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Weissbier im Blut - Ein Kriminalroman aus dem bayerischen Unterholz

Weissbier im Blut - Ein Kriminalroman aus dem bayerischen Unterholz

Titel: Weissbier im Blut - Ein Kriminalroman aus dem bayerischen Unterholz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joerg Graser
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Lärm.«
    Dann versuchte er es nochmals.
    »Herr Wiesel!«
    Ganz leise, kaum hörbar, kam aus der Gipsskulptur ein Laut.
    »Bitte?«
    »Ich bin der Stationsarzt. Es ist ein Polizist da, der möchte Sie was fragen. Können Sie ihm antworten?«
    »Ich weiß nicht.«
    Das Piepsen, das die Herztöne begleitete, beschleunigte sich, als Kreuzeder sich über das Kissen beugte.
    »Was ist passiert, Herr Wiesel?«
    »Die Maschin…«
    »Wer ist draufgesessen?«
    »Die Maschin! Neiiiin!«
    Der Arzt blickte besorgt auf den Blutdruckmesser und das immer rascher klackernde EKG .
    »Es hat keinen Sinn. Es geht nicht. Er regt sich zu sehr auf.«
    »Wer ist draufgesessen? Wer war auf der Maschin?«
    »Da… da…«
    »Was haben Sie gesehen? Wer war auf der Maschin?«
    Die Skulptur kam in Bewegung, bäumte sich auf. Die Pieptöne rasten.
    »Da… war… niemand! Niemand war da!«
    Wiesel schrie und versuchte zu strampeln. Das Gestell mit der Infusionsflasche wackelte. Der Arzt drückte ihn zurück auf die Matratze.
    »Sie sind hier in Sicherheit, Herr Wiesel. Es kann Ihnen nichts mehr passieren. Es ist in Ordnung. Es ist alles in Ordnung.«

11
    Kreuzeder fuhr mit einem Taxi direkt zum Polizeirevier. Als er die Treppe hochgeschlichen kam, beugte sich Becker schon über das Geländer.
    »Wo haben Sie denn so lang gesteckt?«
    »Der Fall Rechenbrunn wird immer mysteriöser.«
    Der Dezernatsleiter wartete auf dem Treppenabsatz, bis sein Untergebener schnaufend bei ihm anlangte. Am Nadelstreifenanzug fehlten inzwischen zwei Knöpfe, einer an der Jacke und einer an der Hose. Das Hemd war schmutzig und hing teilweise heraus. Aber diese Aufmachung passte hervorragend zur Hurrikanfrisur und zum Stoppelbart. Die ganze Gestalt sah inzwischen aus wie nach einer schweren Rauferei.
    »Herr Kreuzeder, Sie haben einen Termin, und ich möcht unbedingt, dass Sie da hingehen. Es geht um Ihre Diensttauglichkeit.«
    »Ich bin da auf einer Spur. Es ist alles ganz furchtbar, aber ich glaub, ich weiß, was dahintersteckt.«
    »Sie brauchen sich gar keine Gedanken mehr machen. Den Fall hat jetzt der Kollege Klotz.«
    »Wo ist denn der Mähdrescher?«
    »Jetzt fangen Sie auch noch damit an? Sollen wir vielleicht eine Scheune mieten, oder was? Das ist doch Blödsinn. Das kriegen wir nie genehmigt. Alles, was ich von Ihnen möcht, ist, dass Sie zu Ihrem Untersuchungstermin gehen.«
    »Da muss ich erst heim und mich waschen und umziehen.«
    »Nein, nein, das passt schon so. Das ist genau richtig. Sie gehen jetzt so, wie Sie sind, in den Ostflügel, dritter Stock, zu Frau Doktor März.«
    Kreuzeder hatte diesen Namen schon öfters gehört. Die Polizisten erzählten sich Witze, Blondinenwitze, in denen sie die Blondine durch die März ersetzten. Sie war erst vor vier Jahren von München nach Passau gekommen, als auch dort ein PSD eingerichtet wurde, ein Polizeilicher Sozialer Dienst, wie das offiziell hieß. Diese Einrichtung sollte sich um gefährdete Polizisten kümmern. Es hatte eine statistisch gesehen viel zu hohe Selbstmordrate bei der Bayerischen Polizei gegeben und auch einige Schießereien, die nicht zu vertuschen waren, sodass das Ministerium schließlich reagieren musste. Es wurde eine Schar von Psychologinnen und Psychologen eingestellt und entsprechende Dienststellen geschaffen, deren Aufgabe es war zu verhindern, dass Polizisten ausrasten und sich oder andere gefährden. Das erstreckte sich von der Untersuchung über die Beratung bis hin zur Therapie. In einzelnen Fällen kam es darüber hinaus zu Überweisungen an externe Therapeuten oder in Fachkliniken. Etliche Polizeibeamte richteten auch ihre Hoffnungen auf die Frau Dr. März, wenn es um ein Attest für eine Frühpensionierung ging.
    Das Vorzimmer des Passauer PSD sollte zur Entspannung einladen. Es standen etliche Blumentöpfe mit Orchideen herum, an der Wand hing ein Kalender mit Bildern von Delfinen. Die Sprechstundenhilfe war in ein Computerspiel vertieft.
    »Grüß Gott. Kreuzeder.«
    »NehmenS’ doch bitt schön Platz. Die Frau Doktor ist grad noch beschäftigt.«
    Sie sah kurz auf, aber dann blieb ihr Blick doch auf dem Mann im Nadelstreif hängen.
    »Sie sind aber schon bei der Polizei?«
    »Kripo. Ich hab einen Termin.«
    Ihr Finger fuhr über den Terminkalender, doch schließlich nickte sie. Aus dem Beratungszimmer drang das laute Schimpfen einer zornigen Männerstimme.
    »Du dreckige Hure! Du gehörst mir! Mir allein! Miststück, verdammtes!«
    Ein schrilles Frauengelächter

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