Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Warum Sex Spass macht

Warum Sex Spass macht

Titel: Warum Sex Spass macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jared Diamond
Vom Netzwerk:
Der wirkliche Penis sieht zwar bescheidener aus als der Penisköcher, aber nach den Maßstäben unserer affenähnlichen Vorfahren ist er immer noch unverschämt groß; bei den Schimpansen ist der Penis allerdings im Vergleich zu dem mutmaßlichen Zustand des gemeinsamen Vorfahren ebenfalls gewachsen, so daß er heute ähnlich groß ist wie der des Menschen. Die Evolution des Penis ist ganz offensichtlich ein Beispiel für die von Fisher postulierte Ausreißerselektion. Ausgehend von vier Zentimetern wie bei heutigen Gorillas oder Orang-Utans, nahm die Länge des menschlichen Penis durch einen Ausreißerprozeß immer weiter zu, und damit verschafft e er seinem Besitzer einen Vorteil als immer auffälligeres Signal der Manneskraft; begrenzt wurde die Länge schließlich durch einen entgegengesetzten Selektionsprozeß, weil es schließlich schwierig wurde, ihn der weiblichen Vagina anzupassen. Auch für Zahavis Behinderungsprinzip könnte der menschliche Penis ein Beispiel sein, denn er ist für seinen Besitzer aufwendig und beeinträchtigt ihn. Er ist zwar kleiner und vermutlich weniger aufwendig als der Schwanz eines Pfaus, aber immerhin ist er so groß, daß die gleiche Gewebemenge, zusätzlich in die Hirnrinde eingebaut, dem betreffenden Mann sicher einen großen Vorteil verschaffen würde. Den Aufwand für den großen Penis kann man also als den Nachteil einer verpaßten Gelegenheit ansehen: Da jeder Mann nur über eine begrenzte Biosyntheseenergie verfügt, geht die für einen Körperteil aufgewendete Energie der Bildung eines sonst vielleicht möglichen anderen verloren. Eigentlich prahlt der Mann ja: »Ich bin schon so schlau und überlegen, daß ich nicht noch ein paar Dutzend Gramm Protoplasma auf mein Gehirn verwenden muß; ich kann es mir statt dessen leisten, die Menge nutzlos in meinen Penis einzubauen.« Fraglich bleibt, auf welches Publikum die zur Schau gestellte Männlichkeit abzielt. Die meisten Männer bilden sich ein, daß diese vor allem die Frauen beeindruckt. Aber Frauen berichten meist, sie würden von anderen Eigenschaften des Mannes mehr erregt, und den Anblick des Penis finden sie, wenn überhaupt, eher unattraktiv. Wirklich fasziniert vom Penis und seinen Ausmaßen sind aber die Männer. In Umkleide- und Duschräumen schätzen sie gegenseitig ständig ab, wie der andere bestückt ist.
    Selbst wenn manche Frauen sich vom Anblick eines großen Penis beeindrucken lassen oder (was sehr wahrscheinlich ist) zufrieden sind, weil er während des Geschlechtsverkehrs Klitoris und Vagina stimuliert, muß unsere Diskussion sich nicht auf eine Entweder-Oder-Debatte reduzieren, die von der Annahme ausgeht, daß das Signal sich nur auf ein Geschlecht richtet. Bei der Untersuchung von Tieren stellen die Zoologen immer wieder fest, daß sexuelle Signale eine Doppelfunktion erfüllen: Sie locken potentielle Partner des anderen Geschlechts an und stellen die Dominanz gegenüber Rivalen des eigenen Geschlechts her. In dieser Hinsicht tragen wir Menschen wie in vielem anderen das Erbe mehrerer hundert Jahrmillionen der Wirbeltierevolution mit uns herum, und dieses Erbe ist tief in unserer Sexualität verwurzelt. Kunst, Sprache und Kultur haben über unser Erbe nur einen dünnen Firnis gelegt. Die Frage nach der möglichen Signalfunktion des menschlichen Penis und dem Ziel eines solchen Signals (falls es eines gibt) bleibt also unbeantwortet. Aber das Thema ist für dieses Buch ein geeigneter Abschluß, illustriert es doch sehr schön den Haupttenor: wie wichtig, wie faszinierend und wie schwierig es ist, die menschliche Sexualität unter dem Gesichtspunkt der Evolution zu betrachten. Die Funktion des Penis ist nicht nur eine physiologische Frage, die man mit biomechanischen Experimenten an hydraulischen Modellen klären kann, sondern auch eine Frage der Evolution. Sie stellt sich, weil die Größe des menschlichen Penis gegenüber dem mutmaßlichen Zustand bei unseren Vorfahren während der letzten sieben bis neun Millionen Jahre auf das Vierfache angewachsen ist. Eine solche Größenzunahme schreit nach einer historischen, funktionsorientierten Erklärung. Es ist das gleiche wie bei der ausschließlich weiblichen Milchproduktion, dem versteckten Eisprung, der Rolle der Männer in der Gesellschaft und den Wechseljahren: Wir müssen fragen, welche Selektionskräfte die Vergrößerung des menschlichen Penis vorangetrieben haben und seine Größe heute aufrechterhalten. Die Funktion des Penis ist auch deshalb ein

Weitere Kostenlose Bücher