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Wasser für die Elefanten - Gruen, S: Wasser für die Elefanten

Wasser für die Elefanten - Gruen, S: Wasser für die Elefanten

Titel: Wasser für die Elefanten - Gruen, S: Wasser für die Elefanten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Gruen
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Fuß mehr in dieses Heim, bevor
ich nicht den Rest der Vorstellung gesehen habe, und wehe dem, der mich dazu
zwingen will. Und wenn die Schwestern mich jetzt einholen, mache ich eine
Szene. Ich werde laut und blamiere sie in aller Öffentlichkeit, und dann müssen
sie mir Rosemary holen. Wenn die merkt, wie ernst es mir ist, bringt sie mich
schon in die Vorstellung. Sie wird mich dort hinbringen, sogar, wenn sie
dadurch ihre restliche Schicht verpasst – es ist ohnehin ihre letzte Schicht.
    Ach Gott, wie soll ich da nur überleben, wenn sie weg ist? Beim
Gedanken an ihren bevorstehenden Abschied wird mein alter Körper von Trauer
geschüttelt, die aber bald wieder der Freude weichen muss – ich bin jetzt nah
genug, um die Musik zu hören, die aus dem Chapiteau dringt. Oh, der süße Klang
von Zirkusmusik. Ich klemme die Zungenspitze in einen Mundwinkel und beeile
mich. Ich bin fast da. Nur noch ein paar Meter …
    »He, Opa. Wo wollen Sie denn hin?«
    Erschrocken bleibe ich stehen. Hinter dem Kartenschalter sitzt ein
Junge, eingerahmt von Tüten mit rosafarbener und blauer Zuckerwatte. Unter der
Glasplatte, auf die er sich stützt, blinkt Spielzeug. Er trägt einen Ring durch
die Augenbraue, einen Stab durch die Unterlippe und eine große Tätowierung auf
jeder Schulter. Seine Fingernägel sind schwarz lackiert.
    »Wonach sieht’s denn aus?«, gebe ich gereizt zurück. Für so etwas
habe ich keine Zeit. Ich habe sowieso schon genug von der Vorstellung verpasst.
    »Eine Karte kostet zwölf Mäuse.«
    »Ich habe kein Geld.«
    »Dann können Sie auch nicht rein.«
    Entgeistert ringe ich nach Worten, als ein Mann auf mich zukommt. Er
ist älter, glatt rasiert und gut gekleidet. Der Geschäftsführer, jede Wette.
    »Was ist hier los, Russ?«
    Der Junge zeigt mit dem Daumen auf mich. »Ich hab den alten Knaben
erwischt, als er sich reinschleichen wollte.«
    »Reinschleichen!«, rufe ich ehrlich entrüstet.
    Der Mann mustert mich kurz, bevor er sich wieder dem Jungen
zuwendet. »Was zum Teufel ist los mit dir?«
    Russ starrt mit finsterer Miene zu Boden.
    Der Geschäftsführer stellt sich mit freundlichem Lächeln vor mich.
»Sir, es wäre mir eine Freude, Sie hineinzubringen. Wäre es für Sie mit einem
Rollstuhl leichter? Dann bräuchten wir nicht erst einen guten Platz für Sie zu
suchen.«
    »Das wäre nett. Vielen Dank«, sage ich und weine fast vor
Erleichterung. Ich zittere noch wegen dem Geplänkel mit Russ – der Gedanke, ich
hätte es so weit geschafft, nur um dann von einem Teenager mit Lippenpiercing
abgewiesen zu werden, war schrecklich. Aber jetzt ist alles gut. Ich habe es
nicht nur geschafft, ich glaube sogar, ich bekomme einen Logenplatz.
    Der Geschäftsführer verschwindet neben dem Chapiteau und kommt mit
einem typischen Krankenhausrollstuhl zurück. Ich lasse mir von ihm hineinhelfen
und entspanne meine schmerzenden Muskeln, während er mich zum Eingang schiebt.
    »Nehmen Sie es Russ nicht übel«, sagt er. »Unter diesen ganzen
Löchern ist er ein guter Kerl, obwohl ich mich manchmal wundere, dass er beim
Trinken nicht leckt.«
    »Zu meiner Zeit hat man die Alten in den Kassenwagen gesetzt. Das
war so was wie die letzte Station.«
    »Sie waren bei einer Show?«, fragt der Mann. »Bei welcher?«
    »Ich war bei zweien. Die erste war Benzinis
Spektakulärste Show der Welt «, verkünde ich stolz, ich lasse mir jede
Silbe auf der Zunge zergehen. »Die zweite war Ringling.«
    Wir halten an. Das Gesicht des Mannes taucht plötzlich direkt vor
mir auf. »Sie waren bei Benzini? Wann?«
    »Im Sommer 1931.«
    »Sie haben die Stampede miterlebt?«
    »Allerdings!«, rufe ich. »Zum Teufel, ich war mittendrin. Genau in
der Menagerie. Ich war der Tierarzt der Show.«
    Er starrt mich fassungslos an. »Ich kann’s kaum glauben! Nach dem
Feuer in Hartford und dem Ruin von Hagenbeck-Wallace ist das wahrscheinlich die
berühmteste Zirkuskatastrophe aller Zeiten.«
    »Das war schon was, das stimmt. Ich erinnere mich daran, als wäre es
gestern gewesen. Ach was, ich erinnere mich daran viel besser als an gestern.«
    Der Mann blinzelt und streckt die Hand aus. »Charlie O’Brien der
Dritte.«
    »Jacob Jankowski«, sage ich und ergreife seine Hand. »Der Erste.«
    Charlie O’Brien betrachtet mich lange, eine Hand auf die Brust gedrückt,
als würde er einen Eid ablegen. »Mr. Jankowski, ich bringe Sie jetzt in die
Vorstellung, bevor sie ganz vorbei ist, aber es wäre mir eine große Ehre, wenn
ich Sie nach der

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