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Was die Tiere im Park erlebten

Was die Tiere im Park erlebten

Titel: Was die Tiere im Park erlebten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Dann
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Licht des frühen Morgens schwangen sich die Lerchen aus dem Gras hoch in den Himmel und jubelten, so laut sie konnten. Das Land war in seiner Leere und Weite eine Herausforderung.
    Der Kühne stillte seinen Durst in einer Pfütze und ließ sich die Morgenbrise durch den Pelz wehen. Hier konnte man noch leben. Für ihn gab es keine beengenden Grenzen! Unermüdlich lief er weiter, und es dauerte einige Stunden, bevor er den ersten Menschen erblickte. Und auch dann war es nur ein einsamer Wanderer mit einem kleinen Hund — viel kleiner als der Kühne. Der kräftige junge Fuchs lachte bei dem Anblick und sauste laut bellend an den beiden Gestalten vorbei. Warum nur hatten seine Eltern diese herrliche Welt verlassen? Hier war er sein eigener Herr. Und er lief weiter, immer weiter, dem Horizont entgegen.
     

 
    In den nun folgenden Wochen wandten sich die Tiere anderen Dingen zu, denn der neue Friede und die Sicherheit im Park machten es ihnen möglich. Sie trafen sich nicht mehr so oft wie in alten Zeiten, und der Dachs, der nun ganz allein in seinem Bau saß, fing an, sein einsames Leben scheußlich zu finden. Er vermißte die Besuche des Maulwurfs und fragte sich, was sein kleiner Freund wohl mache. Der Maulwurf aber lebte in seinem dunklen unterirdischen Labyrinth ein ganz neues Leben. Immer noch sammelte und lagerte er seine geliebten Würmer, denn sein Appetit war noch genauso unersättlich wie früher, aber es war etwas eingetreten, das seine Welt aus Tunneln und Würmern auf den Kopf gestellt hatte. Während eines seiner öfters stattfindenden Freßgelage hatte er ein kratzendes Geräusch gehört — kleine Pfoten hatten sich genähert, nicht etwa von oben, sondern neben seinen Gängen. Das Geräusch kam näher. Plötzlich war da ein Loch in der Tunnelwand, und hindurch schob sich eine rosige Schnauze.
    Der Eindringling schob seinen ganzen Körper durch das Loch und sagte etwas atemlos: »Tut mir leid, daß ich dich störe. Es sieht so aus, als ob mein Tunnel irgendwie in deinen — hm — Tunnel mündet.«
    Es war eine junge Maulwurfdame, und das brachte den Maulwurf ganz durcheinander. »Sch-sch-schon in Ordnung«, stammelte er und erstickte fast an dem Wurm, der immer noch aus seiner Schnauze hing. »Ich esse gerade. D-d-darf ich dich zu einem Wurm einladen?«
    »Aber gern«, sagte die Maulwurfdame und folgte ihm zu seinem Vorratslager. »Ahhh«, seufzte sie bei dem Anblick, der sich ihr bot. »Kompliment, Kompliment, so dicke habe ich noch nie gesehen.«
    Der Maulwurf war hingerissen, bemühte sich aber, sein Entzücken zu verbergen. »Ich bin allgemein als Feinschmecker bekannt«, sagte er lässig, und schon speisten sie zusammen. »Dich habe ich noch nie gesehen«, sagte der Maulwurf. »Nein«, erwiderte die Besucherin. »Das ist auch reiner Zufall. Ich wurde im vergangen Sommer hier in der Nähe geboren. Aber meine Eltern fanden schon bald danach den Tod. Ich habe mich nie weit aus meinem Heimatgebiet entfernt.«
    »Ja, ja«, sagte der Maulwurf. »Wie merkwürdig. Hm — möchtest du noch einen Wurm?«
    »Ja, sie sind wirklich köstlich.« Und sie leckte sich die Lippen. »Wie heißt du denn?« fragte sie plötzlich.
    »Meine Freunde nennen mich einfach Maulwurf«, antwortete er. »Weil ich der einzige Maulwurf unter uns bin.« Und er kicherte.
    »Der einzige Maulwurf?« fragte sie erstaunt. »Wer sind denn dann deine Freunde?«
    »Ach — Füchse, Dachse, Käuze und so weiter«, sagte er stolz.
    »Quatsch, du machst dich über mich lustig«, protestierte sie. »überhaupt nicht. Wir besuchen jetzt zusammen den Dachs, wenn du mir nicht glaubst. Er ist mein engster Freund.«
    »Das ist ja toll!« Sie konnte ihr Erstaunen nicht verbergen. »Versuchen die denn nicht, dich zu fressen?«
    »überhaupt nicht«, sagte er. »Meine Freunde, das sind ganz besondere Tiere.«
    »Ich verstehe«, sagte sie. »Willst du mir nicht mehr von ihnen erzählen?« Sie brannte vor Neugier.
    »Natürlich, wenn du möchtest«, sagte er. »Aber du hast mir noch gar nicht gesagt, wie du heißt?«
    »Du kannst mich die Einsame nennen«, sagte sie schalkhaft. Dem Maulwurf wurde bange, als sie bei diesen Worten näherrutschte. »Also gut«, sagte er nervös. »Also — nun — meine Freunde, was die betrifft...«
    Und dann erzählte er ihr alles, über den Beginn weit weg im Farthing-Wald, über die Zerstörung des Waldes durch die Menschen und wie sie sich zusammengeschlossen hatten, um sich auf ihrer langen Wanderung in die

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