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Weissbier im Blut - Ein Kriminalroman aus dem bayerischen Unterholz

Weissbier im Blut - Ein Kriminalroman aus dem bayerischen Unterholz

Titel: Weissbier im Blut - Ein Kriminalroman aus dem bayerischen Unterholz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joerg Graser
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Trage mit dem blutgetränkten Mullbindenberg wurde in den Aufzug geschoben. Die Schwester und ein Pfleger versperrten Kreuzeder den Weg. Die silbergraue Stahltür schloss sich vor seinen Augen.
    »Ich erklär Ihnen das. Auf den Mann ist ein Mordversuch verübt worden. VerstehenS’ das?«
    »Ja, natürlich.«
    »Jetzt lebt der aber noch. Und hat seinen Mörder gesehen. VerstehenS’? Der einzige Zeuge. Solang der noch am Leben ist, ist er für seinen Mörder eine Zeitbombe.«
    Die Schwester blickte den Kommissar verständnislos an. Er steckte sein Handy wieder in die Jackentasche.
    »Also ich als Mörder, ich tät schaun, dass ich ihn so schnell wie möglich verräum. Noch bevor er wieder aufwacht. Ich tät mich hier einschleichen und ihn vollends abkrageln.«
    »Darf ich noch mal Ihren Ausweis sehen?«
    Sie studierte eingehend seinen Dienstausweis, aber das Misstrauen wich nicht aus ihrem Gesicht. Der Gestank nach Schnaps und Rauch, der von dieser unordentlichen Gestalt ausging, war stärker als der Desinfektionsmittelgeruch der Klinik. Allmählich wurde Kreuzeder ungeduldig.
    »Das ist ganz einfach. Jetzt kommen gleich zwei Polizisten und die werden ihn bewachen. Und ich leg mich derweil hin. Und wenn er aufwacht, dann weckenS’ mich. Ich muss jetzt erst mal selber ein bisserl schlafen.«
    »Also das wenn der Steuerzahler wüsst, wie des bei der Kripo zugeht…«
    »Das tät er sowieso nicht glauben.«
    Es dauerte etwa eine Viertelstunde, bis die Polizeibeamten eingetroffen waren und der müde Kommissar sich zur Ruhe begeben konnte, auf einer Behandlungsliege, die im Keller abgestellt war. Das war das Äußerste, was ihm die Krankenhausverwaltung zugestand. Der Verwaltungsleiter war eigens zur Entscheidung in dieser Angelegenheit alarmiert worden.
    »Wir sind doch kein Hotel. Wenn Sie keine Einweisung von Ihrem Hausarzt vorweisen können oder irgendwelche Symptome, die einen stationären Aufenthalt notwendig machen, dann können Sie hier kein Bett belegen.«
    Die Liege war ausrangiert worden, weil sie Brandlöcher in der Plastikhaut hatte. Der Hausmeister servierte dem ungebetenen Gast auch gleich die Erklärung dafür, als er ihn in den muffigen Keller führte.
    »Da ist einer drauf gestorben. Und hat in seine letzten Minuten noch heimlich eine Zigarette geraucht, der Saubär.«
    Kreuzeder wollte, dass er geweckt wird, sobald das Mähdrescheropfer aufwacht, aber das hat natürlich niemand gemacht. Die Polizisten haben lediglich zum Schichtwechsel ihre Ablösung organisiert. Am nächsten Tag erst, vormittags um neun, ist er schließlich von selber wach geworden. Der Schädel brummte ihm, der Anzug hatte über Nacht gelitten. Er hatte kein Rasierzeug zur Verfügung und vermied tunlichst den Blick in den Spiegel im Vorraum der Toilette. Seine Haare waren auf der Behandlungsliege auf beiden Seiten flach gedrückt und in der Mitte aufgestellt worden. Er sah aus wie ein Punker nach einem Stromstoß, als er zur Intensivstation trottete. Die beiden Streifenbeamten vor dem Eingang wollten natürlich seinen Dienstausweis sehen, und der Stationsarzt hörte sich sein Anliegen mit halb abgewandtem Kopf an, um seinen Ausdünstungen zu entgehen.
    »Aber wirklich nur ganz kurz. Der Herr Wiesel steht noch unter Schock. Beckenbruch, Wadenbeinbruch, Lungenquetschung, Nierenquetschung. Im Grunde hat er ein Riesenglück gehabt. Ich lass das jetzt nur zu, damit mir Ihre Polizeibeamten endlich hier verschwinden.«
    »Können Sie mir was gegen Kopfweh geben?«
    »Sie sind auf Entzug. Sie haben zu viel Blut in Ihrem Alkoholkreislauf. TrinkenS’ ein paar Schnäpse, dann geht’s wieder.«
    In der Intensivstation herrschte ein hektischer Betrieb. Jedes der acht Betten war mit Apparaten umstellt, die den Puls, den Blutdruck und die Herzschläge aufzeichneten, sodass es überall piepste, tickte und klackerte. Zwei Schwestern waren ständig unterwegs und kontrollierten die Monitore. Bei den Patienten, deren Lungen beatmet oder abgesaugt wurden, pumpte und blubberte es, als seien defekte Staubsauger am Werk. Der Arzt blieb vor einem Bett stehen, bei dem die Kabel und Schläuche in eine Skulptur aus Gips und Verbandszeug mündeten. In Höhe des Kissens war ein Schlitz, aus dem eine Nase und zwei müde Augen lugten. Er beugte sich über den Patienten und übertönte den Maschinenpark.
    »Herr Wiesel, können Sie mich verstehen?«
    Nachdem er keine Antwort erhielt, wandte er sich kurz um.
    »Die sind hier alle natürlich sediert, wegen dem

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