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Was geschah mit Angelika H.

Was geschah mit Angelika H.

Titel: Was geschah mit Angelika H. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Ziegler
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gemacht haben? Er wollte auch nicht zahlen, und am nächsten Tag, zur Mittagszeit, als seine Stammgäste zum Essen kamen, saß an jedem Tisch bereits einer dieser sizilianischen Hurensöhne und nuckelte an einer Flasche Mineralwasser. Das war der ganze Umsatz pro Tisch in drei Stunden – eine Flasche Mineralwasser. Die Stammgäste gingen natürlich wieder. Am Abend das gleiche Bild. Alle Tische von je einem dieser Bastarde besetzt, jeder nur eine Flasche Mineralwasser vor sich, stundenlang die Plätze blockierend. So ging das eine Woche lang. Weißt du, was Luigi in dieser Woche verdient hat?«
    Markesch schüttelte den Kopf. »Nein, aber ich schätze, es lag noch unter dem Sozialhilfeniveau.«
    »Darauf kannst du Gift nehmen«, bestätigte Archimedes grimmig und stürzte Markeschs Whisky hinunter. »Und das Teuflische an dieser Methode ist – man kann nichts dagegen tun. Schließlich ist es in diesem Land nicht verboten, in einem Lokal nur eine Flasche Mineralwasser zu verzehren. Über kurz oder lang bleiben die Stammgäste fort und man ist ruiniert. Oder man zahlt, und dann ist man über kurz oder lang auch ruiniert. Es bleibt nicht bei der Schutzgebühr. Irgendwann kommen sie auf dich zu und sagen dir, du sollst deine Speisekarte irgendwo in Sizilien drucken lassen. Du zahlst mehr als bei jeder Druckerei in Köln und bekommst dafür einen Haufen Druckfehler. Dann mußt du deine Getränke, dein Fleisch, deine Pasta, einfach alles, bei irgendeinem Großhändler einkaufen, der ebenfalls zur Organisation gehört. Alles zu überhöhten Preisen natürlich, und die Qualität – nun, schweigen wir über die Qualität. Und so geht es weiter und weiter. Sie pressen dich aus. Sie lassen dir gerade soviel, daß es sich eben noch für dich lohnt, und der Großteil des Verdienstes wandert in ihre Taschen.«
    Markesch goß das Glas voll. »Klingt deprimierend.«
    »Ston diabolo, es ist deprimierend!«
    »Aber«, sagte Markesch und hob das Glas, »unsere Freunde von der Schutzgeldmafia haben eins übersehen – das hier ist nicht nur ein Café, es ist außerdem das Büro der Privatdetektei Markesch, und ich zahle kein Schutzgeld. Es verstößt nicht nur gegen meine Prinzipien – ich kann es mir auch nicht leisten.«
    »Großartig«, brummte der Grieche. »Ich fürchte nur, das wird diese Hurensöhne nicht überzeugen.« Die Studentinnen am Ecktisch riefen nach ihm, und er stand auf, um die Bestellungen entgegenzunehmen. »Trotzdem, wenn du es schaffst, mein schwerverdientes Geld vor der Schutzgeldmafia zu retten, streiche ich dir alle Schulden. Was hältst du davon?«
    »Streich mir alle Schulden und versorge mich ein Jahr lang kostenlos mit Scotch, und die Schutzgeldmafia wird sich an deinem Café alle Zähne ausbeißen.«
    »Malaka! Allmählich frage ich mich, wer hier die Schutzgeldmafia ist!« Archimedes zupfte finster an seinem Bart. »Ein halbes Jahr lang kostenlos Scotch, aber nicht mehr als zwei Flaschen pro Woche – schließlich muß ich an deine Gesundheit denken. Einverstanden?«
    »Einverstanden«, grinste Markesch und prostete dem Griechen zu. »Yamas!«
    Archimedes wandte sich ab, um die hübschen Studentinnen zu bedienen, und Markesch sah hinaus in den verdämmernden Tag. Laurel und Hardy waren verschwunden und zweifellos bereits auf dem Weg zu ihrem sizilianischen Paten, der über ihre Geschichte gar nicht erfreut sein dürfte. Immerhin hatte er ihnen einen neuen Fall zu verdanken, auch wenn das Honorar in Scotch ausgezahlt wurde.
    Nun, dachte er, ein Mann in meiner Lage kann nicht wählerisch sein.
    »Markesch?« sagte in diesem Moment eine Stimme, die so rostig klang wie ein alter Nagel, der jahrelang im Wasser gelegen hatte. »Sind Sie dieser Markesch? Der Privatdetektiv?«
    Er blickte auf, und sofort wünschte er, es nicht getan zu haben. Wenn die beiden Schutzgelderpresser dem schlechten Remake eines Laurel-&-Hardy-Films entstiegen waren, so stammte der Mann mit der rostigen Stimme aus einem anderen Streifen, Romeros Nacht der lebenden Toten, einem dieser wundervollen Zombie-Filme, die Markesch so sehr schätzte, weil er sich nach jedem Kinobesuch sagen konnte, daß es ihm eigentlich doch noch vergleichsweise gut ging. Dünn wie ein Besen, daß der dunkle Anzug aus teurem englischen Tuch schlaff wie eine Fahne bei Windstille an ihm hing, das Gesicht so ausgezehrt und faltig, als wäre alles Fleisch zwischen Haut und Schädelknochen schon vor Jahren weggefastet worden, schief auf einen silberbeschlagenen

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