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Was wir sind und was wir sein könnten: Ein neurobiologischer Mutmacher (German Edition)

Was wir sind und was wir sein könnten: Ein neurobiologischer Mutmacher (German Edition)

Titel: Was wir sind und was wir sein könnten: Ein neurobiologischer Mutmacher (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerald Hüther
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dass die höheren Bereiche im Gehirn, vor allem die in der präfrontalen Rinde lokalisierten Netzwerke wieder nutzbar werden.
    Deshalb gibt es, wenn wir unsere Konflikte nicht bis in alle Ewigkeit fortführen wollen, gar keine andere Möglichkeit als das fortzusetzen, was einzelne Menschen seit jeher versucht haben und was jetzt, im 21. Jahrhundert, erstmals als globales Unternehmen in Gang gekommen ist. Brücken bauen, Vertrauen stiften. Dazu müssten wir künftig einander einladen, ermutigen und wenn möglich auch inspirieren, noch einmal eine neue, eine bessere Erfahrung in der Begegnung miteinander zu machen. Aber andere einladen und ermutigen kann nur jemand, der die Kraft dazu hat, der also nicht selbst ein Bedürftiger ist, der sich auf Kosten anderer zu stärken versucht.
    Die Geschichte der Menschheit ist zwar eine Geschichte fortwährender kriegerischer Auseinandersetzungen. Was uns aber zu dem gemacht hat, was wir heute sind, sind nicht die Kriege, die die einen gewonnen und die anderen verloren haben, sondern die Kulturleistungen, die Menschen überall auf der Erde trotz all dieser Kriege hervorgebracht und an ihre Kinder weitergegeben haben. Diese Vielfalt kultureller Errungenschaften werden wir nur bewahren können, indem wir erkennen und uns bewusst machen, dass kein Mensch seine Potentiale entfalten kann, wenn er in einer Welt leben muss, in der alle regionalen und kulturellen Unterschiede und Besonderheiten nivelliert sind, in der alles überall gleich ist. Das wäre das Gegenteil von dem, was passieren müsste, wenn nun immer stärker zusammenwächst, was zusammengehört. Das wäre eine Welt, in der alles auf das zurechtgestutzt worden ist, was zusammenpasst.

Statt uns vom Leben formen zu lassen,
könnten wir auch zu Gestaltern unseres Lebens werden
    »Nichts kann in uns oder mit uns geschehen, was unsere Biologie nicht erlaubt. Aber unsere Biologie legt nicht fest, was in uns geschieht. Was in einem lebenden System geschieht, ist abhängig von seiner gelebten Geschichte. Das heißt, das lebende System muss sein Werden in Interaktionen in einem operational unabhängigen Medium leben. Deshalb ist es schlichtweg falsch, von biologischer Determination zu sprechen. Wir Menschen sind biologische Wesen, die sich in einem kulturellen Raum verwirklichen.« (Aus: Humberto R. Maturana und Gerda Verden-Zoller. Liebe und Spiel. Die vergessenen Grundlagen des Menschseins , Heidelberg, 1993, Seite 14).
    Mit diesen wenigen Sätzen hat Humberto Maturana die genetisch-deterministische Biologie des 20. Jahrhunderts relativiert: Unsere Biologie legt fest, was aus uns werden könnte. Was aber tatsächlich aus uns wird, hängt von den Erfahrungen ab, die wir im Lauf unseres Lebens innerhalb des jeweiligen kulturellen Raumes machen, in den wir hineinwachsen.
    Der kulturelle Raum, in den wir hineinwachsen, in dem wir unsere ersten Erfahrungen sammeln, die sich dann zu Haltungen verdichten, sind unsere jeweiligen Herkunftsfamilien. Die wiederum sind eingebettet in den kulturellen Raum der Kommune, der Stadt, der Region, des Landes, des Kulturkreises mit den jeweiligen natürlichen, ökologischen, politischen, historischen, religiösen und nicht zuletzt wirtschaftlichen Gegebenheiten, die diesen Kulturkreis auszeichnen. Die Erfahrungen, die Menschen dort im Lauf ihres Lebens machen, machen müssen oder machen können, werden individuell umso unterschiedlicher sein, je weniger das jeweils übergeordnete System Einfluss auf die darunter liegenden Subsysteme nimmt. Krieg, Naturkatastrophen, Hunger, Not und Elend, ein sehr zentralistischer Staat oder ein alle Bereiche durchdringendes Wirtschaftssystem, eine von allen geteilte Ideologie oder eine gemeinsame religiöse Überzeugung können bisweilen so übermächtig werden, dass sie den Erfahrungsraum der einzelnen Familien, jedes einzelnen Mitglieds und vor allem der in diese Gemeinschaften hineinwachsenden Kinder bestimmen. Das war im Dreißigjährigen Krieg so, das war während der Industrialisierung in England so oder während der Weltwirtschaftskrise im vorigen Jahrhundert, während der Zeit des Nationalsozialismus oder in den nach dem Zweiten Weltkrieg entstandenen kommunistischen Diktaturen. Und das ist natürlich auch heute noch so, in manchen Ländern und Kulturkreisen stärker als in anderen.
    Immer machen Menschen unter solchen restriktiven Bedingungen mehrheitlich die Erfahrung, dass sie den jeweils herrschenden Zwängen und Erfordernissen hilflos ausgeliefert

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