Zwölf Monate, siebzehn Kerle und ein Happy End: Das Single-Experiment (German Edition)
PROLOG
Die Welt, in der wir leben, ist zweigeteilt: Kinokuschelsitze, Pärchenhandschuhe, Steuervorteile und verträumte Wochenendausflüge an den Bodensee auf der einen Seite. Online-Dating, Tiefkühlpizza und Freitagabenddepression auf der anderen. Ich gehöre seit einiger Zeit zu der doofen Seite, also der mit den Depressionen und der Tiefkühlpizza.
Ich bin 28 Jahre alt, Tochter aus gutbürgerlicher Familie, weiße Mitteleuropäerin, Angehörige einer konventionellen Religion, habe erfolgreich mein Studium abgeschlossen, erfreue mich bester Gesundheit und habe nur ein Problem, was global gesehen lächerlich ist, was mich erröten lässt, wenn ich Beiträge zur Welthungerhilfe sehe, was wirklich, wirklich winzig ist, wenn man das Abschmelzen der Polkappen in Betracht zieht, was mich aber manchmal weinen lässt und letztlich dazu treibt, dieses Experiment zu starten: Ich bin Single. Schon lange. Und nicht freiwillig.
Dies sollte auch in meinem Lebenslauf stehen, unter »Familienstand«. Ich muss allerdings keine Lebensläufe schreiben, denn ich bin selbstständig und arbeite von zu Hause aus. Ich bin Lektorin Schrägstrich Werbetexterin, das heißt, ich mache aus Texten, die andere Leute nicht gerne lesen, Texte, die andere Leute gerne lesen. Allem Anschein nach mache ich das nicht ganz so schlecht, denn es gibt Leute, die mir dafür sogar Geld geben. Ansonsten habe ich nur wenige klar ersichtliche Talente. Schreiben, lesen, essen und schlafen gehören dazu.
Ich bin keine Frau, die ungeschminkt und nur in einem weißen Wollpulli auf der Couch, mit angezogenen Beinen und einer Teetasse in beiden Händen süß aussieht. Ich bin eine Frau, die geschminkt, mit Push-up, schwarzem Oberteil, hohen Schuhen und nach einem Friseurbesuch, stehend, und zwar nur stehend, gut aussieht. Wenn ich mich gut fühle. Und auch wirklich nur dann.
Ich bin nicht dünn. Wirklich nicht. Im Gegensatz zu allen anderen Frauen, die dasselbe behaupten, entspricht es bei mir der Wahrheit. Es ist zwar nicht so, dass ich nicht mehr alleine in den dritten Stock komme, aber wenn ich in eine Straßenbahn einsteige, treten die Leute schon ein wenig zur Seite. Das bleibt nicht folgenlos, jedenfalls nicht für mein Ego: Werde ich in einem Club freundlich angelächelt, lächele ich nicht zurück, weil ich sicher bin, dass das Lächeln nicht mir, sondern der Person hinter mir gilt. Werde ich unmissverständlich angelächelt, kontrolliere ich meine Garderobe, ob irgendwo noch ein halbes Hähnchen hängt. Spricht mich jemand an, bin ich mir sicher, es ist ein Spinner, Stalker oder Sexualverbrecher. Spricht mich jemand an und es verläuft nett, ohne offensichtliche Hinweise auf Psychopathie, werde ich unsicher, doof, einsilbig oder im Zweifel total unverschämt, ohne es zu merken. Oder mache unglaublich platte Witze, wobei ich eigentlich berühmt bin für meine spaßige Art.
Seit drei Jahren tue ich alles, Menschenmögliches, manches und auch mal nichts, um irgendwie wieder eine Mitgliedschaft im Club auf der anderen Seite zu ergattern. Anscheinend erfülle ich aber die Aufnahmekriterien nicht, denn egal was ich tue oder nicht tue, ich darf nicht mehr mitspielen.
Schnuppern darf ich, mal kosten, probieren, testen, ich darf dran riechen, an dem appetitanregenden Gefühl. Ich sehe die anderen, die die Freitagabend-Problematik gar nicht kennen, die sich gegenseitig Frühstück ans Bett bringen und Adventskalender basteln. Manchmal darf ich einen Blick hineinwerfen, in das wohlig-warme Zweisamkeitsparadies, in dem man sich romantische Briefe schreibt und das letzte Hemd hergibt. Manchmal komme ich ganz, ganz nah an diese unsichtbare Schwelle: Ich darf eine Beziehung anprobieren, in sie hineinschlüpfen, mich mit ihr vor dem Spiegel drehen und wenden, sie bestaunen und bewundern – nur um dann festzustellen, dass der Preis viel zu hoch ist oder der Saum kaputt, oder dass mir schon wieder der alte Käse aus der letzten Saison angedreht wurde.
Doch nun bin ich schon seit drei Jahren Single. Zeit, das zu ändern. Und zwar jetzt.
Das ist der Plan: Ein Jahr lang werde ich jeden Monat eine andere Art testen, den Mann meines Lebens kennen zu lernen – gut, vielleicht nicht den Mann meines Lebens, sondern den Mann für den nächsten Lebensabschnitt, das wäre ja aber immerhin mal ein Anfang. Zwölf Monate, zwölf unterschiedliche Mottos. Die Mottos habe ich gesammelt, in Frauenzeitschriften, aus Erfahrungen, von gut gemeinten Ratschlägen oder einfach, weil ich
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