Waylander
zurückgelassen hatte. Zufrieden band er sein Pferd los und führte es zurück auf die Lichtung.
Einige Augenblicke starrte er den Priester an, dann fluchte er leise und schnitt ihn los. Der Mann sackte in seinen Armen zusammen. Man hatte ihn übel verprügelt, auf seiner Brust waren zahlreiche Schnitte zu sehen, das Fleisch hing in schmalen Streifen. Sein blaues Gewand war blutüberströmt. Der Krieger rollte den Priester auf den Rücken und riß seine Kleider auf. Dann ging er zu seinem Pferd und kehrte mit einer ledernen Feldflasche zurück. Er schraubte die Kappe ab und goß Wasser auf die Wunden. Der Priester wand sich, gab jedoch keinen Laut von sich. Geschickt drückte der Krieger die Hautfetzen wieder an ihren Platz.
»Bleib für einen Moment still liegen«, befahl er. Er nahm Nadel und Faden aus einer kleinen Satteltasche, dann nähte er die Wunden ordentlich zusammen. »Ich brauche ein Feuer«, sagte er. »Verdammt noch mal, ich kann nichts sehen!«
Sobald das Feuer entzündet war, beobachtete der Priester, wie der Krieger mit seiner Arbeit fortfuhr. Die Augen des Mannes waren schmal vor Konzentration, aber der Priester konnte sehen, daß sie außergewöhnlich dunkel waren, von einem tiefen Nerzbraun mit funkelnden goldenen Sprenkeln. Der Krieger war unrasiert, der Bart an seinem Kinn mit Grau durchsetzt.
Dann schlief der Priester ein ...
Als er erwachte, stöhnte er, denn die Schmerzen überfielen ihn erneut mit voller Wucht. Er setzte sich auf, zuckte jedoch zusammen, weil die frischen Nähte seine Haut spannten. Sein Gewand war verschwunden, aber neben ihm lagen Kleider, die offensichtlich von den Toten stammten, denn das Wams, das neben ihm lag, zeigte braune Blutspuren.
Der Krieger packte seine Satteltaschen und band seine Decke am Sattelfest.
»Wo sind meine Kleider?« fragte der Priester.
»Ich habe sie verbrannt.«
»Wie konntest du es wagen! Es waren heilige Gewänder.«
»Es war lediglich blaue Baumwolle. Und davon kannst du in jeder Stadt und jedem Dorf mehr bekommen.« Der Krieger kehrte zu dem Priester zurück und hockte sich neben ihn. »Ich habe Stunden damit verbracht, deinen zarten Körper zu flicken, Priester. Es würde mir gefallen, wenn du ihm erlauben würdest, noch ein paar Tage zu leben, ehe du dich in das Feuer des Märtyrertums stürzt. Im ganzen Land werden deine Brüder verbrannt, gehängt oder verstümmelt. Und nur, weil sie nicht den Mut haben, diese verdammten Gewänder auszuziehen.«
»Wir werden uns nicht verstecken«, sagte der Priester trotzig.
»Dann werdet ihr sterben.«
»Ist das so schlimm?«
»Ich weiß es nicht, Priester, sag du es mir. Gestern abend warst du nahe daran.«
»Aber du kamst.«
»Ich suchte bloß mein Pferd. Das solltest du nicht überbewerten.«
»Und ein Pferd ist heutzutage mehr wert als ein Mensch?«
»Das war immer schon so, Priester.«
»Für mich nicht.«
»Wenn ich also an den Baum gebunden gewesen wäre, hättest du mich gerettet?«
»Ich hätte es versucht.«
»Und dann wären wir beide tot gewesen. Wie es ist, bist du am Leben, und - was noch wichtiger ist - ich habe mein Pferd.«
»Ich werde neue Gewänder finden.«
»Das bezweifle ich nicht. Und jetzt muß ich gehen. Wenn du mit mir reiten willst, bist du willkommen.«
»Ich glaube nicht.«
Der Mann zuckte die Achseln und stand auf. »In diesem Fall, lebe wohl.«
»Warte!« sagte der Priester und kämpfte sich auf die Füße. »Ich möchte nicht undankbar scheinen, und ich danke dir aufrichtig für deine Hilfe. Nur, wenn ich mit dir reiten würde, würde ich dich in Gefahr bringen.«
»Das ist sehr rücksichtsvoll von dir«, antwortete der Mann. »Also dann, wie du willst.«
Er ging zu seinem Pferd, zog den Sattelgurt straff, schwang sich in den Sattel und warf sich den Umhang über die Schulter.
»Ich heiße Dardalion«, rief der Priester.
Der Krieger lehnte sich auf den Sattelknauf.
»Und ich bin Waylander«, sagte er. Der Priester fuhr zusammen. »Wie ich sehe, hast du von mir gehört.«
»Ich habe nichts Gutes gehört«, erwiderte Darda-lion.
»Dann hast du nur Wahres gehört. Leb wohl.«
»Warte! Ich werde mit dir reiten.«
Waylander zügelte sein Pferd. »Und was ist mit der Gefahr?« fragte er.
»Nur die vagrischen Eroberer wollen meinen Tod, aber ich habe wenigstens ein paar Freunde -und das ist mehr, als man von Waylander, dem Schlächter, sagen kann. Die halbe Welt würde etwas darum geben, auf dein Grab spucken zu können.«
»Es tut immer
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