Was kommt nach dem Tod?
könnten. Achtzig Jahre galt den meisten (58 %) als das rechte Maß; 120 Jahre wollten noch 29 % erreichen, wenn sie nur wüssten, wie fit sie dann noch wären; 150 Jahre alt wollten immerhin noch 10 % werden, optimistisch auf Fortschritte der Biotechnik hoffend; aber endlos-ewig leben, das wollten nur die wenigsten (3 %). 1 Meint „ewiges Leben“ endlos-eintöniges „Leben auf immer“ oder nicht etwas ganz anderes?
Manche möchten, je älter sie werden, gar nicht mehr, dass nach dem Tod noch etwas kommt. Ein Leben nach dem Tod ist für sie kein tröstlicher Gedanke. Aus unterschiedlichen Gründen: weil es genug ist; weil sie mit manchem aus ihrer Vergangenheit nicht mehr konfrontiert werden möchten; weil es so unabsehbar und unkontrollierbar ist, was danach kommen könnte.
Viele Menschen, auch viele Christen, sind voller Zweifel und Fragen. Ein Lied des holländischen Studentenpfarrers und Dichters Huub Oosterhuis 2 spricht solche Fragen ehrlich aus:
Ich steh vor dir mit leeren Händen, Herr;
fremd wie dein Name sind mir deine Wege.
Seit Menschen leben, rufen sie nach Gott;
mein Los ist Tod, hast du nicht andern Segen?
Bist du der Gott, der Zukunft mir verheißt?
Ich möchte glauben, komm mir doch entgegen!
Von Zweifeln ist mein Leben übermannt,
mein Unvermögen hält mich ganz gefangen.
Hast du mit Namen mich in deine Hand,
in dein Erbarmen fest mich eingeschrieben?
Nimmst du mich auf in dein gelobtes Land?
Werd’ ich dich noch mit neuen Augen sehen?
Fragen über Fragen, denen wir – unabhängig davon, welche Weltsicht wir haben – letztlich nicht ausweichen können.
Um die angedeuteten Fragen und etliche andere dazu soll es in diesem Buch gehen. Ich bin nicht der Meinung, dass ich auf sie alle die schnelle und zutreffende Antwort parat habe. Wir alle wissen ja schließlich nicht, was nach dem Tod kommt. Keiner weiß es. Wir haben Hoffnungen, vielleicht auch Befürchtungen. Es ist zu prüfen, ob und wie sie begründet sind.
Es gilt noch immer, was Platon (428 – 348 v. Chr.) in seinem tiefsinnigen Dialog Phaidon den Gesprächspartner des Sokrates, Simmias, sagen lässt: Auch wenn ein sicheres Wissen über solche letzten Dinge in diesem Leben entweder unmöglich oder ungemein schwierig ist, so setzt doch nur ein dürftiger und bequemer Mensch nicht alles daran, in dieser Frage die größtmögliche Klarheit zu gewinnen, um „auf der besten und am schwersten zu widerlegenden Meinung wie auf einem Floß die Fahrt durchs Leben zu wagen, solange sich nicht die Möglichkeit bietet, mit größerer Sicherheit und gefahrloser auf einem festeren Gefährt, auf einem göttlichen Wort, das Leben zu durchreisen“ 3 .
So möchte ich die entscheidenden existenziellen Fragen in den Blick rücken, möchte jedoch nicht alle möglichen Vorstellungen über ein Jenseits Revue passieren lassen, sondern mich lieber auf grundlegende, dazu vorliegende Ansichten konzentrieren, sie auf ihre Begründungen hin befragen und die denkerischen Möglichkeiten daraufhin prüfen, ob sie einerseits in sich widerspruchsfrei und andererseits mit unseren heutigen wissenschaftlichen Einsichten vereinbar sind.
Im ersten Teil werde ich von Grunderfahrungen, die alle Menschen machen können, ausgehen und darüber nachdenken, ob – noch ganz unabhängig von aller Religion und ihren Verheißungen – vernünftig überhaupt etwas dafür spricht, dass der Tod nicht das Ende der Person ist, dass es vielmehr ein Leben der Verstorbenen geben könnte. Und es soll gefragt werden, inwiefern es vernünftig ist, eine unsere beschränkten Sinne übersteigende (transzendente) Dimension anzunehmen, eine tiefere Dimension der Wirklichkeit.
Im zweiten Teil wende ich mich Extremerfahrungen zu, die nicht alle Menschen machen, die uns aber, falls sie verifizierbar sind, zu denken geben: Nahtoderfahrungen und Out-of-body-Erfahrungen. Bieten sie, wie manche euphorisch meinen, einen Blick über den Tod hinaus? Oder geben sie uns etwas zu verstehen über ein vom Körper ablösbares, von ihm unabhängiges Bewusstsein und Personsein, das über den Tod hinaus Bestand haben könnte? Sind sie möglicherweise Randberührungen mit einer anderen Form von Leben und Fingerzeige auf ein solches?
Erst auf diesem Hintergrund sollen dann in den folgenden Teilen unterschiedliche Hoffnungsentwürfe, darunter besonders die Reinkarnations- oder Wiedergeburtslehre sowie der jüdische und christliche Hoffnungsentwurf, auf ihre wesentlichen Inhalte und ihre
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