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Weit wie das Meer

Weit wie das Meer

Titel: Weit wie das Meer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicholas Sparks
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restauriertes Kapitänshaus am Rand einer Klippe mit Blick auf die Bucht von Cape Cod, und als sie das Haus jetzt in der Ferne erblickte, verlangsamte sie das Tempo. Im Gegensatz zu den anderen Joggern hielt sie nichts vom Endspurt, sondern zog auf den letzten Metern eine gemächlichere Gangart vor. Mit sechsunddreißig erholte sich ihr Körper nicht mehr so schnell wie früher.
    Während ihr Atem langsam zur Ruhe kam, überlegte sie, wie sie den Rest des Tages verbringen sollte. Sie hatte fünf Bücher mitgenommen, Bücher, die sie seit einem Jahr hatte lesen wollen. Es blieb ihr einfach nie genügend Zeit - mit Kevin und seiner unerschöpflichen Energie, mit dem Haushalt und mit all der Arbeit, die sich ständig auf ihrem Schreibtisch stapelte. Als Kolumnistin für die Boston Times war sie, um wöchentlich ihre drei Kolumnen schreiben zu können, unter ständigem Termindruck. Die meisten ihrer Kollegen glaubten, sie würde ihre Artikel über moderne Kindererziehung aus dem Ärmel schütteln - einfach dreihundert Wörter heruntertippen -, doch das war ein Irrtum. Ständig mit etwas Originellem aufzuwarten, war nicht mehr einfach - vor allem wenn sie ihre Artikel an mehrere Zeitungen verkaufen wollte. Ihre Kolumne »›Moderne Kindererziehung‹ erschien bereits in sechzig Zeitungen des Landes, auch wenn die meisten wöchentlich nur eine oder zwei ihrer Kolumnen abdruckten. Und da sie erst seit anderthalb Jahren Angebote der Presseagentur bekam und bei den meisten Zeitungen als Neuling galt, konnte sie sich nicht einmal ein paar ›freie‹ Tage leisten. Der Platz für Kolumnen ist in den meisten Zeitungen äußerst begrenzt, und es gibt Hunderte von Kolumnisten, die sich darum schlagen.
    Theresa verfiel in Schrittempo, blieb schließlich stehen und betrachtete eine Seeschwalbe, die über ihr am Himmel kreiste. Sie wischte sich mit dem Unterarm den Schweiß vom Gesicht, holte tief Luft, hielt den Atem einen Augenblick an und atmete langsam wieder aus. Dann blickte sie aufs Meer. Da es früh war, lag noch dichter Nebel über dem Wasser, doch das würde sich rasch ändern, sobald die Sonne etwas höher stand. Es sah verlockend aus. Nach einer Weile zog sie Schuhe und Socken aus, lief an den Rand des Wassers und ließ die winzigen Wellen über ihre nackten Füße schwappen. Das Wasser war erfrischend, und sie watete ein paar Minuten hin und her. Plötzlich war sie froh, daß sie sich in den letzten Monaten die Zeit genommen hatte, mehrere zusätzliche Kolumnen zu schreiben, so daß sie ihre Arbeit diese Woche würde vergessen können. Sie konnte sich gar nicht mehr erinnern, wann sie sich das letzte Mal nicht in Reichweite ihres Computers befunden und keine drängenden Termine gehabt hatte, und so war sie glücklich, eine Weile ihrem Schreibtisch fernbleiben zu können. Es war fast, als hätte sie ihr Leben wieder in der Hand und könne noch einmal von vorne beginnen.
    Zugegeben, es gab eine Menge Dinge, die sie zu Hause hätte erledigen müssen. Das Badezimmer hätte längst neu tapeziert und renoviert werden müssen, es gab eine Unmenge Löcher von Nägeln in den Wänden, die man zuspachteln mußte, und die ganze Wohnung gehörte gestrichen. Vor zwei Monaten hatte sie Tapete und Wandfarbe, Handtuchhalter, Türklinken, einen neuen Spiegel und das nötige Werkzeug gekauft, aber sie hatte die Schachteln nicht einmal geöffnet. Das war etwas, das immer auf das nächste Wochenende verschoben werden konnte, obwohl die Wochenenden oft genauso mit Arbeit ausgefüllt waren wie die Werktage. Die gekauften Sachen steckten noch immer in ihren Einkaufstüten gleich hinter dem Staubsauger, und jedesmal, wenn sie den Besenschrank öffnete, schienen sie sich über ihre guten Vorsätze lustig zu machen. Vielleicht, wenn sie von ihrem Urlaub zurückkam…
    Theresa ließ den Blick schweifen und bemerkte einen Mann, der ein Stück von ihr entfernt am Strand stand. Er war älter als sie, so um die Fünfzig, und sein Gesicht war braungebrannt, so als lebte er das ganze Jahr über hier. Er rührte sich nicht vom Fleck, stand nur da und ließ das Wasser seine Beine umspülen. Theresa bemerkte, daß er die Augen geschlossen hielt, als wolle er die Schönheit der Welt genießen, ohne sie zu sehen. Er trug ausgeblichene Jeans, die bis zu den Knien hochgekrempelt waren, und ein Hemd, das salopp über der Hose hing. Während sie ihn so beobachtete, wünschte sie plötzlich, ein anderer Mensch zu sein. Wie mochte es sein, über den Strand zu

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