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Weiss wie der Tod

Weiss wie der Tod

Titel: Weiss wie der Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roman Rausch
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benutzt hatte, oder der Schafhirte, dessen Enkel die alte Gehhilfe im Speicher gefunden hatten. Es gab zahllose Möglichkeiten.
    Hatten sie es hier mit einer englischen Domina oder mit einem Sklaven aus Albion zu tun, der sich dieses Instrument explizit gewünscht hatte?
    Polykarps Körper konnte darüber keinen Aufschluss geben. Der Mageninhalt war unauffällig und ließ keine Verbindung zu britischen Essgewohnheiten zu.
    Levy widmete sich nun dem zweiten Opfer, Patrick. Er klickte sich durch die Berichte und Fotos. Die Verletzungsmuster waren sehr ähnlich, sodass man schnell auf dieselbe Täterhand schließen konnte. Doch so weit war Levy noch lange nicht. Er suchte nach Gemeinsamkeiten, aber auch nach Widersprüchen, um sie mit Polykarp in Verbindung zu bringen – oder eine solche ausschließen zu können.
    Aus den gewonnenen Daten ließen sich Rückschlüsse auf den Täterkreis ziehen und diese wiederum mit den bisher bekannten Straftätern und deren Taten vergleichen. Deren Soziodemographie und Psychopathologie würden auf einen bestimmten Tätertyp verweisen. Der war in den Datenbanken entweder als überführter Straftäter erfasst, oder die Ermittler konnten ihre Suche auf einen kleinen Kreis möglicher Täter beschränken. Das war der klassische Ansatz.
    Was verband Patrick mit Polykarp?
    Das Verletzungsmuster war ähnlich. Ob die Schläge von demselben Rohrstock stammten, darauf wollte sich Dragan nicht festlegen. Die Breite des Stocks passte, es fehlten jedoch einzigartige Merkmale der Waffe, wie sie unter anderem bei Messern, Projektilen oder auch bei Schlaginstrumenten vorkamen. Rattan, sofern der Stock wirklich daraus gefertigt war, gehörte der Familie der Rotang-Palmen an, die rund fünf Meter lang werden konnten und eine nahezu glatte Oberfläche aufwiesen.
    Die Wunden, die der Stock hinterlassen hatte, waren Aufplatzungen gewesen und keine Aufrisse, wie sie Spitzen oder Dornen hervorgerufen hätten.
    Das Abbild der Wunden auf beiden Körpern passte in Breite und Art, jedoch nicht in der Einzigartigkeit. Ein gleichartiger, aber nicht derselbe Stock hätte es auch sein können. Zudem hätte der Täter einen zweiten Stock besitzen können.
    Alle weiteren Überlegungen mussten also wieder in Richtung des Täters geführt werden. War es derselbe Mann, war es dasselbe Motiv? Und war es auch dasselbe Bedürfnis, aus dem heraus er zugeschlagen hatte?
    Für dieselbe Hand sprach ganz offensichtlich das Verletzungsmuster. Patrick hatte wie Polykarp rund hundert nachweisbare Stockschläge ertragen müssen. Sie waren über den ganzen Körper verteilt, es gab keine vom Täter bevorzugte Region. Diese hätte Aufschluss über seine Befindlichkeit geben können.
    Einem gesunden, erwachsenen Mann, wie es Patrick war, hundert Stockschläge zu verpassen dauerte nach Dragans Schätzung mehrere Stunden. Sie waren mit Kraft und Ausdauer geführt worden. Dazwischen musste es Regenerationsphasen, vielleicht auch Gespräche oder Unterbrechungen gegeben haben.
    Eine weitere Gemeinsamkeit lag in der Auswahl der Opfer. Beide waren Männer weißer Hautfarbe in ihren Zwanziger- beziehungsweise Dreißigerjahren. Sie waren gesund, gut genährt und vermutlich in der Gesellschaft integriert – also keine sozialen Außenseiter, keine Obdachlosen oder Rauschgiftsüchtige. Eine Tätowierung, wie sie Polykarp aufwies, war heutzutage kein Anzeichen mehr für die Zugehörigkeit zu einer Randgruppe. Auch das Motiv war nicht einzigartig. Ein Familienvater oder der durch die Kneipen tingelnde Single konnte die gleiche Hautverzierung tragen.
    Schließlich der Fundort und die Auffindesituation. Die Körper Patricks und Polykarps trieben im Hamburger Wassernetz. Ob sie aus dem Osten, also von der Süßwasser führenden Elbe, stammten oder aus dem Westen, wo der Gezeitenwechsel Salzwasser heranführte, war nicht mehr festzustellen. Bei der aktuellen Hochwasserlage, den Stürmen und den Strömungen konnten die Körper auf einer Strecke von über einhundert Kilometern ins Wasser gelangt sein – selbst inmitten der Stadt, die von Alster und Fleeten durchzogen war. Vielleicht waren die Männer sogar über die Bordwand eines Schiffes geworfen worden. Dann hätten sie es mit Seeleuten zu tun, deren Identitäten wohl nicht mehr zu ermitteln wären.
    Dass jedoch dieselbe Art der Entsorgung gewählt wurde, wies in Richtung ein und desselben Täters. Alles andere war in Anbetracht der sonstigen Umstände eher unwahrscheinlich.
    Worin lagen nun die

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