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Waylander

Waylander

Titel: Waylander Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Gemmell
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Süden.
    »Das ist richtig, sie kommen von Süden. Ich muß gehen, aber ich werde dir etwas zu essen dalassen.«
    Waylander ging zu seinem Pferd, blieb einen Moment stehen und entrollte dann seine Decke, aus der er zwei lange Jagdmesser mit Knochengriff nahm, die rasiermesserscharf waren. Er nahm sie mit zum Feuer. »Hier. Du wirst sie vielleicht brauchen.« Das Menschenwesen streckte die Hand aus. Seine Finger waren unglaublich lang, die Nägel zu dunklen Klauen gekrümmt, die sich um die Knochengriffe schlossen, als es die Messer an sein Auge hob. Es sah sein Spiegelbild darin, blinzelte und wandte den Blick ab, dann nickte es und stand auf.
    Der seltsame Zyklop überragte Waylander um einiges.
    Der Meuchelmörder schluckte. Es war schwierig, den Ausdruck im Gesicht des Ungeheuers zu lesen, aber Waylander war sich unbehaglich der beiden Messer in dessen Hand bewußt.
    »Auf Wiedersehen, mein Freund«, sagte er mit einem gezwungenen Lächeln.
    Er ging zu seinem Pferd, stieg in den Sattel und löste die Zügel von dem Busch. Das Wesen kam herbei, seine Kiefer mahlten und ließen ein grunzendes Geräusch hören, das Waylanders Pferd scheuen ließ. Das Wesen neigte vor Anstrengung den Kopf zur Seite.
    »Auwise Roind«, sagte es. Ohne zu verstehen, nickte Waylander und setzte sich in Bewegung.
    »Auwisen Wroind.«
    Endlich verstand Waylander, drehte sich im Sattel um und winkte.
    »Auf Wiedersehen, Freund«, rief er und ritt in die Dunkelheit davon.
    Auf dem Gebirgspaß östlich von Purdol nahmen zwei junge Männer ein Frühstück aus Brot und Käse zu sich, während sie Geschichten über die legendären Huren im Hafen von Purdol austauschten. Die Sonne schien, und der größere der beiden - ein Soldat namens Tarvic, der sich für fünf Jahre verpflichtet hatte - stand auf und schlenderte zum Rand des Bergpfades, um über die Wüste hinweg nach Norden zu schauen. Er hatte sich über diese Aufgabe gefreut; einen Bergpfad zu bewachen war erheblich ungefährlicher, als einen Schutzwall zu verteidigen.
    Er grinste noch immer, als ein Pfeil seine Kehle durchschlug und durch den Oberkiefer in sein Gehirn drang.
    Der zweite Soldat sah sich um, als der erste mit zuckenden Händen rückwärts taumelte.
    »Was ist los, Tarvic?« rief Milis. Als Tarvic fiel und sich den Kopf an einem vorspringenden Felsen anstieß, sah Milis den Pfeil. Sein Unterkiefer klappte nach unten. Angst wallte in ihm auf, und er fing an zu laufen. Ein Pfeil prallte von der Felswand zu seiner Rechten ab und flog an seinem Gesicht vorbei. Mit allem, was seine Beine hergaben, sprintete Milis zur Höhle. Etwas traf ihn hart im Rücken, aber er wurde nicht langsamer.
    Vor ihm war der Eingang zur Höhle, er wurde noch zweimal im Rücken getroffen, aber er spürte keine Schmerzen und schaffte es in den Schutz des Tunnels. Endlich in Sicherheit, blieb er stehen.
    Er krachte mit dem Gesicht auf den felsigen Boden, der ihm entgegensprang. Er versuchte aufzustehen, aber in seinen Armen war keine Kraft mehr. Er begann zu kriechen, wurde jedoch von Händen umgedreht.
    »Die Vagrier kommen«, sagte er.
    »Ich weiß«, antwortete der Vagrier und schnitt Milis die Kehle durch.
    Er war allein, wie er immer allein gewesen war. Er saß am trüben Wasser eines mit Lilien bedeckten Teiches und starrte sein Spiegelbild in der silbernen Stahlklinge des Jagdmessers an. Er wußte, daß er ein Ungeheuer war; das Wort war ihm von Anfang an entgegengeschleudert worden - zusammen mit Steinen, Speeren und Pfeilen. Er war von Reitern mit Lanzen gejagt worden, von schlauen Wölfen mit scharfen Zähnen und von den langzahnigen Schneetigern, die mit dem winterlichen Eis aus den Bergen kamen.
    Aber sie hatten ihn nie erwischt. Denn seine Schnelligkeit war Legende und seine Stärke furchterregend.
    Er lehnte seinen breiten Rücken an den Stamm einer Weide und hob seinen großen Kopf, um die Zwillingsmonde zu betrachten, die hoch über den Bäumen standen. Er wußte inzwischen, daß es sich nur um einen Mond handelte, aber die Pupillen seines Riesenauges konnten nie sehen wie richtige Augen. Er hatte gelernt, damit zu leben, so wie er gelernt hatte, mit den anderen wilden Gaben zu leben, die die Natur ihm verliehen hatte.
    Aus irgendeinem Grund war sein Gedächtnis schärfer als das der meisten, wenn er es auch nicht bemerkte. Er konnte sich lebhaft an den Augenblick seiner Geburt erinnern und an das Gesicht der alten Frau, die ihm aus dem schwarzroten Tunnel der LEERE in die Welt geholfen

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