Was die Tiere im Park erlebten
forschenden Blick zu. »Was willst du damit sagen«, stammelte sie.
»Wir müssen diese Schlange töten«, erklärte er. »Wir können doch nicht zulassen, daß sie uns einen nach dem anderen umbringt.«
»Aber der erste Tod war doch ein Unfall«, protestierte sie. Stromer blickte sie befremdet an. »Woher willst du das wissen?« fragte er.
»Die Kreuzotter hat den falschen Fuchs gebissen. Es sollte doch...« Sie unterbrach sich, als sie merkte, daß sie sich verraten hatte.
»...mein Vater sein!« ergänzte Stromer. »Jetzt begreife ich alles. So war das also geplant. Du kennst diese Schlange?«
»Natürlich!« war die traurige Antwort. »Sie ist zusammen mit meinem Vater aus dem Farthing-Wald gekommen.«
»Und nun hat sie schon zwei aus meiner Familie getötet«, sagte Stromer kalt.
»Und dein Vater einen aus meiner Familie«, erinnerte sie ihn. »Und mehrere von meinen Freunden.«
»Mehrere?« wollte er wissen.
Und die Schöne berichtete über die Ermordung der Feldmäuse, der Wühlmäuse und der Kaninchen.
Erst sagte Stromer gar nichts, dann ganz ruhig: »Das habe ich nicht gewußt. Beide Seiten haben Fehler gemacht.«
»Du darfst auf die Kreuzotter nicht böse sein«, sagte die Schöne. »Sie hat wirklich Glück gehabt, daß dein Vater sie nicht vorher getötet hat. Aber er hat sie für immer gezeichnet.«
»Komisch, daß du dich gerade mit einer Kreuzotter angefreundet hast«, bemerkte Stromer.
»Dafür gibt es gute Gründe«, entgegnete die Schöne. »Meine Eltern schulden ihr viel. Sie hat einmal das Leben meiner Mutter gerettet.«
Stromer nickte. »Dann verstehe ich deine Gefühle«, sagte er. »Und ich weiß außerdem, daß dein Vater meinen hätte töten können, wenn er gewollt hätte.«
Lange blickten die beiden jungen Füchse einander an. Ihre Beziehung hatte einen kritischen Punkt erreicht. Dann weinte die Schöne plötzlich auf. »Wenn doch nur nicht all diese entsetzlichen Dinge geschehen wären«, schluchzte sie. »Ich glaube, das ist zu viel, damit werden wir nicht fertig.«
Stromer wollte sie trösten, leckte sie zärtlich und sagte tapfer: »Alle Wunden heilen einmal, und irgendwann werden wir alle vergessen. Wir sollten an unsere Zukunft denken.«
Voll Hoffnung blickte die Schöne ihn an. »Kannst du uns verzeihen?« flüsterte sie.
»Natürlich«, antwortete er. Dann fiel ihm wieder die Schlangenjagd ein, die er für den nächsten Tag angesetzt hatte. »Wo ist die Kreuzotter jetzt?« fragte er.
Die Schöne zögerte. »Genau kann ich das nicht sagen«, sagte sie abweisend.
Durchdringend blickte Stromer sie an. »Du brauchst dir keine Sorgen zu machen«, versicherte er ihr. »Ich versuche schon nicht, sie zu finden. Ich werde den anderen sagen, daß ich sie ganz allein erledigt habe. Die können doch eine Schlange nicht von der anderen unterscheiden.«
Erleichtert atmete sie auf und versuchte ein Lächeln. »Sie ist irgendwo bei der Kröte«, vertraute sie ihm dann an. »Wir wollen sie vergessen«, sagte Stromer. »Und alle anderen auch. Laß uns lieber Pläne für unsere Zukunft machen.«
»Ja«, sagte die Schöne. »Wir sind alt genug, daß wir unsere Entscheidungen selbst treffen können. Der Kühne und der Friedfertige sind schon von zu Hause fort. Als sie hörten — na, du weißt schon...«
Stromer nickte. »Sehen sie sich jetzt nach Gefährtinnen um?« fragte er lächelnd.
»Ich denke schon«, war die Antwort. »Auf alle Fälle der Friedfertige. Der Kühne... nun, was den betrifft, kann ich nichts sagen.«
»Möchtest du, daß wir im Park bleiben?« fragte er sie dann. »Ich möchte schon«, sagte die Schöne. »Die Welt draußen kenne ich nicht.«
»Nein, ich auch nicht.«
»Was mein Vater so erzählt, muß es dort gefährlich sein«, fuhr sie fort. »Dort muß man wirklich sehr gerissen sein, überleben ist alles.«
»Ich glaube, das einzig Positive dort ist, daß es keine Grenzen für einen gibt.«
»Aber die Menschen«, sagte die Schöne.
»Genau. Das hier ist unsere Heimat. Und wo du bist, da will auch ich sein«, setzte er hinzu.
»Sehr schmeichelhaft für mich«, sagte sie und lächelte. Stromer erwiderte das Lächeln. »Daran bist du schuld«, sagte er. »Und wo, meinst du, sollen wir unser Heim bauen?«
Die Kreuzotter hatte nicht mit der überwältigenden Wirkung ihrer Nachricht gerechnet. Sie war so schrecklich erschöpft vom langen Verweilen im Wasser und ihrem weiten Weg durch den Park, daß sie unter den überschwenglichen Gratulationen
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