Weatherly , L.A. - Dämonen des Lichts
lebhafter: ein strahlender Kraftstoß, der mich kannte und sich freute, mich zu sehen.
Plötzlich wollte ich nur noch in das Licht. Ich schob mich nach vorne und es wurde größer und kräftiger. Es blendete mich, aber es schmerzte nicht in den Augen. Ich ließ zu, dass es mich umfloss, und dann explodierte die Helligkeit wie Sonnenlicht in einer Höhle aus Kristall. Die Energie durchströmte mich, sodass ich vor lauter Freude beinahe laut aufgelacht hätte. Ich spürte, wie der fremde Herzschlag zu meinem eigenen wurde.
Und dann sah ich sie, klar und deutlich erschien sie vor meinem inneren Auge: der Engel, der ich war.
Sie stand da und schaute mich an. Ein schimmerndes Gewand fiel von ihren Schultern und benommen dachte ich: Alex hat recht. Ich bin schön. Denn dieses heitere, abgeklärte Gesicht war von einer solch reinen Schönheit, dass mir die Kehle eng wurde. Sie hatte keinen Heiligenschein, aber sie hatte ihre strahlenden Schwingen ausgebreitet und sie glitzerten wie Sonnenstrahlen, die auf einer Wasseroberfläche tanzten. Ihre langen Haare trug sie offen, so wie ich es des Öfteren tat. Ihre Augen leuchteten und ich spürte, wie ihre Liebe mich umfing, während wir uns gegenseitig betrachteten.
Und ich habe nichts davon gewusst, dachte ich erstaunt. Zeit meines Lebens hatte mich dieser andere Teil von mir begleitet, ohne dass ich die leiseste Ahnung von seiner Existenz gehabt hätte. Plötzlich erkannte ich, dass ich mein Bewusstsein in ihr Bewusstsein verlagern konnte, wenn ich es wollte – ich würde trotzdem ich selber bleiben, aber zugleich auch sie sein. Wir waren zwei; wir waren eins. Sie war mein Zwilling, den ich bis dahin nicht gekannt hatte, immer für mich da, wenn ich sie brauchte. Dieses Wissen wärmte mich wie ein kleines Stückchen Glut in meinem Inneren.
Noch nicht, dachte ich. Fürs Erste war es genug – es reichte mir zu wissen, dass sie da war und dass sie nichts war, wovor ich mich fürchten musste. Sanft zog ich mich zurück. Mein Engel schickte mir ein Lächeln hinterher, sie verstand mich. Als ich mich entfernte, verblasste sie und nur das kleine helle Licht blieb zurück – und dann verschwand auch das, als ich mein Bewusstsein zurück in die Blockhütte lenkte.
Ich schlug die Augen auf.
Da war sie wieder, die Dunkelheit in dem kleinen Raum und der schwache Schein des Mondes. Ich lag immer noch in Alex’ Armen im Schlafsack, den Kopf an seiner Schulter. Er fühlte sich so warm und fest an, so sicher. Liebe zu ihm wallte in mir auf und ich drehte den Kopf und küsste ihn sanft auf die Brust. Er hatte es gewusst. Irgendwie hatte Alex es gewusst, lange vor mir – was ich von den Engeln hatte, hatte mit ihnen nichts zu tun. Ich war nicht wie der Engel, der meine Mutter verletzt hatte, oder wie die, die seiner Familie etwas getan hatten. Mein Engel war ein Teil von mir, ich konnte ihr vertrauen, wie ich mir selbst vertraute.
Zum ersten Mal, seit ich erfahren hatte, was ich wirklich war, spürte ich, wie sich der harte Knoten in mir lockerte. Es war eine unglaubliche Erleichterung, in der ich versank wie in einem heißen Bad an einem kühlen Tag. Ich musste mich nicht mehr hassen. Ich konnte einfach … wieder ich selbst sein, obwohl »ich« jetzt so viel mehr war, als ich einst geglaubt hatte.
Tief in meinem Inneren konnte ich noch immer die Energie spüren, die in mir flackerte wie eine winzige Kerze, die mich willkommen hieß. Lächelnd kuschelte ich mich dichter an Alex und merkte, wie er sich bewegte und die Arme fester um mich schloss. Eng umschlungen lagen wir da, während wir fast im selben Rhythmus atmeten. Die Nacht um uns herum war so still, so vollkommen friedlich.
Ich war ein Halbengel – und zum ersten Mal schien das etwas zu sein, mit dem ich – vielleicht – leben konnte.
»Wir rechnen mit mindestens sechzigtausend Menschen«, sagte Jonah. »Ich habe einen Sicherheitsdienst beauftragt, der uns dabei helfen wird, die Massen im Zaum zu halten. Und wir haben die Genehmigung bekommen, die Felder südlich der Kathedrale als zusätzlichen Parkplatz zu nutzen. Ich habe ein Team von Gläubigen zusammengestellt, das die Leute einweisen wird.« Er legte die Pläne für die erweiterten Parkmöglichkeiten auf Raziels Schreibtisch und deutete auf die dafür vorgesehene Fläche. »Auch sonst läuft alles reibungslos. Freitagabend findet die Generalprobe statt und Samstagmorgen werden die Blumen geliefert und …«
Raziel stützte den Kopf in die Hand, während er
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