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Weizenwampe

Weizenwampe

Titel: Weizenwampe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Davis
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die ihn auf der Mayflower mitbrachten.
    Und so ging es weiter mit der allmählichen Ausbreitung der Weizenpflanzen, bei der die Evolution nur langsam und in kleinen Schritten verlief.
    Einkorn, Emmer und die übrigen wilden und kultivierten Sorten des Weichweizens wurden von Tausenden moderner Züchtungen, aber auch durch Hartweizen (Triticum durum) für Pasta und sehr feinen Weizen für Kuchenmehl (Triticum compactum) ersetzt. Die ursprünglichen Weizenvorläufer sind in wenigen Enklaven noch wild zu finden oder haben sich an einzelnen Anbauorten im Nahen Osten, in Südfrankreich und in Norditalien erhalten. Dank moderner Zuchtformen sind die heutigen Weizensorten Hunderte, wenn nicht Tausende von Genen vom natürlich wachsenden Einkorn entfernt.

    Der echte Weizen
    Was für Weizen wurde vor 10.000 Jahren angebaut und zunächst von Hand von wilden Feldern geerntet? Diese einfache Frage führte mich in den Nahen Osten; zu fahren brauchte ich allerdings nur bis zu einem kleinen Biohof in Westmassachussetts.
    Dort lernte ich Elisheva Rogosa kennen. Eli unterrichtet nicht nur Naturwissenschaften, sondern ist auch Biobäuerin, Fürsprecherin der nachhaltigen Landwirtschaft und Gründerin der Organisation Heritage Wheat Conservancy (www.growseed.org), die sich der Erhaltung alter Feldfrüchte verschrieben hat und diese nach biologischen Prinzipien anbaut. Nach zehn Jahren im Nahen Osten, wo Eli für das jordanische, israelische und palästinensische Genbank-Projekt fast ausgestorbene alte Weizensorten aufstöberte, kehrte sie mit Samen in die USA zurück, die vom Originalweizen der alten Ägypter und Kanaaniter abstammten. Seither widmet sie sich der Kultivierung alter Getreidesorten, von denen sich schon ihre Vorfahren ernährten.
    Mein Kontakt mit Elisheva Rogosa begann mit einem Mailwechsel, nachdem ich sie um ein Kilo Einkorn gebeten hatte. Daraufhin klärte sie mich auf, was für ein einzigartiges Getreide sie hätte – nicht einfach irgendeine alte Weizensorte. Eli beschrieb den Geschmack von Einkornbrot als »aromatisch, unaufdringlich und zugleich herzhaft«, ganz anders als modernes Weizenbrot, das ihrer Ansicht nach pappig schmeckt.
    Eli sträubt sich vehement gegen die These, Weizenprodukte als ungesund zu betrachten, und schiebt gesundheitliche Probleme durch Weizen auf die ertragssteigernden, profitorientierten Landwirtschaftsmethoden der letzten Jahrzehnte. Sie sieht Einkorn und Emmer als eine mögliche Lösung an und erhält die alten Sorten unter biologischen Bedingungen, um damit eines Tages den industriellen Weizenanbau ablösen zu können.

    Heutiger Weizen ist darauf gezüchtet, größere Erträge zu erbringen und für Krankheiten, Dürre und Hitze möglichst wenig anfällig zu sein. Die jüngsten Eingriffe gehen so weit, dass moderne Sorten ohne menschliche Unterstützung wie Nitratdünger und Pestizide in der Wildnis nicht mehr überlebensfähig wären. 3 (Stellen Sie sich diese bizarre Situation einmal in der Welt der Haustiere vor: ein Tier, das nur mit menschlicher Hilfe, zum Beispiel einem bestimmten Futter, überleben könnte.)
    Die Unterschiede zwischen dem Weizen der Natufien-Kultur und dem, was wir heutzutage unter Saatweizen oder Brotweizen verstehen, sind mit bloßem Auge erkennbar: Bei Einkorn und Emmer hängen die Samen fest eingehüllt direkt am Halm. Der moderne Weizen hingegen ist »nackt«, das heißt, die Körner lösen sich leichter von der Ähre, was das Dreschen (das Lösen der essbaren Körner von der unverdaulichen Hülse) wesentlich erleichtert und auf Mutationen der Gene Q und Tg zurückgeht. 4 Andere Unterschiede sind noch offensichtlicher. Der moderne Weizen ist deutlich kürzer. Romantische Vorstellungen von hohen Weizenfeldern, die weich im Wind wogten, wichen Zwergweizen und halbhohen Sorten, die allenfalls noch 30 bis 60 Zentimeter hoch werden. Auch das dient der Ertragssteigerung.
    Die Kleinsten werden die Größten sein?
    Solange der Mensch Ackerbau betreibt, ringen die Bauern um bessere Ernten. Eine Frau mit einer Mitgift aus mehreren Morgen Ackerland zu heiraten war in vielen Kulturen eine wichtige Methode, die Erntemenge zu erhöhen. Oft zählten auch einige Ziegen oder ein Sack Reis zur Morgengabe. Im 20. Jahrhundert mechanisierte man die Landwirtschaft. Die Kraft von Mensch und Tier wurde durch Maschineneinsatz abgelöst, die zugleich die Produktivität und den Ertrag pro Hektar steigerte. In Amerika wie auch in Deutschland konnte der Getreidebedarf in der Regel

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