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Wehe wenn der Wind weht

Wehe wenn der Wind weht

Titel: Wehe wenn der Wind weht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Saul
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trinken?« fragte sie, während auch Diana ihr Pferd festmachte.
    »Mich hat's noch nicht umgebracht«, erwiderte Diana. Der Wind wehte heftiger und die Baumwollsträucher begannen zu knarren. Diana wußte sehr wohl, daß von solchen Bäumen ganz plötzlich Zweige herunterfielen und beschloß deshalb, die Pferde loszumachen und auch sie aus der sprudelnden Quelle saufen zu lassen. Sie löste ihre Zügel und sie gingen gemächlich auf das Wasser zu.
    Als Hayburners Hufe zwischen die Sandsteinbrocken traten, geriet ein kleiner Stein in Bewegung und platschte in den Teich. Augenblicklich folgte eine rasche Bewegung und dann das laute Rasseln der Klapperschlange.
    »Was war das?« fragte Christie. Sie schaute zu Diana und bemerkte die Schlange überhaupt nicht, die nur wenige Zentimeter von ihren Füßen entfernt jetzt lauernd zusammengerollt lag.
    »Beweg dich nicht«, flüsterte Diana. »Bleib ganz still stehen.«
    Sie starrte die Klapperschlange an, deren dicker Leib eng zusammengerollt war und deren Zunge in die Luft schnellte, während ihr dreieckiger Kopf im Sonnenlicht pendelte. Ihre Klapper, die senkrecht aus der Mitte ihrer Windungen hochstand, vibrierte wütend, und ihre Augen, schwarze Schlitze an den Seiten ihres Kopfes, schienen Haß auf das kleine Mädchen zu schleudern, das es gewagt hatte, in ihren Bereich einzudringen.
    Während der Wind sie umstürmte, öffnete sich plötzlich eine der dunkel verschlossenen Türen in Dianas Erinnerung und sie sah sich nahe der Hintertür des Hauses spielen, als sie ebenso alt war wie Christie.
    An diesem Tage hatte es dort auch eine Schlange gegeben.
    Sie war unter der hinteren Veranda mit sich windendem Körper hervorgeschossen und hatte sich dann dicht vor ihren Füßen zusammengerollt. Während sie vor Angst wie gelähmt dastand, hörte sie undeutlich die Stimme ihrer Mutter aus der Küche, als käme sie aus einer anderen Welt.
    »Sie ist gekommen, um dich zu bestrafen«, hatte ihre Mutter gesagt. »Du bist ein böses Kind und Gott hat die Schlange gesandt, um dich zu bestrafen.« Und dann war eine Stille entstanden, die Diana wie eine Ewigkeit erschienen war.
    Und jetzt, während sie die Augen auf die Schlange gerichtet hielt, die Christie bedrohte, hörte sie ihre eigene Stimme.
    »Was hast du getan, Christie?«
    Christie hörte die Worte und in ihrem Kopf drehte sich alles. Wollte Diana ihr nicht helfen? Was sollte sie tun?
    Für Diana war es ein Augenblick völligen Entsetzens. Sie wußte, daß sie sich bewegen, daß sie etwas tun mußte. Der Kopf der Schlange bewegte sich jetzt schneller, und sie hatte das schreckliche Gefühl, daß sie jede Sekunde mit weit aufgerissenem Maul zuschlagen und ihre Zähne tief in das weiche Fleisch von Christies Bein graben würde. Und doch konnte sie sich nicht bewegen. Sie stand wie erstarrt und die Stimme ihrer Mutter hallte in ihren Ohren und fragte sie, was sie getan hätte, daß Gott eine Schlange geschickt hätte, um sie zu bestrafen.
    An diesem Tag hatte die Köchin sie gerettet, die mit einem Besen in den Händen aus der Hintertür gestürmt kam. Die Schlange war durch das Geräusch hinter sich herumgeschnellt. Der Besen hatte sie getroffen. Und während Diana über den Hof geflohen war, hatte sie sich unter die Veranda zurückgezogen.
    Heute war niemand da, der sie rettete. Sie mußte etwas tun. Und dann geschah es.
    Sie wurde ein anderer Mensch. Die Wut, die tief in ihrem Unterbewußtsein gefangen war, der Zorn, der in ihr geschwärt hatte, seit sie ein Kind gewesen war, brach an die Oberfläche und gab ihr die Kraft zu tun, was getan werden mußte.
    Und ihr Körper, der Körper, der einen Augenblick zuvor noch vor Entsetzen erstarrt war, reagierte auf den beharrlichen Willen des erzürnten Kindes in ihr.
    Sie bückte sich und ergriff einen Stein.
    Mit neu gewonnener Kraft schleuderte sie den Stein auf die Schlange, und die Schlange, durch die plötzliche Bewegung abgelenkt, schlug mit weit offenem Maul und entblößten Fängen danach.
    Christie rannte aufschreiend zu Diana.
    »Es war nicht meine Schuld«, schluchzte sie hilflos. »Ich habe nichts getan, Tante Diana. Es war nicht meine Schuld!«
    Diana stand ganz still, ihre Arme um das Kind geschlungen, und in ihrem Kopf drehte sich alles. Die Türen ihrer Erinnerung waren zugeschlagen und von den letzten wenigen Augenblicken war nichts geblieben.
    Sie versuchte sich auf das zu konzentrieren, was Christie sagte. Ihre Schuld? Wie sollte das, was geschehen war, Christies

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