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Weihnachten - Gedichte und Geschichten: Eine Weihnachtsgeschichte, Nußknacker und Mausekönig, Der Schneemann, Die Eisjungfrau, Schneeweißchen und Rosenrot, ... denkwürdige Neujahrnacht (German Edition)

Weihnachten - Gedichte und Geschichten: Eine Weihnachtsgeschichte, Nußknacker und Mausekönig, Der Schneemann, Die Eisjungfrau, Schneeweißchen und Rosenrot, ... denkwürdige Neujahrnacht (German Edition)

Titel: Weihnachten - Gedichte und Geschichten: Eine Weihnachtsgeschichte, Nußknacker und Mausekönig, Der Schneemann, Die Eisjungfrau, Schneeweißchen und Rosenrot, ... denkwürdige Neujahrnacht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Heine
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Mutter hatte in der ganzen Welt nichts weiter zu versehen als zwei Ziegen und in der Zeit des Jahres, da die Binsen schwarz und kahl sind, ein Böckchen. Seághan lebte mit seiner Mutter, wie solche Leute leben: Einen Tag haben sie zu essen, einen Tag zu hungern. Doch ob gute oder schlechte Zeit war, Seághans Pflicht bestand darin, die Ziegen zu hüten. Am Morgen führte er sie hinaus, tagsüber bewachte er sie, und abends brachte er sie heim zum Melken.
    Eines Tages fiel Schnee. Denn es war Winterzeit. Seághan sollte mit den Ziegen hinaus. Aber als er sah, es hörte nicht auf zu schneien, rannte er heim und ließ die Ziegen zurück. Als die Mutter im Laufe des Tages merkte, daß das Schneetreiben nicht nachlassen wollte, befahl sie Seághan, nach den Ziegen zu sehen. Er sagte, daß es zu kalt sei. Sie riet ihm, sich fest in seinen großen Mantel zu wickeln und dann die Ziegen zu holen, damit sie nicht im Schnee erstickten.
    Seághan warf seinen Mantel um und ging über die Felder, die Geißen zu suchen. Am Ende der Felder kam er an einen hohen, großen Pfosten, der dort aufgerichtet stand. Aber wegen des darübergewehten Schnees erkannte er ihn nicht, sondern meinte, es wäre ein Mensch. Er ging schnurstracks darauf zu, grüßte ihn und fragte, was für ein Mißgeschick ihn veranlaßte, an einem solchen Schneetage dort zu stehen. Der Pfosten gab keinen Laut von sich.
    »Ach du Ärmster!« sagte Seághan. »Du tust mir leid. Du bist sicher erstarrt vor Kälte!«
    Er zog sich den Mantel von den Schultern, stellte sich auf die Zehen und warf seinen Mantel dem Pfosten über. »Der hat dir doch sicher gefehlt«, meinte er und ging dann weiter, den Pfosten hinter sich zurücklassend. Aber der Schnee wehte heftig. Seághan spürte die Kälte, nachdem er seinen großen Mantel los war. Er gab es auf, länger nach den Ziegen Ausschau zu halten, und rannte nach Haus zu seiner Mutter.
    »Sahst du die Ziegen?« fragte sie.
    »Nein.«
    »Wo ist dein Mantel?«
    »Den warf ich dem großen, alten Mann über, der mitten im Felde stand«, sagte er, »denn der Schnee peitschte ihn. Er tat mir leid.«
    »Geh, du Narr, und hol deinen Mantel wieder! Beeile dich, damit er dir nicht verlorengeht.«
    »Wirklich, nein!« gab Seághan zur Antwort. »Denn er hat ihn nötiger als ich.«
    Da hob die Mutter die Feuerzange und schlug Seághan damit ein paarmal über die Beine. Und da er weder Schuh noch Strümpfe anhatte, tat es ihm ganz schön weh. Heulend lief er zur Tür hinaus und wieder durch die Felder hin bis an den Fleck, an dem der Pfosten stand. Er war noch immer dort. Aber der Wind hatte den Mantel schon vor einem Weilchen in den Schnee geblasen, er war natürlich überweht, als Seághan kam. Er ergriff und schüttelte ihn: »Du verwünschter, häßlicher Stumpf!« schrie er den Pfosten an. »Warum gehst du so mit meinem Mantel um!«
    Der Pfosten gab keinen Laut von sich, und Seághan trat ein paar Schritte zurück. »Ich will dich schon zum Reden bringen, du häßlicher Stumpf. Was du für ein Kerl bist!« rief Seághan, rannte mit einer Schulter gegen ihn an und warf ihn um. »Nun hast du genug!« meinte er und blickte auf ihn nieder, wie er am Boden lag. Er merkte, der Alte rührte sich nicht, und so hielt er ihn für tot. Da sah er auf den Fleck, an dem er gestanden hatte, und entdeckte dort lauter hübsche Steinchen. Seaghan breitete seinen Mantel aus, bückte sich und sammelte all die Steinchen auf, bis er den Mantel bis obenhin gefüllt hatte. Dann faltete er ihn darüber zusammen und warf die Last über die Schulter. So trat er bei seiner Mutter ein.
    »Nun, Seághan, Liebling«, sagte sie, »was hast du da?«
    »Ich weiß es nicht«, sagte er, »aber ich habe ein paar sehr hübsche Steinchen.«
    »Zeige sie mir doch!«
    Er tat es.
    »Woher hast du sie, Seághan?« fragte sie aufgeregt, denn sie erkannte: Die Steinchen waren Gold!
    »Als ich diesmal herauskam, Mutter, hatte der Alte meinen Mantel abgeworfen, unten auf die Erde hin! Ich fragte ihn, warum. Er gab mir keine Antwort. Ich stieß ihn mit Händen und Füßen und warf ihn um. Als er umfiel, lagen unter ihm, dort, wo er gestanden hatte, all diese Steinchen.«
    »Ach, Seághan, liegt dort noch mehr davon?« fragte sie.
    »Viel!« antwortete er.
    »O mein Liebling, komm und zeige mir den Ort!« sagte die Mutter.
    Sie eilten beide zusammen an die Stelle, wo der umgefallene Pfosten lag. Dort waren noch eine Menge Steinchen. Sie sammelten alles auf, was sie fanden, und

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