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Was mich fertig macht, ist nicht das Leben, sondern die Tage dazwischen (German Edition)

Was mich fertig macht, ist nicht das Leben, sondern die Tage dazwischen (German Edition)

Titel: Was mich fertig macht, ist nicht das Leben, sondern die Tage dazwischen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michel Birbæk
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dann schüttelt sie den Kopf. Ich schweige viel sagend und widme mich meinen Marmeladenbrötchen.
    Irgendwann brechen wir auf. Warum? Keine Ahnung. Wohin? Fragt Max. Okay, okay, ich frage Max.
    »Lassunsandensefarn«, sagt er.
    »Tolle Idee.«
    Wir landen an einem See und richten uns unter einem Baum einen Beobachtungsposten ein. Die relaxte Atmosphäre ist ansteckend. Treiben lassen.
    Ich schaue den Pärchen mit Anhang zu, wie sie Lover, Mutter, Kind spielen, während neben ihnen der verdiente Familienvater versucht, sich möglichst unauffällig einen präzisen Eindruck von den Brüsten der Zwanzigjährigen zu verschaffen, die ihrerseits wiederum auf die allein erziehenden Mütter blicken, die damit beschäftigt sind, einerseits das Kind bei Laune zu halten und andererseits einen netten Kerl kennen zu lernen, um Lover, Mutter, Kind spielen zu können. Irgendjemand hat mal gesagt, das Leben wäre ein ewiger Kreislauf. Nicht schlecht. Oder war es nur ein Besoffener, der auf dem Nachhauseweg Bei mir dreht sich alles murmelte?
    »Klappe«, sagt Max.
    Nachmittags haben wir Tourabrechnung in der WG. Ich freue mich, Schimanski und Brunner wiederzusehen. Nachdem wir fast zwei Wochen von morgens bis abends aufeinander gehockt haben, ertappe ich mich den ganzen Tag dabei, mich alle paar Minuten umzuschauen, um zu sehen, was sie gerade anstellen. Reflexe eines Babysitters.
    Kaum sind alle da, kommt Vivi wie eine Speedhure aus ihrem Zimmer herausgeschossen. Oh! Sie konnte ja nicht ahnen, dass ich Besuch habe, nicht wahr? Da zieht sie sich ja vielleicht doch besser etwas mehr an, oder? Diese Unterwäsche verdeckt ja nicht allzu viel, wie?
    Die Jungs halten sich echt gut. Sie schauen zwar genau hin, aber sie sabbern nicht. Ich bin stolz auf sie. Vivi geht enttäuscht ab. Es gibt Augenblicke, in denen ich das Gefühl habe, dass sie sich entwickelt. Dieser gehört nicht dazu.
    Ich eröffne die Konferenz.
    »Na gut, erst die Geldprobleme, danach rechnen wir die Tour ab.«
    »Wo ist der Unterschied?«, fragt Max.
    »G-G-Genau!«, kichert Brunner.
    Ich gebe ihm eine halbe Minute.
    »Geht’s wieder? Können wir?«
    »Die Plakate sind alle«, sagt Schimanski.
    »D-Die T-Tapes a-a-auch.«
    »Telefonrechnung zwovierzig«, sagt Max.
    »Die Pressefotos sind scheiße. Wir brauchen neue«, sagt Schimanski.
    »D-Die A-Aufkleber haben e-einen F-F-Fehldruck.«
    »Proberaumschlüssel abgebrochen«, brummt Max.
    »Die Druckerpatrone macht’s nicht mehr lange.«
    »K-Kein B-Bier mehr da.«
    Das scheint es gewesen zu sein. Ich krame meine Belege vor.
    »Okay, dann lasst uns die Tour abrechnen.«
    Den Bus hat uns ein freundlicher Gönner von Yello Cab gratis zur Verfügung gestellt, und da wir in den zwei Wochen nur zwei Mal für Unterkunft gezahlt haben, hege ich die leise Hoffnung, dass wir im Plus landen werden. Ein Plus so zart wie eine Frühlingsbrise, aber immerhin.
    Je mehr Quittungen auf den Tisch flattern, desto zarter wird die Brise, bis sie schließlich im Sturm der Belege untergeht. Benzin, Verpflegung, Bier, Benzin, Unterkunft, Bier, Benzin, Bier, Bier, Unterkunft, Bier, Ersatzreifen, Bier, Benzin.
    »Abzüglich der Miete für die Anlage und zwei Tickets für intelligentes Parken ...«
    Ich werfe Brunner einen schiefen Blick zu.
    »U-Und der M-Mikrofonständer, den S-Schimanski kaputtgetreten h-hat ...«, lenkt er schnell ab.
    »Und der Glastisch von der Süßen aus Bremen, wie hieß sie denn noch gleich?«, lenkt Schimanski ab.
    »Und das Ticket für überhöhte Geschwindigkeit in einer verkehrsberuhigten Zone ...«
    Ich werfe Brunner noch einen Blick zu.
    »U-Und ...«
    Jedem fällt noch was ein. Ich rechne zusammen. Die Spannung steigt, die Hoffnung sinkt.
    »Hm ..., also, abzüglich der Proberaummiete sind wir bei ... wartet mal ... sechzehnhundert Miesen.«
    »W-Was?! Wir s-spielen zwei W-Wochen und s-sind trotzdem p-p-p-p-«
    »Pleite«, hilft Schimanski nach.
    »A-Arschloch!«
    »Gut, dass es keine Europatournee war«, sagt Max.
    Keiner lacht. Nicht mal Brunner.
    »Zwei Gagen stehen noch aus. Falls sie eintreffen, sind wir ... warte ... hm, pleite, aber nicht mehr hoffnungslos.«
    Wir verweilen ein paar Minuten still in Armut, dann starte ich durch.
    »Es muss sich was ändern. Wir können nicht bis in alle Ewigkeit durch die Gegend gondeln, ohne mal ’n Taler zu machen.«
    »Oder fünf ...«, sagt Schimanski.
    »O-Oder f-fünfhundert ...«
    Max schweigt.
    »Fünftausend«, erhöht Schimanski für ihn.
    »Beruhigt euch«,

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