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Was geschah mit Angelika H.

Was geschah mit Angelika H.

Titel: Was geschah mit Angelika H. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Ziegler
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man sie einer Gehirnwäsche unterzogen. Wahrscheinlich ist sie völlig willenlos. Wenn sie sich weigert, nach Hause zu kommen, müssen Sie sie eben zwingen. In ihrem eigenen Interesse. Habe ich mich deutlich genug ausgedrückt?«
    Markesch zuckte die Schultern. »Wenn es so ist, wie Sie sagen, hole ich Ihre Enkelin da heraus.«
    »Es ist so«, nickte der Alte. »Verlassen Sie sich darauf.« Mühsam stand er auf. »In Ordnung. Und beeilen Sie sich. Ich bin ein kranker Mann. Mit etwas Glück bleiben mir noch zwei oder drei Monate zum Leben. Und bevor ich sterbe, möchte ich meine Enkelin wiedersehen. Guten Tag.«
    Er wandte sich ab und schlurfte gebückt, schwer auf seinen silberbeschlagenen Spazierstock gestützt, zur Tür. Er wurde bereits erwartet – eine kräftige, untersetzte Frau mit streng nach hinten gekämmten Haaren, die wie die Stammutter aller Krankenschwestern aussah, nahm ihn in Empfang und führte ihn zu einem schweren Mercedes, der so schwarz war, als hätte sich Hilling schon zu Lebzeiten in die Hände eines Bestattungsunternehmers begeben.
    Markesch schauderte.
    Unwillkürlich dachte er an Sophie, die blutjunge Tageskellnerin des Cafés, die fest davon überzeugt war, daß jeder über Dreißig von Rechts wegen auf den Südfriedhof gehörte, in ein Grab mit der Inschrift: Endlich allein!
    Sophie hätte an Hilling ihre helle Freude gehabt.
    Bestimmt.
    Er warf einen Blick auf seine Uhr. Kurz nach sechs. Der Abend hatte gerade erst begonnen. Ihm blieb noch genügend Zeit für ein paar gepflegte Scotch, bis die von den Sanyiten betriebene Diskothek am Ring öffnete und er sich die sechstausend Mark Vorschuß mit ehrlicher Arbeit verdienen konnte.
    Er hoffte nur, daß sich Angelika Hilling noch immer in Köln aufhielt und nicht nach Indien ausgeflogen worden war, ins spirituelle Zentrum dieser neuen religiösen Bewegung, um dort auf dem Grab ihres jüngst verstorbenen Gurus zu tanzen und um ein bis zwei Pfund Erleuchtung zu beten. Er konnte ihr nicht nach Indien folgen; er wurde hier gebraucht.
    Denn er hatte nicht das Gefühl, daß die Drohung mit dem Knabenchor Laurel und Hardy auf die Dauer abschrecken würde. Eher im Gegenteil. Typen wie diese beiden selbsternannten Schutzengel gaben erst Ruhe, wenn sie bei den anderen Englein waren, oben auf Wolke Nummer zwölf.
    Vorausgesetzt, sie kamen überhaupt in den Himmel.
    Daran nämlich hatte Markesch echte Zweifel.

 
2
     
    Die Diskothek Krishna lag am Hohenzollernring, dem innersten der vier großen Straßenringe, die in weiten Halbkreisen den alten Kern von Köln umschlossen. Die Stadtplaner hatten viele Millionen harte Deutschmark ausgegeben, um den Ring auszubauen, begrünte Ruhezonen anzulegen und die Straßenbahn in den Untergrund zu verbannen, aber die Bauarbeiten dauerten schon Jahre an und inzwischen glaubte niemand mehr in Köln, daß sie jemals enden würden.
    Die Folge war, daß eine Fahrt über den Ring fatale Ähnlichkeit mit einer Geisterbahnfahrt hatte, vor allem am Wochenende, wenn die vergnügungssüchtigen Horden aus dem Umland in die rheinische Metropole einfielen und die Discos, Kneipen und Restaurants besetzten, die sich auf beiden Straßenseiten aneinanderdrängten, als gälte es, der Düsseldorfer Altstadt den Ruf als längste Theke der Welt streitig zu machen.
    Markesch hatte gegen acht das Café Regenbogen verlassen, seinen rostigen Ford bestiegen und war über die Luxemburger Straße zum Barbarossaplatz gefahren, wo er seine düstersten Ahnungen bestätigt fand. Der Platz war verstopft wie das Herz eines Thrombosepatienten vor der lebensrettenden Operation, die Autos standen Stoßstange an Stoßstange, Schnecken aus Blech, vom kollektiven Wahn gepackt, einen neuen Langsamkeitsrekord aufzustellen, und die Abgase waberten als bläuliche Nebeldecke über der Straße, ein einziges großes Rauchsignal, das SOS der Automobilgesellschaft.
    Eingeklemmt zwischen einem Mercedes 280 SL und einem BMW der Oberklasse, die zusammen mehr wert waren, als Markesch je verdienen konnte, brauchte er eine halbe Stunde bis zum Hahnentor. Allein die Tatsache, daß das Parken auf offener Straße den gerechten Zorn der überall aktiven Polizeistreifen erregen würde, hielt ihn davon ab, den Ford stehen zu lassen und zu Fuß zum Krishna zu gehen. Notgedrungen vertrieb er sich die Zeit mit der kritischen Beobachtung der Insassen des Mercedes – braungebrannte Aufsteigertypen mit Designerbrillen und Brillantknöpfen im Ohr samt ihren blondierten, bis zur

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