Weine nicht, Prinzessin
doch, dass er Tränen nicht mag.
Henk hat viele Freunde und er schuldet allen Geld. Er hat erzählt, dass er noch vor einem Jahr sehr reich gewesen war, er hatte eine Villa mit Swimmingpool, aber dann hat er das Geld verloren.
Als sie wissen wollte, wie das passieren konnte, wollte er darüber nicht reden. Es sei zu schmerzhaft, sagte er, und dabei hat er so traurig ausgesehen, dass Lara nicht weiterfragte und ihn ganz fest in den Arm nahm.
Seine Freunde haben ihm Geld geliehen, damit man ihn nicht ins Gefängnis steckte. Lara wurde ganz bleich bei dem Gedanken. Henk in einer kleinen Zelle eingesperrt! Wie gut, dass er so viele Freunde hatte, die ihm aus der Patsche halfen.
Dann aber wollten die Freunde das Geld zurück, was man ja auch verstehen kann, aber Henk war durch dieses Unglück so gelähmt, dass er kein Geld verdienen konnte.
Henk war am Verzweifeln, bis er Lara traf.
Jedes Mal, wenn sie mit einem dieser Männer ins Bett steigt und sie machen lässt, was sie machen wollen, hat Henk weniger Schulden.
Immer wieder betont er, wie froh er ist, dass er sie an jenem Tag vor acht Monaten getroffen hat …
4
Es war an einem dieser langweiligen Sonntagnachmittage in den letzten Sommerferien. Alle ihre Freundinnen waren mit ihren Eltern in den Urlaub gefahren oder in irgendwelchen Jugendfreizeiten untergekommen. Meike badete auf Mallorca, Ines in der Türkei, für Lara blieb nur das städtische Freibad. Aber was sollte sie da ganz alleine?
Eigentlich hatten Lara und ihre Eltern einen dreiwöchigen USA-Urlaub geplant, auf den sie sich alle schon seit Monaten freuten. Shoppen in New York, dann mit dem Auto nach Florida, Strände, Sonne, Meer. Ach ja!
Der schöne Plan wurde zwei Wochen vor dem Abflug zusammen mit Oma Martha beerdigt. Ihr plötzlicher Tod beendete alle Urlaubsträume. Die Eltern stornierten die Reise und planten stattdessen, wie man das Pfannkuchenhaus retten könnte.
Das Restaurant war der große Lebenstraum der Großmutter. Von dem Geld, das sie als berühmte Harfenspielerin verdient hatte, hatte sie ein altes Fachwerkhaus gekauft und ein Restaurant eingerichtet, in dem sie Pfannkuchenträume servierte. Ob süß, ob scharf, mit Gemüse, Obst oder Fleisch, bei ihr fand jeder den Pfannkuchen, den er schon immer einmal essen wollte.
Wer einen probiert hatte, kam immer wieder.
Seitdem es im Stadtführer lobend erwähnt wurde, kamen auch viele Touristen.
In den Sofas und Sesseln aus Urgroßmutters Zeiten saßen sie gemütlich und verspeisten die Pfannkuchen, die die Großmutter bis kurz vor ihrem Tod noch höchstpersönlich nach alten Familienrezepten hergestellt hatte. Und manchmal hatte sie sich dann anschließend an die Harfe gesetzt und für ihre Gäste gespielt.
Lara liebt das Pfannkuchenhaus. Hier hat sie einen großen Teil ihrer Kindheit verbracht. Hier wohnen die Erinnerungen der Familie und vor allem die Erinnerungen an ihre Großmutter, die ihr großes Vorbild ist. Es war die Großmutter, die ihr die erste Kinderharfe geschenkt und ihr die ersten Töne beigebracht hat.
Lara war untröstlich, als sie so plötzlich starb.
Nicht auszudenken, dass das Pfannkuchenhaus in fremde Hände fallen könnte. Laras Mutter war die einzige Erbin, und da der Vater sich in der Branche auskannte und in den Jahren zuvor immer wieder im Restaurant ausgeholfen hatte, war es klar, dass die Eltern das Restaurant weiterführen würden.
»Es wird für uns alle eine Umstellung werden«, sagte die Mutter, als Lara mit ihren Eltern vor acht Monaten um den Esszimmertisch saß und die Zukunft plante. »Das Pfannkuchenhaus hat auch am Wochenende geöffnet. Wir werden kaum noch Zeit für gemeinsame Ausflüge haben. Und du, Lara, wirst nach der Schule und auch abends öfter alleine sein.«
»Kein Problem!«, sagte Lara. »Ich bin dreizehn und ein bisschen weniger Kontrolle kann ich gut gebrauchen!« Dabei zwinkerte sie der Mutter zu und alle lachten.
Die Eltern kündigten ihre Jobs und steckten alles Ersparte in die Renovierung. Mit frisch gestrichenen Wänden, neuer Küche, aber mit den alten Rezepten begann das, was die Eltern ihr bisher größtes »Abenteuer« nannten. Ein Abenteuer, das vor allem viel Zeit kostete.
Für Lara begannen zunächst einmal sechs Wochen nicht enden wollender Langeweile, die noch verstärkt wurde durch die Trauer um ihre Großmutter. Die Eltern stürzten sich in die Arbeit. Lara hatte Zeit, zu viel Zeit. Aus lauter Verzweiflung half sie der Mutter Servietten falten. Manchmal nahm
Weitere Kostenlose Bücher