Wehe wenn der Wind weht
Susan und Kim nur mal reiten«, erwiderte Christie, die überlegte, was sie nun wieder falsch gemacht hatte.
»Du weißt doch selbst kaum, wie man reitet«, protestierte Diana. »Du könntest dich verletzen.«
»Hayburner würde niemanden verletzen«, sagte Christie. »Daran denkt er gar nicht. Er mag uns.«
»Das tut er wirklich, Miß Diana«, fügte Susan hinzu. Zum ersten Mal wandte Diana ihre Aufmerksamkeit den beiden anderen Mädchen zu.
»Was tut ihr hier draußen?« fragte sie.
Susan und Kim wechselten einen besorgten Blick und dann ergriff Kim das Wort. »Wir sind nur gekommen, um Christie zu besuchen.«
»Um Christie zu besuchen.« Die Worte hallten in Dianas Ohren wider und Ärger stieg in ihr auf. Ihr erster Impuls war, sie von ihrem Grundstück zu jagen. Und doch sprach die Stimme der Vernunft in ihr, obwohl sie das gleiche Eifersuchtsgefühl empfand, das sie vorher bei Christies Ritt gespürt hatte. Was würden sie ihren Eltern sagen, wenn sie sie fortschickte? Daß sie verrückt sei? Daß sie niemanden an Christie heranließ? Sie beruhigte sich und zwang sich zu einem Lächeln. »Möchtet ihr etwas trinken?« bot sie an. »Vielleicht eine Limonade?«
Kim und Susan wechselten wieder einen Blick. »Wir wollten etwas wandern«, erklärte Susan. »Wir dachten, daß Christie vielleicht mit uns kommen könnte.«
»Darf ich?« fragte Christie.
Wieder durchfuhr der seltsame Ärger Diana, doch dieses Mal versuchte sie nicht, ihn zu unterdrücken. »Nein«, sagte sie. Doch da sie das Gefühl hatte, einen Grund für ihre Weigerung nennen zu müssen, fügte sie hinzu: »Juan kommt, und wir wollen mit ihm den Zaun abreiten.«
Christie stieg von Hayburner herunter und grub ihren Zeh in den Boden. »Muß ich da mit?« fragte sie.
»Ich dachte, das würde dir Freude machen.« Dianas Stimme klang barsch und Christie fühlte sich in die Enge getrieben.
»Natürlich.« Sie gab nach.
Dianas Gesicht glättete sich und sie lächelte. »Du kannst ja an einem anderen Tag wandern. Stimmt's?«
Christie zuckte hilflos die Schultern. »Ich denke schon.«
Einige Minuten später beobachtete sie, wie ihre Freundinnen auf die Hügel zuliefen. Sie wünschte sich, sie könnte mit ihnen gehen, aber sie wußte, sie durfte es nicht. Und so folgte Christie gehorsam Diana ins Haus.
Juan Rodriguez zügelte sein Pferd und wartete darauf, daß Diana Amber und das kleine Mädchen zu ihm aufschlossen. So war es den ganzen Nachmittag gewesen, wie ein Spiel. Er ritt voraus und versuchte, Löcher im Zaun zu finden, und versuchte, sie zu reparieren, bevor Miß Diana und das kleine Mädchen ihn erreichten. Meist hatte er viel Zeit, um mit der Arbeit fertig zu werden, weil Miß Diana mit dem Mädchen sprach, ihr Dinge zeigte und ihr erzählte, wie die Dinge zu sein hatten.
Für Juan war es völlig unbedeutend, wie Dinge zu sein hatten. Das Einzige, was zählte, war die Gegenwart, und daß er Spaß hatte. Seine schönsten Tage waren die Tage, wenn er mit Miß Diana reiten konnte.
Jetzt wartete er und beobachtete, wie sich die beiden ihm näherten. Er überlegte, ob das nun immer so sein würde, ob das Mädchen sie immer begleiten würde.
Er hatte es in den vergangenen Tagen beobachtet, hatte sich gefragt, ob sie nett oder so wie die anderen zu ihm sein würde - wie diese Jungen, die ihn in der Nacht zuvor geärgert hatten. Soweit er gesehen hatte, war sie ein nettes kleines Mädchen, und seine Mutter hatte ihm gesagt, daß er ein Auge auf sie haben sollte. Er hatte ein Spiel daraus gemacht, sich im Wacholdergestrüpp versteckt, und sie ständig beobachtet, wenn sie draußen war. Aber er hatte sich immer versteckt gehalten.
»Hallo!« rief er jetzt, als sie ihn erreichten. »Alles fertig!« Diana stieg ab und inspizierte sorgfältig die Splissung, die Juan in den Stacheldrahtzaun gearbeitet hatte. Er hatte Jahre gebraucht, um diese einfache Aufgabe zu beherrschen, und sie lobte seine Arbeit immer in den höchsten Tönen, wobei er glücklich mit dem Kopf nickte und ganz versessen darauf war, das nächste Loch im Zaun zu finden.
»Sehr gut, Juan«, sagte Diana zu ihm. »Meinst du, wir sollten noch weiterreiten?«
Juan schaute zu den Bergen hinüber und seine Augen waren in der grellen Nachmittagssonne zusammengekniffen. Dann leckte er an seinem Finger und hielt ihn in die Luft.
»Wind kommt«, sagte er zu Diana. Sie blickte nach Westen und nickte.
»Sieht so aus. Sollen wir nicht noch ein paar Meilen reiten und dann Schluß
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