Schülerin der Lust: Erotischer Roman (German Edition)
Der Vorhang hob sich. Es war ihre Nacht. Die Nacht, auf die sie ein Leben lang gewartet hatte. Erhobenen Hauptes schritt sie durch den Saal wie eine Königin durch ihren Palast. Alle Blicke waren auf sie gerichtet, wurden regelrecht zu ihr hingezogen, als wäre sie magnetisch. Es war, als hätten all diese Menschen nur auf ihr Erscheinen gewartet, dabei wusste niemand, wer sie war. Niemand außer ihm, ihrem Begleiter, der demütig hinter ihr herlief, das Gesicht verborgen hinter einer roten Augenmaske, die bis tief über seine Wangen reichte.
»Komm mit mir, ich zeige dir die Gelüste der Aphrodite«, hatte er gesagt, und sie war ihm gefolgt. Nun allerdings war es ihr Auftritt, und er blieb, ganz bewusst wie es schien, in ihrem Schatten zurück.
Sie befanden sich an einem Ort, den er den Club der Aphrodite nannte. Ein Platz, an dem sich Gleichgesinnte trafen, um ihren Lüsten zu frönen. Er hatte sie hergeführt, eingeweiht in das dunkle Geheimnis, das verrucht und exotisch, daher auch sehr erregend war. Aber jetzt wollte er nicht mehr anführen, nicht mehr bestimmen. So war ihr Übereinkommen.
Die Gäste, die sich in den buntesten Gewändern und Masken versammelt hatten, nickten ihr grüßend zu, verfolgten jeden ihrer Schritte, die selbstsicher und entschlossen waren. Aber dies war nur Fassade. Der Club war ihr fremd, genauso wie seine Menschen, und sie war nicht sicher, was sie hier erwartete und was man umgekehrt von ihr erwartete.
Es war dunkel. Über ihnen hing ein Kristallleuchter, der trotz seiner Größe nur wenig Licht spendete. Vielleicht befanden sie sich im Tanzsaal eines abgelegenen Hotels. Sie konnte sich nicht erinnern, wie sie hierhergekommen waren. Folglich wusste sie auch nicht, wo sich dieser geheimnisvolle Club befand. Sie wusste nicht einmal die Tageszeit. Möglicherweise war es draußen taghell. Selbst wenn es so wäre, hätten die Sonnenstrahlen ohnehin nicht durch die zugehängten Fenster dringen können. Man wollte offensichtlich unter sich bleiben.
Sie zog den schwarzen Mantel, der ihren Körper verhüllte, enger um sich. Auch sie trug eine Maske, die mit Pfauenfedern geschmückt war. Paona nannte er sie. Paon war französisch und bedeutete übersetzt Pfau. »Weil du so schön bist wie ein Pfau«, hatte er erklärt und ihr das Geschenk gemacht. Jetzt war sie froh, sich in diesem Moment hinter ihrer Maske verstecken zu können, denn so konnte sie die Lage besser beobachten und ihre eigene Nervosität verbergen. Zugleich aber genoss sie es, im Mittelpunkt zu stehen. Ein erregender Zwiespalt.
»Es ist deine Nacht«, hatte er gesagt. Und er hatte recht. »Ich werde dir gehören. Nur dir.«
Hinter der ersten Reihe der Schaulustigen erblickte sie noch mehr Gäste, die ihrem Auftritt weniger Beachtung schenkten, weil sie mit etwas ganz anderem beschäftigt waren. Hemmungslos gaben sie sich ihrer Lust hin. Bebende Körper. Der Geruch von Erregung lag in der Luft. Und die weibliche Note süßen Parfüms.
Sie schaute durch ihre Beobachter hindurch, um selbst zur Beobachterin zu werden. Ein Mann legte sich auf eine Frau in roter Wäsche, die eine Maske mit Teufelshörnchen trug. Er massierte ihre prallen Brüste, die fast aus den Körbchen ihres Mieders sprangen, während sich sein entblößtes Glied zwischen ihren Schenkeln rieb. Die Teufelin stöhnte auf, krallte ihre Nägel in seinen Rücken.
Dieser Anblick ließ es auch zwischen ihren Schenkeln prickeln. Wie froh sie war, dass sie ihre Pfauenmaske trug. So konnte niemand sehen, dass sich ihre Wangen röteten, und auch der lüsterne Glanz ihrer Augen lag im Schatten.
Sie war ein anonymes Wesen in einer anonymen Welt. Es interessierte sie nicht, wer die anderen waren. Aber sie fing an, ihnen gern zuzusehen. Etwas weiter hinten entdeckte sie ein lesbisches Pärchen. Die Frau mit den kurzen Haaren spritzte Schlagsahne auf die Brüste ihrer wohlbeleibten Partnerin, leckte sie ab und zupfte mit ihren Lippen an deren Nippeln.
Ihr wurde zusehends heißer bei all diesen ruchlosen Anblicken. Ein Mann mit Augenbinde kniete vor einer Blondine und leckte ihre Scham. Winzige Wellen der Lust brandeten sichtbar durch ihren Unterleib. Sie hörte die Fremde stöhnen, sah die Ekstase in ihrem Gesicht, weil ihr die Maske verrutscht war. In ihrer eigenen Scham pulsierte es so heftig, dass sie kaum aufrecht stehen bleiben konnte.
Ihr Begleiter blickte sich nach ihr um. Ohne dass sie es gemerkt hatte, war er weitergegangen, und offenbar hatte auch er nicht
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