Was ist koscher - Jüdischer Glaube
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lautet die Devise, die Kunst des Weglassens habe ich hier mit Absicht verfolgt. Kenner des jüdischen Glaubens werden einiges vermissen, so etwa eine Darstellung oder Beschreibung vieler »kleinerer« Feier- und FesĴ age, wie z. B. Tischa be‘Aw, der Trauertag anlässlich der Zerstörung des Tempels, oder Jom Haatzmaut, der israelische Unabhängigkeitstag.
Doch der EintriĴ in eine neue Welt muss behutsam geschehen. Die Fülle der Information, die man beim Einstieg in ein neues Thema erhält, ist grundsätzlich überwältigend, da ist es besser, mit einer Auswahl Appetit auf mehr zu machen, als mit einem Überangebot den Leser restlos zu verwirren.
Daher versteht sich dieses Buch auch als ein Einstieg in die jü-
dische Welt und nicht etwa als lexikalisches Handbuch oder als ultimatives Kompendium zum Judentum. Nein, »Was ist koscher« ist als Brücke zu all jener Literatur gedacht, die weiterführt. Es gibt eine Fülle guter Titel zu den verschiedensten Aspekten des Judentums. Und wenn mein Buch dem Leser den Weg dahin öff net, so habe ich mehr erreicht, als ich zu hoff en wagte.
Nach wie vor gibt es zahlreiche Klischees über Juden, die in den Köpfen der Menschen herumspuken. Selbst der aufgeklärteste und liberalste Geist wird nicht immer frei sein von solchen »images«. Nach mehr als 2000 Jahren antij üdischer Tradition darf das nicht verwundern. Ob der bleiche KaĞ anjude oder der mit Kippa und Maschinengewehr bewaff nete Israeli, in den seltensten Fällen kommen solche Vorstellungen 8
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der Wirklichkeit nahe, die wie stets aus vielen verschiedenen Grautönen besteht und nicht nur aus Schwarz und Weiß.
Nicht jeder Jude spricht Jiddisch, nicht jeder Jude isst Gefi l-te Fisch, nicht jeder Jude ist reich und nicht jeder Jude hört Tag und Nacht Klezmer-Musik, nicht einmal das! Klezmer, diese osteuropäische, swingende Unterhaltungsmusik des 19. und frühen 20. Jahrhunderts, Klezmer, diese Tanzmusik mit jüdischen und slawischen Elementen, die vor allem von wandernden Musikanten, genannt Klezmorim, zu Hochzeiten gespielt wurde, diese Musik hat sich in den vergangenen zehn, fünfzehn Jahren einen eigenartigen Platz im Herzen vieler nichtjüdischer Deutscher erobert. Sie lieben sie, halten sie für »typisch« jüdisch, und mehr als 120 Klezmer-Bands in Deutschland (von denen die meisten mit Nichtjuden besetzt sind) dokumentieren eindrucksvoll, wie »in« jüdische Kultur ist.
Doch dabei wird gerne übersehen, dass Klezmer lediglich der musikalische Ausdruck einer bestimmten Gruppe von Juden in einer bestimmten Region zu einer bestimmten Zeit ist.
Nicht mehr, nicht weniger. Auf alle Fälle ist sie gewiss nicht die Musik, die das Lebensgefühl der heute in Deutschland lebenden Juden ausdrückt, wie ein Witz aus jüngerer Zeit beweist: Treff en sich zwei jüdische Jugendliche am Samstagabend in Berlin. Fragt der eine: »Was machen wir heute Abend?« Sagt der andere: »Ich weiß von einer duĞ en Party mit vielen Mädchen!« »Was spielen die dort für eine Musik?«
»Klezmer.« »Das heißt, es sind nur Nichtjuden dort! Lass uns lieber woanders hingehen!«
Dieses Buch will also auch »gut gemeinten« Klischees ein wenig entgegentreten, zeigen, dass Juden anders, aber nicht 9
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fremd sind, dass Juden eine Schicksals- und GlaubensgemeinschaĞ , aber keine uniforme Einheit bilden, sondern eine pluralistische, individualistische Gruppe.
Das einzige »Vorurteil«, das ich gerne gegenüber uns Juden gelten lassen möchte, ist der schon sprichwörtliche jü-
dische Humor! Gewiss, nicht alle Juden haben ihn. Doch der jüdische Humor war und ist die schönste Waff e einer Minderheit, denn Humor tötet nicht. Der jüdische Witz war zu allen Zeiten ein herrliches Ventil dafür, mit einer verzweifelten Situation klar zu kommen, aus der es kein Entrinnen gibt. Und nicht selten nehmen wir uns dabei selbst auf die Schippe. Ein Schuss Selbstironie hilĞ , zu sich und seiner Lebenslage ein wenig auf Distanz zu gehen. Die Thora und, ich bin ganz sicher, der uns eigene Humor, haben das jüdische Volk seine lange Leidensgeschichte überleben lassen.
Ich hoff e, dass der Leser etwas von diesem Humor in diesem Buch wiederfi ndet, nicht nur in Form von Witzen, die in die durchaus seriösen Inhalte eingestreut sind, sondern auch durch eine Erzählweise, die meinem Naturell entspricht.
Selbst furchtbar ernste
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