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Wehe wenn der Wind weht

Wehe wenn der Wind weht

Titel: Wehe wenn der Wind weht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Saul
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die Frage verstanden hatte. Aber schließlich nickte sie.
    »Vielleicht habe ich's«, sagte sie.
    »Wie bitte?« fragte Dan. Er mußte sich vorbeugen, um sie zu verstehen.
    »Ich sagte, daß ich vielleicht ihr Baby getötet habe. Vielleicht war alles meine Schuld. Glauben Sie, ich war zu streng zu ihr, William?«
    »Zu streng? Wieso?«
    »Ich war immer streng zu ihr. Aber Mütter müssen streng sein. Und ich wollte, daß sie ein gutes Mädchen wird.« Sie schaute sie betrübt an. »Aber das war Diana nie, müssen Sie wissen. Sie war ein sündhaftes, kleines Mädchen. Unflätig und sündhaft.«
    Dan und Bill warfen sich einen kurzen Blick zu und Bill sagte: »Können Sie uns sagen, was passiert ist, Miß Edna?«
    Plötzlich waren die Augen der alten Dame angsterfüllt und huschten wachsam zwischen den drei Männern hin und her.
    »Oh, das könnte ich nicht - das wäre nicht anständig.« Dann lächelte sie, und ihr Gesicht war eine groteske Karikatur dessen, was es einmal gewesen war.
    »Aber es wird alles gut werden. Ich werde mich um alles kümmern.«
    Die drei Männer schauten sich verunsichert an. »Miß Edna«, sagte Dan, »warum erlauben Sie uns nicht, daß wir uns um alles kümmern? Sagen Sie uns nur, wo Diana ist, und dann werden wir uns um sie kümmern, einverstanden?«
    Edna stand auf und stützte sich auf ihren Stock. »Sie glauben nicht, daß ich eine gute Mutter gewesen bin, nicht wahr?« fragte sie. »Nun, vielleicht war ich das nicht. Aber ich habe das Beste, was ich konnte, getan. Das ist doch alles, was jemand tun kann, nicht wahr?«
    »Natürlich«, sagte Bill. Obwohl sich in seinem Verstand alles drehte, zwang er sich, seine Stimme ruhig klingen zu lassen. Was war geschehen? Was war falsch gelaufen? Es war, als sei Edna Amber über Nacht senil geworden. »Hat das etwas mit Ihnen und Diana zu tun?«
    »Sie hat mich geschlagen«, erzählte ihnen die alte Dame. »Meine eigene Tochter hat mich geschlagen. Und sie sagte, ich hätte ihr Baby getötet.«
    »Und haben Sie's?« fragte Dan noch einmal.
    Wieder schien Edna über die Frage nachzudenken. Schließlich schüttelte sie den Kopf. »Nein«, sagte sie. »Sie hat es getan. Ich glaube, es muß der Wind gewesen sein.«
    Dan nickte, als verstünde er. »Der Wind«, sagte er. »Erzählen Sie uns von dem Wind.«
    »Sie müssen wissen, sie hat ihn nie gemocht«, erzählte Edna ihnen. »Immer, seit sie ein Baby war, bekam sie Kopfschmerzen und weinte, wenn der Wind wehte. Aber ich habe sie nie lange weinen lassen.« Ihre Stimme verhärtete sich und für einen Augenblick wurden ihre Augen klar. »Sie war ein böses Kind, und ich mußte sie bestrafen.« Sie schwieg und dann verdüsterten sich ihre Augen wieder und ihre Stimme wurde leiser. »Aber sie erinnerte sich nie daran. Es war, als ob der Wind ihr Gedächtnis wegfegte.« Sie lächelte, als ob sie schließlich die Wahrheit erkannt hätte. »Das muß geschehen sein - der Wind muß ihr Baby weggefegt haben.«
    Dan schluckte schwer. »Miß Edna«, sagte er. »Miß Edna, wir müssen wissen, wo Diana ist. Können Sie uns das sagen?«
    »Sicher, sie ist bei den Babys«, sagte Edna.
    »Bei den Kindern«, korrigierte Bill sie. »Wir wissen, daß sie bei den Kindern ist. Aber wohin hat sie sie gebracht?«
    »Sie hat es nicht gesagt. Sie liebt mich nicht mehr, wissen Sie. Nach allem, was ich für sie getan habe, liebt sie mich nicht mehr. Aber ich wollte ihr doch nur helfen. Alles, was ich je gewollt habe, war, ihr zu helfen.«
    Dan stand auf. »Miß Edna, wir müssen sie finden. Schaffen Sie es?«
    Die alte Frau stützte sich auf ihren Stock und lächelte sie an.
    »Ich? Natürlich schaffe ich es schon. Um mich brauchen Sie sich keine Sorgen zu machen - ich kann mich selbst um mich kümmern. Und ich kann mich auch um Diana kümmern, wenn sie mich läßt. Wenn Sie sie finden, bringen Sie sie zurück zu mir. Sie ist nur ein kleines Mädchen, wissen Sie. Sie ist nur ein kleines Baby, das nicht weiß, was es tut.«
    »Vielleicht sollte ich lieber hierbleiben«, begann Bill. »Du und Matt, ihr geht vor.« Doch Edna schüttelte ihren Finger.
    »Ich will niemanden hier draußen haben«, sagte sie, und der Nörgelton in ihrer Stimme war nicht mehr als ein schwaches Echo ihres einstigen gebieterischen Tones. »Ich habe noch einige Dinge zu tun, und ich möchte allein sein.« Sie schwieg und dann: »Ich bin niemals allein gewesen, wissen Sie. Ich muß mich daran gewöhnen.«
    Widerwillig ließen sie Edna Amber zurück.
    Als

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