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Weizenwampe

Weizenwampe

Titel: Weizenwampe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Davis
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freuen, dass ihr Rat, mehr »gesundes Vollkorn« zu essen, bei der Bevölkerung ankommt.
    Warum also wendet sich diese scheinbar so wohltätige Pflanze, die den Menschen über Generationen hinweg ernährt hat, plötzlich gegen uns?
    Zum einen ist der moderne Weizen nicht das gleiche Korn, das unsere Vorfahren zum täglichen Brot vermahlen haben. Die natürliche Evolution hat den Weizen über Jahrhunderte nur geringfügig verändert, erst in den letzten 50 Jahren gab es unter dem Einfluss von Agrarwissenschaftlern dramatische Veränderungen. Bestimmte Weizenarten wurden hybridisiert. Es entstanden neue Kreuzungen und Zuchtformen, die den Weizen gegen Umwelteinflüsse wie Dürre oder Pilze resistent machen sollten. Am augenfälligsten jedoch war die Ertragssteigerung pro Hektar, die in Nordamerika mittlerweile zehnmal so hoch ist wie vor 100 Jahren. Solche enormen Ertragszuwächse waren nur durch massive Eingriffe in das genetische Erbe der Pflanze möglich und haben die stolzen, goldenen Ähren der Vergangenheit auf den starren, ertragreichen Zwergweizen von heute verkürzt. Diese fundamentalen genetischen Veränderungen hatten jedoch ihren Preis.
    Seit dem Zweiten Weltkrieg hat der Weizen sich erheblich verändert. Fortschritte in der Genetik haben es dem Menschen ermöglicht, die Züchtung, die früher jährlich stattfand, extrem zu beschleunigen. Das genetische Rüstzeug unseres unschuldigen Croissants unterliegt damit einem evolutionären Beschleunigungsprozess, neben dem wir einem Frühmenschen gleichen, der irgendwo im Pleistozän stecken geblieben ist.
    Vom Frühstücksbrei zum Cerealien-Kringel
    »Unser tägliches Brot gib uns heute.«
    Es steht schon in der Bibel. Im Deuteronomium 8 beschreibt Moses das Gelobte Land als ein Land, in dem Weizen, Gerste und Weinstöcke wachsen. Brot ist ein zentraler Bestandteil der großen monotheistischen Religionen. Die Juden erinnern beim Passah-Fest mit ungesäuertem Brot an die Flucht der Israeliten aus Ägypten. Die Christen essen beim Abendmahl Hostien oder Brotstückchen als Symbol für den Leib Christi. Für die Muslime ist ungesäuertes Naan heilig, sollte aufrecht stehend gelagert und niemals öffentlich weggeworfen werden. In der Bibel steht das Brot metaphorisch für eine reiche Ernte, eine Zeit der Fülle und die Freiheit von Hunger, ja sogar für das Heil selbst.
    Brechen wir nicht mit Freunden und Familie das Brot? »Den Brotkorb höher zu hängen« gilt als Strafe, und als den Eltern das Brot ausgeht, werden Hänsel und Gretel von ihnen im Wald ausgesetzt. Brot ist in fast allen Kulturen ein zentraler Bestandteil der Ernährung, bei den Indern als Chapati , bei den Griechen als Tsoureki , im Nahen Osten als Pita , in Dänemark als Aebleskiver , in Birma in Form von Naan Bya zum Frühstück und in den USA zu jeder Tageszeit als süßer Donut.
    Die Vorstellung, dass ein derart tief in unserer Kultur verankertes Lebensmittel schlecht für uns sein sollte, ist zumindest irritierend und widerspricht den überlieferten Vorstellungen von Weizen und Brot. Doch unser heutiges Brot hat ohnehin kaum noch Ähnlichkeit mit dem, was unsere Vorfahren aus dem Ofen zogen. So wie ein moderner Cabernet Sauvignon sich himmelweit von dem unterscheidet, was die Georgier im vierten Jahrhundert vor Christus in Weinurnen vergruben, hat sich auch der Weizen verändert. Brot und andere weizenhaltige Lebensmittel haben die Menschheit über Jahrhunderte hinweg ernährt, aber der Weizen unserer Vorfahren war nicht der moderne, kommerzielle Weizen, der bei fast jeder Mahlzeit auf unserem Teller landet. Aus dem Wildgras, das die ersten Menschen ernteten, haben sich über 25.000 verschiedene Weizensorten entwickelt, praktisch alle durch das Eingreifen des Menschen.
    Gegen Ende des Pleistozäns, um 8600 vor Christus, also Jahrtausende vor dem Aufkommen von Judentum, Christentum, Islam und vor den Reichen der Ägypter, Griechen und Römer, lebte im Bereich des »fruchtbaren Halbmonds« (in der Gegend des heutigen Syrien, Jordanien, Libanon, Israel und Irak) das halbnomadische Volk der Natufien-Kultur, das neben dem Jagen und Sammeln auch gezielt einheimische Pflanzen kultivierte. Man erntete Einkorn, die Urform des modernen Weizens, auf den wilden Grasflächen der Ebenen. Fleischmahlzeiten von Gazellen, Wildschweinen, Geflügel und Steinbock wurden durch Gerichte aus Wildgetreide und Früchten abgerundet. Ausgrabungen wie die der Siedlung von Tell Abu Hureyra im heutigen Zentralsyrien deuten

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