Was ich dir schon immer sagen wollte
Gesichtsausdruck, den sie Char gerne beschrieben hätte. Zweifellos hatte Char ihn schon gesehen. Aber wusste sie, wie freigebig er jetzt ausgeteilt wurde?
Char und Arthur hatten für diesen Sommer eine Reise geplant, um den Yellowstone Park und den Grand Canyon zu sehen, aber sie fuhren dann doch nicht. Arthur bekam gleich nach dem letzten Schultag eine Reihe von Schwindelanfällen, und der Arzt schickte ihn ins Bett. Mehreres fehlte ihm. Er litt an Blutarmut, sein Herz schlug unregelmäßig, seine Nieren waren nicht in Ordnung. Et hatte Angst, es könnte Leukämie sein. Sie wurde nachts vor Sorgen wach.
»Sei nicht albern«, sagte Char gelassen. »Er ist überarbeitet.«
Arthur stand abends auf und saß im Morgenmantel da. Blaikie Noble kam zu Besuch. Er sagte, sein Zimmer im Hotel sei ein Loch über der Küche, der reinste Dampfkochtopf. Umso angenehmer sei die Kühle auf der Veranda. Sie spielten die Spiele, die Arthur liebte, Lehrerspiele. Ein Geographiespiel und dann eines, bei dem es darauf ankam, wer die meisten Wörter aus dem Namen Beethoven bilden konnte. Arthur gewann. Er schaffte vierunddreißig. Er freute sich wie ein Schneekönig.
»Man könnte meinen, du hast den Heiligen Gral gefunden«, sagte Char.
Sie spielten »Wer bin ich?«. Jeder musste sich aussuchen, wer er sein wollte – wirklich oder erfunden, lebend oder tot, Mensch oder Tier –, und die anderen mussten es mit zwanzig Fragen erraten. Et erriet, wer Arthur war, mit der dreizehnten Frage. Sir Galahad.
»Ich hätte nie gedacht, dass du es so bald herauskriegst.«
»Ich habe mich daran erinnert, was Char vom Heiligen Gral gesagt hat.«
»Kraft von zehn ward mir gegeben«, sagte Blaikie Noble, » Weil ich reinen Herzens bin. Wusste gar nicht, dass ich das noch kann.«
»Du hättest König Arthur sein müssen«, sagte Et. »König Arthur ist dein Namensvetter.«
»Hätte ich, ja. König Arthur war mit der schönsten Frau der Welt verheiratet.«
»Ha«, sagte Et. »Wir wissen ja alle, wie die Geschichte ausging.«
Char ging ins Wohnzimmer und spielte im Dunkeln Klavier.
Die Blumen, die im Frühling blühn, trala,
Sie haben nichts damit zu tun …
Als Et im Juni dieses Jahres außer Atem ankam und fragte: »Rate mal, wen ich in der Stadt auf der Straße gesehen habe?«, antwortete Char, die auf Knien Erdbeeren pflückte: »Blaikie Noble.«
»Du hast ihn auch gesehen.«
»Nein«, sagte Char. »Ich hab’s einfach gewusst. Ich glaube, durch deine Stimme.«
Ein Name, der zwischen ihnen dreißig Jahre lang nicht mehr gefallen war. Et war in dem Augenblick zu verblüfft, um an die Erklärung zu denken, die ihr später einfiel. Warum musste es für Char eine Überraschung sein? Schließlich gab es in diesem Land Postzustellung, und das schon seit Langem.
»Ich hab ihn nach seiner Frau gefragt«, sagte sie. »Die mit den Puppen.« (Als ob Char das nicht wüsste.) »Er sagt, sie ist vor langer Zeit gestorben. Nicht nur das. Er hat eine andere geheiratet, und die ist auch tot. Keine von beiden kann reich gewesen sein. Und wo ist das ganze Geld der Nobles geblieben, von dem Hotel?«
»Wir werden es nie erfahren«, sagte Char und aß eine Erdbeere.
Das Hotel war erst vor Kurzem wieder eröffnet worden. Die Nobles hatten es in den zwanziger Jahren aufgegeben, und die Stadt hatte eine Weile lang darin ein Krankenhaus betrieben. Jetzt hatten Leute aus Toronto es gekauft, den Speisesaal renoviert, eine Cocktailbar eingebaut, die Blumenbeete und den Rasen auf Vordermann gebracht, auch wenn der Tennisplatz offenbar nicht zu retten war. Eine Krocketbahn wurde wieder eingerichtet. Gäste kamen im Sommer, aber sie waren nicht wie die Gäste von früher. Rentnerehepaare. Viele Witwen und alleinstehende Damen. Niemand wäre vors Haus gegangen, um sie vom Schiff kommen zu sehen, dachte Et. Nicht, dass noch ein Schiff anlegte.
Als sie neulich Blaikie Noble zum ersten Mal auf der Straße begegnet war, hatte sie ihr Bestes getan, sich ihre Verblüffung nicht anmerken zu lassen. Er trug einen cremefarbenen Anzug, und seine Haare, schon immer von der Sonne ausgeblichen, waren jetzt endgültig weiß.
»Blaikie. Ich wusste, entweder bist du es, oder es ist eine Tüte Vanilleeis. Ich wette, du weißt nicht, wer ich bin.«
»Du bist Et Desmond, und das Einzige, was sich an dir verändert hat, du hast deine Zöpfe abgeschnitten.« Er küsste sie auf die Stirn, frech wie immer.
»Du bist also wieder da und besuchst deine alten Tummelplätze«, sagte
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