicht gerade deshalb funktionieren. Er würde mich nicht die ganze Zeit um sich zu haben brauchen, weißt du? Das kann nämlich ganz schön anstrengend sein.“ Sie lachte. „Meine Schwester kann ein Lied davon singen.“
„Wo steckt Speckbacke eigentlich?“ Schuldbewusst verzog Mary das Gesicht. Arme Ann.
Arme Ann? Sie war inzwischen gertenschlank, hatte ihr Studium erfolgreich abgeschlossen, arbeitete als Lehrerin, leitete nebenbei die Ranch mit und hatte einen tollen Mann gefunden.
Natürlich waren Männer nur das Sahnehäubchen auf dem Kuchen. Man konnte Desserts schließlich auch ohne Sahne verzehren, oder? Das Leben war auch ohne Männer schön. Es kam einzig und allein auf die richtige Einstellung an.
„Sie weist gerade die Hilfskräfte im Stall ein. Zach hat das Heu gebracht.“
„Du hast hier ganz schön viel um die Ohren, Sally. Vielleicht kann Hank dir ja etwas abnehmen.“
„Klar, er ist ein hervorragender Hufschmied und geht toll mit den Pferden um.“ Ihr Blick verdüsterte sich. „Aber wie lange wird es dauern, bis er unruhig wird und weiterziehen will?“
„Macht er denn einen unruhigen Eindruck auf dich?“
„Bisher nicht.“ Verträumt lächelnd stützte Sally das Kinn in die Hand. „Er ist ja öfter unterwegs, aber bisher ist er immer wieder zu mir zurückgekommen. Allerdings sind wir auch erst …“
„Ich habe den Eindruck, dass Hank ganz genau weiß, was er will.“
„Kommst du zur Hochzeit? Es wird keine große Feier, aber wir haben uns früher immer versprochen, bei unseren Hochzeiten Brautjungfern zu sein. Ich werfe dir auch den Strauß zu.“ Besorgt runzelte sie die Stirn. „Du musst doch nicht schon wieder in den Mittleren Osten, oder?“
„Ich hoffe nicht.“ Vor einem Monat hätte Mary noch geantwortet, dass sie überallhin gehen würde, wo die Armee sie hinschickte. Warum ging ihr das jetzt so schwer über die Lippen?
„Hast du die Armee satt?“
„Nein, das ist es nicht. Ich liebe meine Arbeit. Eigentlich ist es mir egal, wohin man mich schickt.“ Mary legte eine Hand auf Sallys Oberschenkel. „Aber wenn du heiratest, will ich auf jeden Fall dabei sein. Also mach endlich Nägel mit Köpfen. Ich bin nur noch drei Wochen hier.“
„Das hat Hank auch gesagt, als er hier seinen Aushilfsvertrag unterschrieben hat. ‚Du hast drei Wochen‘.“ Sally wackelte mit den Augenbrauen. „Und dann ging’s los mit uns beiden.“
Mary lächelte. Sie drehte sich wieder zum Computerbildschirm um. „Sieh doch mal, ist das nicht ein schönes Foto?“, fragte sie und zeigte darauf. „Tolle Farben.“
„Hm, wirklich ein nettes Plätzchen, um sich voll auf seine Sinne zu konzentrieren.“ Anzüglich grinsend, lehnte Sally sich in ihrem luxuriösen Computerstuhl zurück. „Ich habe übrigens immer noch nicht genug qualifizierte Teilnehmer. Vielleicht sollte ich die Werbetrommel besser rühren? Entweder das, oder die Pferdeleute sind heutzutage nicht mehr so chronisch pleite wie früher. Ich will richtig gute Leute dabeihaben. Nicht bloße Pferdeliebhaber, sondern Menschen, die wirklich etwas von Pferden verstehen, vor allem von diesen hier.“
„Da fällt mir gerade jemand ein, ein Indianer aus Wyoming. Er hat gesagt, dass er nach seiner Entlassung wieder mit Pferden arbeiten will. Ich habe seine Adresse.“
„Ruf ihn an“, befahl Sally.
„Ich habe nur eine Postfachanschrift.“
„Er ist ein Pferdemensch, und die Indianerwelt ist klein.“
Mary lachte. „Okay, mal sehen, was sich machen lässt.“
„Bitte doch Hoolie um Hilfe. Er findet fast alles im Internet.“ Sally wurde unvermittelt ernst. „Was würde Logan eigentlich davon halten, gegen seinen Sohn anzutreten?“
„Was? Sein Sohn hat sich auch beworben?“
Sally nahm eine Bewerbung aus ihrem Posteingangskorb. „Ethan Wolf Track“, las sie mit dramatischem Tonfall vor. „Sehr interessanter Lebenslauf übrigens.“ Sie zögerte einen Moment. „Ist dir eigentlich schon mal bewusst geworden, wie wenig Kontakt wir als Kinder mit den Menschen aus dem Reservat hatten? Außer bei
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