Wehe Dem, Der Boeses Tut
mischte sich der Arzt ein.
Logan ließ sich nicht aus der Ruhe bringen. »Hören Sie, Doc, wir müssen Witts kleine Tochter finden. Ich brauche Ihnen wohl nicht zu erklären, dass es ein Wettlauf mit der Zeit ist. Zach muss zuerst mit uns zur Wache kommen und sich ein paar Fotos anschauen.«
»Ich rate davon ab.«
Witts Miene wurde noch besorgter. »Zach?«
Er hatte einen üblen Geschmack im Mund, sein Kopf dröhnte, und in seiner Schulter pochte noch immer ein höllischer Schmerz, doch er entschied: »Ich komme mit.«
McHenry nahm Witt beiseite und sagte etwas, das Zach nicht verstand. Letztendlich fuhren sie jedoch allen Bedenken des Arztes zum Trotz im Streifenwagen zur Polizeiwache, wo Zach in einem kleinen Raum mit flackernden Neonröhren, erfüllt von dem schalen Geruch nach Zigaretten und Kaffee, seitenweise Fahndungsfotos und andere Schwarzweißbilder durchblättern musste.
»Wie ist es hiermit?«, fragte gelegentlich ein Polizist, und Zach, völlig benommen vor Schmerz, konzentrierte sich, so gut er es vermochte, doch jedes Mal konnte er wieder nur verneinen. Die Stunden verstrichen, Polizisten kamen und gingen und musterten ihn, während sie sich Pistolenhalfter umschnallten, Protokolle aufnahmen oder schmutzige Witze erzählten.
»Der da. Was ist mit dem?«
Die Fragen rissen nicht ab und Zach betrachtete ein Foto nach dem anderen – körnige Schwarzweißaufnahmen von Männern, die er nie zuvor gesehen hatte. Er schüttelte den Kopf und schlug eine weitere Seite um. Sein Vater ging währenddessen unruhig auf und ab und sah aus, als hätte er am liebsten jemanden in der Luft zerrissen, ganz gleich, wen.
Allmählich begannen die Fotos vor Zachs Augen zu verschwimmen, sein Rücken schmerzte, und er fühlte sich, als habe er seit hundert Jahren nicht mehr geschlafen. Ein Polizist saß auf der Tischkante und beobachtete seine Reaktionen, ein anderer ging, um Kaffee zu holen.
Zach sank auf seinem Stuhl zusammen und sehnte sich nach einer Zigarette. Der Kaffee nutzte nichts.
»Das war's. Fehlanzeige«, erklärte ein bärbeißiger Polizist schließlich und gähnte. Eine schlanke Frau, die gerade ihren Dienst begann, sammelte die Alben ein.
»Ich fürchte, Rudy und Joey sind hier nicht registriert«, sagte Officer Ralph O'Donnelly und drückte seine Zigarettenkippe in seiner leeren Kaffeetasse aus.
»Rudy?« Der Blick der Polizistin schwenkte von Logan zu Witt.
»Ja, der Kleine hier hat die Namen gehört.« Officer O'Donnelly stand auf und reckte sich. Sein Rücken knackte hörbar.
»Warum hast du das nicht gleich gesagt?«, fragte sie, suchte eines der Alben heraus und schlug es auf. »Hier, schauen Sie sich diese Fotos noch einmal an.«
Aller Augen waren auf Zach gerichtet, der, völlig erschöpft vor Schmerzen, mit dem Finger unter den Bildern entlangfuhr und sich zwang, jede Aufnahme genau zu betrachten. Für einen Moment verschwammen die Fotos vor seinen Augen, doch er konzentrierte sich. Die Spannung stieg. »Ich glaube nicht …«
»Sehen Sie genau hin! Stellen Sie sich Ihren Mann glatt rasiert vor oder mit anderer Haarfarbe oder sonst was«, knurrte Logan unwirsch. »Wir sollten den Zeichner holen.«
Zach biss die Zähne zusammen und studierte angestrengt die Aufnahmen, ohne ein Gesicht zu erkennen. Doch dann stutzte er bei einem Foto in der untersten Reihe. Das Haar war anders, er trug es jetzt länger, und Schnauz- und Kinnbart auf dem Foto verbargen offenbar pockennarbige Kinnbacken, doch die Augen, diese bösartigen Augen waren unverkennbar.
Er tippte mit dem Finger auf das Bild. Seine Stimme gehorchte ihm kaum. »Ich glaube …«
»Rudolpho Gianotti«, sagte die Polizistin mit einem zufriedenen Grinsen. Zach hatte den Eindruck, dass es ihr Vergnügen bereitete, die Männer übertrumpft zu haben. »Er hängt mit Joseph Siri ab.«
»Zum Teufel«, knirschte Witt, trat mit raschen Schritten an den Tisch und betrachtete wütend die Verbrecherfotos. Sein Gesicht war rot angelaufen und er zitterte. »Ich möchte wetten, die haben mit Polidori zu tun.«
»Bingo«, bestätigte die Frau. »Die Sittenpolizei hat sie im Visier – Drogen und Prostitution, vielleicht sogar Pennyante-Poker.«
»Ich hab's doch gleich gesagt!«, knurrte Witt und trat gegen ein Tischbein. »Wenn ich Polidori in die Finger bekomme, dann wird er es bitter büßen! Gehen wir!«
»Hoppla!«, sagte die Polizistin. »Wir sprechen nicht von dem Alten. Diese Typen« – sie tippte auf Rudy Gianottis Foto –
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