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Waylander

Waylander

Titel: Waylander Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Gemmell
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konnte Kai verstehen.
    Von Tieren und Menschen? Kai fragte sich, warum er diese Unterscheidung gemacht hatte.
    Er zuckte die Achseln und seufzte. Seltsamerweise fühlte er sich heute einsamer als gestern.
    Er vermißte den kleinen Mann.
    Karnak schlief auf dem Fußboden der großen Halle. Er hatte seinen massigen Körper nur in eine einzige Decke gewickelt. Das Feuer in der großen Feuerstelle war zu glühender Asche verkohlt, während der Drenaigeneral auf seinem Ziegenfell lag, verloren in Träumen von seiner Kindheit und dem Erwachen seines Ehrgeizes.
    Trotz ihres Reichtums hatte Karnaks Familie eine puritanische Ader beibehalten, und schon früh im Leben wurde den Kindern beigebracht, wie wichtig Selbstgenügsamkeit war. Der junge Karnak war einem Schäfer im Norden der Familiengüter in die Lehre gegeben worden, und eines Nachts, während sie hoch in den waldigen Bergen lagerten, hatte sich ein großer grauer Wolf an die Herde herangepirscht. Karnak, sieben Jahre alt, nahm einen schweren Stab aus unbehandeltem Holz und ging auf das Tier zu. Einige Sekunden lang wich das Tier nicht von der Stelle, die gelben Augen fixierten den herankommenden Knaben. Dann hatte es sich zurückgezogen und war in der Dunkelheit verschwunden.
    Als Karnak nach Hause kam, erzählte er seinem Vater voller Stolz die Geschichte.
    »Ich wußte es schon«, sagte sein Vater kalt, »aber du hast deine Tat geschmälert, weil du damit geprahlt hast.«
    Aus irgendeinem Grund hatte er nie vergessen, wie sein Vater ihn damals stehengelassen hatte, und die Szene suchte wieder und wieder seine Träume heim.
    Manchmal träumte er, daß er ein Dutzend Tiger in die Flucht geschlagen hatte und schwer verwundet sterbend zu seinem Vater kroch.
    Immer reagierte der alte Mann mit eisiger Gleichgültigkeit.
    »Warum bist du nicht fürs Abendessen umgezogen?« fragte er dann den blutüberströmten Jungen.
    »Ich bin von Tigern angefallen worden, Vater.«
    »Immer noch prahlen, Karnak?«
    Der schlafende Mann stöhnte und öffnete die Augen. In der Halle herrschte Stille, doch irgendein Geräusch hatte seinen Schlummer gestört. Ein leises Dröhnen drang an seine Ohren. Karnak legte sich flach hin und preßte sein Ohr gegen den Teppich. Dann riß er das Ziegenfell beiseite und legte sein Ohr auf die Steine.
    Männer bewegten sich da unten . viele Männer.
    Karnak fluchte und rannte aus der Halle. Im Vorübergehen riß er seine Axt von dem großen Eichentisch. Im Gang würfelten ein paar Soldaten. Er rief sie zu sich und rannte auf die Treppe zu, die zu den Verliesen führten. Ein junger Krieger mit verbundenem Arm kam gerade die Treppe hoch, und Karnak hielt ihn an.
    »Suche Gellan und sage ihm, er soll mit hundert Mann sofort in die Verliese kommen. Verstehst du? Sofort !«
    Damit stieß der General den Mann beiseite und raste die Treppe hinunter. Zweimal rutschte er beinahe auf den glitschigen Steinen aus, dann war er in dem engen Gang mit den Zellen. Die Tür am Ende des Ganges führte zu einem großen Raum, an dessen anderem Ende Karnak den roh gehauenen Eingang zu dem Bergtunnel sehen konnte. Karnak wischte sich die schweißnassen Hände an seiner grünen Tunika ab, schwang die Axt und rannte durch den fackelerleuchteten Raum in den Tunnel. Dort war die Luft kühl, Wasser glitzerte auf den dunklen, unebenen Wänden. Der Tunnel war schmal, nur drei Männer konnten nebeneinander gehen. Karnak blieb stehen, um zu lauschen. Ein Soldat trat hinter ihn und fluchte.
    »Still!« zischte der General.
    Aus einiger Entfernung konnten sie das wispernde Geräusch von verstohlenen Schritten auf dem felsigen Boden hören. Wo der Tunnel eine Biegung nach links machte, tanzten Schatten von Fackeln an den Wänden.
    Karnak hob die Axt und küßte langsam und ehrfürchtig beide Klingen.
    Die Vagrier kamen um die Ecke - und wurde von einem ohrenbetäubenden Schrei und einer zuckenden Axt aus Silberstahl begrüßt, die die Rippen des ersten Kriegers zerschmetterte. Fackeln wurden fallengelassen, als Männer nach ihren Schwertern tasteten, weitere Schreie erfüllten den Tunnel, als die Axt niedersauste und die umherirrenden Männer niedermähte. Gestiefelte Füße trampelten die Fackeln aus, und in der Dunkelheit wuchs die Angst. Für Karnak war es einfach - er hatte sich allein seinen Weg zwischen den Feind erkämpft, und alles, was er traf, war vermutlich feindliches Fleisch. Für die Vagrier war es ein Alptraum, in dem Männer ihre Kameraden erstachen oder spürten, wie ihr

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