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Wehe wenn der Wind weht

Wehe wenn der Wind weht

Titel: Wehe wenn der Wind weht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Saul
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eingestellt, aber nachdem ich herausbekommen hatte, was er getan hatte, habe ich ihn gefeuert. Ich glaube, er war kaum länger als sechs Monate hier. Ich bezweifle, daß sich viele Leute an ihn erinnern.« Sie hielt inne und versetzte ihm dann den zweiten Schlag. »Nicht einmal Diana erinnert sich an ihn.«
    Bill konnte sie nur anstarren, und als er schließlich seine Sprache wiedergefunden hatte, klang sie irgendwie hohl. »Entschuldigen Sie bitte, was haben Sie gesagt?«
    Edna setzte sich wieder an den Küchentisch, und während sie mit der Geschichte fortfuhr, schaute sie auf ihre Hände und rieb sie gelegentlich, wobei Bill sich nicht sicher war, ob das wegen der Schmerzen geschah, wegen ihrer Nervosität oder aus beiden Gründen.
    »Diana erinnert sich nicht an Travers. Sie erinnert sich auch nicht an das Baby. Sie erinnert sich an nichts davon.«
    Bills Hände fielen auf die Tischplatte, und er schüttelte seinen Kopf, als versuche er, seine Gedanken zu sortieren. »Ich kann Ihnen nicht folgen«, sagte er. »Was meinen Sie damit, daß sie sich nicht erinnert? Man hat nicht ein Baby und erinnert sich nicht daran.«
    »Das Baby wurde tot geboren«, sagte Edna. Sie setzte sich wieder und sah ihn an. »Als ich es Diana erzählte, wurde sie hysterisch.« Ihre Stimme wurde weich, und Bill meinte einen Blick in ihrem Gesicht zu sehen, der einer Befriedigung ähnlich war, als sie fortfuhr. »Sie schrie stundenlang, aber schließlich schlief sie ein. Als sie erwachte, hatte sie alles aus ihrem Gedächtnis verdrängt. Alles, Dr. Henry. Sie hatte keine Erinnerung mehr daran, schwanger gewesen zu sein, keine Erinnerung an Philip Travers, keine Erinnerung an die Geburt - nichts! Neun Monate ihres Lebens einfach weg!« Sie hielt inne und dann: »Ich denke, sie muß geglaubt haben, daß der Tod des Babys ihre Schuld war, und dies aus ihrem Gedächtnis zu streichen, war die einzige Möglichkeit, mit ihrer Schuld fertigzuwerden.« Sie grinste freudlos. »Aber natürlich wußten wir ja damals nichts über solche Dinge, nicht wahr?«
    Bill starrte die alte Frau an. War das möglich? Konnte das tatsächlich geschehen sein? Er schwieg einige Augenblicke.
    »Wo wurde das Baby geboren?« fragte er schließlich.
    Edna lächelte ihn kalt an. »Hier. Ich wollte, daß Diana in ein Krankenhaus ging, aber sie weigerte sich. Sie wollte nicht einmal in eines jener Heime gehen, die es damals gab. Also blieb sie hier. Ich allein half ihr, das Baby zur Welt zu bringen.«
    »Und wo ist das Baby?«
    »Ich habe es begraben«, sagte Edna, und die Worte klangen für Bill fast wie eine Herausforderung.
    »Sie haben es begraben?« Er starrte die alte Frau bestürzt an. »Sie holten ein Baby auf die Welt und Sie begruben es?«
    Zum ersten Mal hob sich Edna Ambers Stimme vor Ärger und sie zeigte ihre Gefühle. »Es war tot, Dr. Henry! Es war tot geboren! Was hätte ich sonst tun sollen?«
    »Was jeder andere auch getan hätte«, sagte Bill, wobei seine Stimme unter kaum verhohlenem Zorn zitterte. »Sie hätten einen Arzt rufen sollen, als die Wehen kamen. Sie hätten sie umbringen können, Miß Edna. Und woher wußten Sie, daß das Baby tot geboren war? Sind Sie je auf den Gedanken gekommen, daß Sie selbst es umgebracht haben könnten? Vorausgesetzt natürlich, daß das alles überhaupt wahr ist.«
    Edna erhob sich und überragte Bill, und ihre Augen funkelten voller Wut. »Wie können Sie es wagen, William? Ich habe Ihnen all dies nur aus einem Grunde erzählt: Ich möchte, daß Sie begreifen, daß Diana nicht die Person ist, die sie zu sein scheint. Ich habe sie beschützt, so gut ich konnte, und ich versuche auch weiterhin, sie zu beschützen. Aber ihr Verstand ist nicht in Ordnung, William. Sie steht - unter einem Bann! Können Sie nicht verstehen, daß eine Frau wie Diana unmöglich ein Kind großziehen kann?«
    Jetzt hatte sich Bill ebenfalls erhoben.
    »Ich verstehe eine Menge, Miß Edna. Ich verstehe, daß Sie Diana festgehalten haben, seit sie ein Kind war, Sie sie festgehalten haben, alles tun, um sie für sich zu behalten. Ich weiß nicht, warum - ich bin mir nicht sicher, ob die meisten von uns jemals die Motive verstehen können, die jemand wie Sie hat. Selbstsucht, nehme ich an - es muß reine Selbstsucht sein.« Er wußte, daß er zu weit ging, aber gegen den Zorn, den er dreißig Jahre unterdrückt hatte, war er hilflos. »Ihnen ist doch völlig gleich, was Sie mit Diana machen, oder? So lange, wie Sie sie bei sich haben. Aber da mache

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