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Wehe wenn der Wind weht

Wehe wenn der Wind weht

Titel: Wehe wenn der Wind weht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Saul
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begann sie wieder das seltsame Geräusch zu hören, das sie ihr Leben lang gequält hatte.
    »Hört nur«, sagte sie. »Hört ihr es?«
    Jeff neigte seinen Kopf. »Was sollen wir hören?«
    »Mein Baby«, sagte Diana. »Könnt ihr nicht mein Baby weinen hören?«
    Die Kinder schauten sich an. Wovon redete sie? Niemand weinte, und alles, was sie hören konnten, war der Wind in den Bäumen. Christie begann nervös zu werden.
    »Ein Baby?« fragte Jeff mit unsicherer Stimme.
    »Es ist in den Hügeln«, sagte Diana. »Es kommt von den Hügeln.«
    Sie stand auf und ging vom Feuer weg. Christie und Jeff schlossen sich ihr an, starrten hinein in die Dunkelheit und spitzten aufmerksam die Ohren, um zu hören, was Diana hören mochte.
    »Könnt ihr es jetzt hören?« fragte Diana.
    »Wovon redet sie denn?« flüsterte Jeff Christie zu. Christie schaute zu Diana hoch und sah, daß dieser seltsam leere Blick wieder in ihren Augen war. Ihre Furcht wuchs und sie nahm Jeffs Hand und drückte sie ganz fest.
    »Ich weiß nicht. Aber weine nicht.«
    »Weinen?« wiederholte Jeff. »Warum sollte ich weinen?« Doch noch während er sprach, spürte er, wie Tränen in seine Augen stiegen. »Ich will nach Hause«, sagte er. Er zerrte an Christies Arm und Diana, die durch die plötzliche Bewegung gestört wurde, blickte auf ihn nieder.
    »Was tust du da?« fragte sie. »Was tust du mit meinem Baby?«
    »Nichts«, jammerte Jeff. Er ließ Christies Hand fallen und begann zurückzuweichen, und Furcht klumpte sich in seinem Magen zusammen. Etwas stimmte nicht, und er wußte nicht, was er tun sollte. Die Tränen in seinen Augen flossen über, und er versuchte, ein Schluchzen zu unterdrücken.
    Diana starrte den kleinen Jungen an, und als der Wind um sie heulte und das weinende Kind ihren Verstand quälte, öffnete sich ihr Gedächtnis wieder.
    Sie war ein kleines Mädchen, und sie war hinter der Scheune, und sie spielte mit einem kleinen Jungen.
    Der kleine Junge lehrte sie ein Spiel.
    Er nannte es Doktor spielen.
    Und dann, als der kleine Junge seine Hose heruntergezogen hatte, war ihre Mutter aufgetaucht.
    Sie hatte schweigend zugesehen, wie ihre Mutter den kleinen Jungen geschlagen hatte und wußte, daß sie dran war, wenn das vorbei war. Und als sie die Schläge bekam, zwang sie sich, sie schweigend zu ertragen, und tief innerlich baute sich in ihr eine Wut auf, die die Tränen ersetzte, die sie nicht vergießen durfte.
    Jetzt spürte sie wieder, wie die Wut in ihr aufwallte und als sie so mit verwirrtem Verstand in der Nacht stand, sah sie wieder den kleinen Jungen und das kleine Mädchen.
    Aber jetzt war sie die Mutter, und der kleine Junge hatte mit ihrem kleinen Mädchen den ganzen Tag lang gespielt.
    Was gespielt?
    Sie suchte in ihrem Verstand. Hatten sie Doktor gespielt?
    Sie mußten das gespielt haben, denn sie sahen verängstigt aus. Verängstigt und schuldbewußt.
    Unflätige Kinder.
    Unflätige, sündhafte Kinder.
    Diana, in der Fessel ihres Wahnsinns, bewegte sich vorwärts und schlug Jeff Crowley mitten ins Gesicht.
    Er schrie, hielt seine Wange, begann dann zu schluchzen, doch Dianas Arme flogen durch die Luft, droschen auf ihn ein, prügelten ihn. Wie von fern konnte er durch seine furchtbare Angst Christies Stimme hören.
    »Weine nicht, Jeff. Bitte, weine nicht!«
    Christie sah voller Entsetzen zu, wie Diana Jeff wieder schlug. Durch die Wucht der Schläge sank er sich krümmend zu Boden. Sie versuchte, Diana von ihm wegzuzerren. »Hör auf, Tante Diana«, bettelte sie. »Er hat doch nichts getan. Schlag ihn nicht mehr!«
    Diana hörte sie nicht. Sie hatte einen Knüppel ergriffen, hob ihn hoch über den Kopf und ließ ihn dann mitten in Jeff Crowleys Gesicht krachen.
    »Unflätig«, flüsterte sie immer wieder. »Unflätiges, böses kleines Kind. Hör auf zu weinen. Verstehst du mich? Hör auf zu weinen und nimm deine Bestrafung hin.«
    Blut schoß aus Jeffs Nase und Christie, die es nicht länger ertragen konnte, brach in Tränen aus und floh in die Nacht. Hinter sich konnte sie Jeffs Schreie hören, die schwächer und schwächer wurden, und das dumpfe Schlagen des Knüppels in Dianas Händen.
    Wohin sollte sie gehen?
    Heim? Zu Miß Edna?
    Aber wo war sie? Welches war der Weg nach Hause?
    Sie blieb stehen und schaute sich um. Nichts schien ihr vertraut. Und dann erreichte sie einen Pfad.
    Der Pfad hatte zum Bergwerk geführt. Zum Bergwerk und zu Esperanzas Hütte.
    Esperanza würde ihr helfen. Sie würde zu Esperanza

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