Was Sie schon immer über 6 wissen wollten
ist noch ein Gespräch möglich, an dem sich alle beteiligen. Das wird ab fünf oder sechs Personen um einen Tisch schon schwieriger. Dennoch, so ihr Fazit: „Ich finde 4 oder 6 die optimale Zahl für gute Gespräche!“
Der Philosoph Immanuel Kant, der häufig Gäste zum Essen einlud, war da etwas großzügiger und nannte als Rahmen für die ideale Tischgesellschaft und gute Gespräche eine Größe „nicht unter der Zahl der Grazien, auch nicht über die der Musen“ – also drei bis neun, wobei der Gastgeber noch hinzugezählt werden müsse. Welche Gästezahl am Tisch als angenehm empfunden wird, hängt sicherlich von individuellen Präferenzen – und nicht zuletzt von den Gästen – ab. Das betont auch Claudia Stern, die folgende Erklärung parat hat: „Ich glaube, dass die Grundlage allen Wohlbefindens in der Familiengröße begründet liegt. Wer es gewohnt war, immer nur mit den Eltern zusammenzusitzen, empfindet eine Dreiergruppe als total normal. Wer in einer Familie mit sechs oder sieben Mitgliedern aufgewachsen ist, empfindet auch zehn an einem Tisch als vollkommen normal.“
Aber auch jenseits der Dreier- und Vierergruppen haben sich im Laufe der (sozialen) Evolution bestimmte Gruppengrößen als besonders tauglich für bestimmte Zwecke erwiesen und tauchen deshalb immer wieder auf. So teilt der britische Anthropologe Robin Dunbar das Geflecht unserer sozialen Beziehungen in ein Set konzentrischer Kreise mit ungefähren numerischen Sprungstellen ein, die sich auch in typischen gesellschaftlichen Gruppierungen wiederfinden.
Die Basiseinheit, das Team oder die Clique, umfasst ungefähr fünf bis sieben Personen. Dies sind die sprichwörtlich gewordenen Fünf Freunde der britischen Kinderbuchautorin Enid Blyton, die eine verschworene Gemeinschaft bilden, aber auch das effektiv handelnde Entscheidergremium oder das kreative Entwickler- oder Designteam. Eine Gruppengröße von fünf bis sieben federt einerseits die Konfliktträchtigkeit von Dreier- oder Vierer-Konstellationen ab und ist andererseits klein und intim genug, um Verantwortlichkeit und Handlungsfähigkeit des Einzelnen zu gewährleisten. Damit ist sie gruppendynamisch gut geeignet für produktive und insbesondere kreative Arbeitsprozesse.
Erik Spiekermann, der als Designer und Gründer der Agentur MetaDesign ein Leben lang in Teams gearbeitet hat, kann das bestätigen: „Meine Teams hatten immer so zwischen fünf und acht Leuten. Die 7 hat sich empirisch als Idealzahl – mit einem Unschärfebereich – für gut funktionierende Teams erwiesen.“ Größere Abweichungen nach oben oder unten seien dagegen kontraproduktiv. Bei einem größeren Projekt habe er einmal mit einem auf zwölf Personen aufgestockten Team experimentiert, berichtet Spiekermann. Doch statt des von ihm erwarteten rechnerischen Effektivitätszuwachses von 50 Prozent leistete das Großteam nur 10 bis 15 Prozent mehr – einfach weil die größere Gruppe exponentiell mehr interne Kommunikation und Meetings benötigte. Zu wenig Mitglieder in einem Team haben jedoch ebenfalls eine negative Wirkung: „Drei Leute sind sich manchmal auch zu schnell einig, da wird dann nicht tief genug gearbeitet. Man braucht auch den anderen Blick, die kritische Meinung, andere Fähigkeiten, deshalb sollten nicht weniger als fünf in einem Projektteam sein.“
Claudia Stern sieht in Bezug auf Tischgrößen einen deutlichen Unterschied zwischen der 6 und der 7: „Sechs ist eine ordnende Zahl, deshalb sind viele Kantinentische oder auch Jugendherbergszimmer so aufgeteilt. Ab Sieben ist alles offen – der Zufall regiert die Gespräche, es ist unübersichtlicher.“ Die Grenze wird im einzelnen Fall unterschiedlich gezogen. Öfter findet man in der Gruppenpsychologie die 7 als generische Zahl für den Gruppentypus der Clique, was ihrer magischen Anziehungskraft und symbolischen Stärke geschuldet sein mag. Schließlich ist schon im Märchen von Schneewittchen von sieben Zwergen die Rede, und sowohl in Akira Kurosawas Die sieben Samurai wie auch im Remake Die glorreichen Sieben von John Sturges besteht die schlagkräftige Truppe aus sieben Helden, genau wie die Sieben gegen Theben in der griechischen Tragödie des Aischylos.
Bei der Festsetzung der Mindestgröße von sieben Personen für die Vereinsgründung beriefen sich die Verfasser des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf englische und französische Vorbilder. Zwingend ist die magische 7 dabei nicht, wie auch Rechtshistoriker Bernhard Großfeld
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