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Weisser Schrecken

Weisser Schrecken

Titel: Weisser Schrecken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Finn
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aus der tiefsten Provinz. Perchtal ist doch ein Dorf im Berchtesgadener Land, richtig?«
    »Nein!« Andreas verschüttete etwas Wasser. Rasch wischte er die Lache auf dem Pult mit dem Ärmel seines Pullovers auf und bemühte sich um einen versöhnlicheren Tonfall. »Ich meine, ja, Perchtal liegt im Berchtesgadener Land. Aber ich wäre froh, wenn wir das aussparen könnten. Das alles hat in meinem Leben keine Bedeutung mehr. Außerdem, na ja, ich meine, die Sendezeit ist schließlich begrenzt. Ich halte es für besser, wenn wir uns ganz auf meine Arbeit bei Ärzte ohne Grenzen konzentrieren.«
    »Gut, wie Sie möchten.« Mad Mike hob fast unmerklich eine Augenbraue und setzte sich nun wieder den Kopfhörer auf. Mit einer knappen Geste bedeutete er Andreas, es ihm gleichzutun und etwas näher ans Mikro zu rücken. Auf der Studiouhr liefen die letzten zehn Sekunden ab, und im Hintergrund verklang ein Spot, der auf den Nürnberger Christkindlmarkt aufmerksam machte.
    Schon legte Mad Mike wieder los: »Ihr hört Studio 96.10, und am Mikro ist wie immer Mad Mike vom Frühcafe. Wie schon gestern angekündigt, sitzt mir heute ein ganz besonderer Gast gegenüber: Andreas Meyenberg. Andreas ist 31 Jahre alt, Kinderarzt und in dieser Funktion bei Ärzte ohne Grenzen tätig. Andreas, vielleicht geben Sie unseren Hörern einen kurzen Einblick in Ihre Organisation?«
    »Gern.« Andreas rückte etwas näher ans Mikro und hoffte verzweifelt darauf, dass sich sein Herzschlag beruhigte. »Streng genommen arbeite ich für die 1971 gegründete internationale Organisation Médecins sans frontières. In Deutschland ist MSF aber besser unter dem Begriff ›Ärzte ohne Grenzen‹ bekannt. Dabei handelt es sich um eine unabhängige humanitäre Hilfsorganisation, die medizinische Nothilfe in Krisen- und Kriegsgebieten leistet.«
    »Das klingt aufregend.«
    »Auf gewisse Weise ist es das auch. Meine Kollegen und ich sind vorwiegend in Afrika, Asien und Südamerika tätig. Aber auch hier in Europa.«
    »Eine ziemlich gefährliche Arbeit, wie man so hört, richtig?«
    »Das kommt darauf an, wo wir hingeschickt werden. Ich möchte mich da nicht in Einzelheiten verlieren, aber es gibt natürlich Länder, in denen sich die Situation komplizierter gestaltet als in anderen. Somalia etwa, wo wir 2008, nach Mordanschlägen auf Kollegen, unser Projekt in Kismayo schließen mussten.«
    »Mordanschläge? Auf eine humanitäre Organisation wie die Ihre?«
    »Ja, leider.« Andreas seufzte. »In Kriegsregionen geschieht es nicht selten, dass wir von den Konfliktparteien schnell mal als ›Helfer des Feindes‹ betrachtet werden. So auch dort.«
    »Aber Ärzte ohne Grenzen hat sich doch der Neutralität verpflichtet.«
    »Das ist richtig«, antwortete Andreas. »Doch wenn die Rechte von Zivilisten nachweislich mit Füßen getreten werden, dokumentiert Ärzte ohne Grenzen solche Fälle und setzt sich dann sehr wohl für diese Menschen ein. Und genau das passt bestimmten Machthabern eben nicht. Das war auch der Grund«, ereiferte er sich weiter, »warum uns die Regierung in Birma damals nach dem Zyklon behindert hat. Aber wir lassen uns von so etwas nicht entmutigen. Wenn wir an die Menschen denken, denen wir Hilfe leisten können, entschädigt uns das für vieles.«
    »Menschen helfen, genau darum geht es heute!«, kommentierte Mad Mike. »Andreas Meyenberg sitzt mir natürlich nicht grundlos gegenüber. Weihnachten ist bekanntlich die Zeit der Nächstenliebe. Vielleicht überlegt der ein oder andere unserer Hörer ja noch, ob er etwas Sinnvolles verschenken kann? Statt eines Schokonikolausis vielleicht einen Spendenbescheid?«
    »Darüber würde sich Ärzte ohne Grenzen natürlich freuen.« Andreas lächelte. »Uns fehlen jedes Jahr viele hundert Millionen Dollar, um zum Beispiel Mangelernährungen wirksam bekämpfen zu können. Dabei ist Helfen ganz einfach. Auf der Webseite von Ärzte ohne Grenzen findet sich ein Link, der zeigt, wie uns jeder ganz leicht unterstützen kann …«
    »Nicht nur dort«, unterbrach ihn Mad Mike. »Auch auf der Seite von Studio 96.10 findet sich ein Eintrag … Oh, wie ich sehe, blinkt bereits ein Lämpchen, das signalisiert, dass ein Hörer in der Leitung ist.« Mad Mike sah zum Regieraum auf, wo ihm ein Techniker hinter der Scheibe eine Tafel mit der Aufschrift ›Petra‹ hinhielt. Dann drückte er einen Knopf. »Petra, du hast eine Frage an Andreas?«
    »Bin ich jetzt auf Sendung?«, ertönte eine weibliche Stimme, die im

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