Wellentraum
entfernt stehen. »Ihre Freunde sind weg. Sie haben sie verpasst.«
Sie neigte den Kopf und beobachtete ihn aus großen, dunklen, weit auseinanderstehenden Augen. »Das sind nicht meine Freunde.«
»Wahrscheinlich nicht«, pflichtete er ihr bei. »Schließlich sind sie ohne Sie gegangen.«
Sie lächelte. Ihre Lippen waren weich und voll, ihre Zähne weiß und leicht zugespitzt. »Ich meinte, dass ich sie nicht kenne. Sie sind sehr … jung, nicht wahr?«
Er richtete den Blick auf ihr Gesicht und versuchte erneut, ihr Alter zu schätzen. Ihre Haut war so zart wie die eines Babys, glatt und gut gepflegt. Kein Make-up. Keine sichtbaren Piercings oder Tattoos. Nicht einmal Sonnenbräune.
»Wie alt sind Sie?«
Ihr Lächeln wurde breiter. »Älter, als ich aussehe.«
Er widerstand dem Drang zurückzulächeln. Sie konnte durchaus über dem für den Konsum von Alkohol gesetzlich vorgeschriebenen Mindestalter liegen – also doch nicht minderjährig. In diesen Augen lauerte ein vollkommen erwachsenes Bewusstsein, und ihr Lächeln wirkte wissend. Aber er war lange genug auf den Straßen von Portland unterwegs gewesen, um die Schwierigkeiten zu kennen, auf die sich ein Bulle einließ, wenn er einer hübschen Frau eine Chance gab. »Kann ich bitte Ihren Führerschein sehen?«
Sie blinzelte langsam. »Meinen …«
»Ausweis«, blaffte er. »Haben Sie ihn dabei?«
»Ach so. Nein. Mir war nicht klar, dass ich ihn brauchen würde.«
Er betrachtete ihr feuchtes Haar, das Handtuch, das sie um die Hüften trug. Wenn sie zum Strand gekommen war, um zu schwimmen … Okay, niemand ging im Mai schwimmen, außer Dummköpfen und Touristen. Aber selbst wenn sie nur einen Spaziergang machte, konnte ihre Geschichte stimmen. »Wohnen Sie in der Nähe?«
Ihr dunkler Blick wanderte über seinen Körper. Sie nickte. »Ja, ich denke, das werde ich … tue ich«, korrigierte sie sich.
Er schwitzte wieder, und diesmal kam es nicht von der nervlichen Anspannung. Seine Gefühle waren lange Zeit auf Eis gelegen, aber das träge Brennen des Verlangens erkannte er noch immer.
»Adresse?«, fragte er barsch.
»Ich kann mich nicht erinnern.« Sie lächelte schon wieder betörend und sah ihm direkt in die Augen. »Ich bin eben erst angekommen.«
Er weigerte sich, sich betören zu lassen. Aber die Anziehung, die er spürte, tief unten in seinem Bauch, konnte er nicht leugnen. »Name?«
»Margred.«
Mar-gred.
Das klang fremd. Es gefiel ihm irgendwie.
Er hob die Augenbrauen. »Nur Margred?«
»Margaret, glaube ich, würde man hier sagen.«
»Nachname?«
Sie kam einen Schritt näher, wobei alles unter ihrem Pullover in Schwingung geriet.
Hallo, ihr Brüste.
»Brauchen Sie einen?«
Er konnte nicht mehr denken. Er konnte sich nicht erinnern, wann er jemals so abgelenkt und erregt gewesen war, seit er in der siebten Klasse in Englisch hinter Susanna Colburn gesessen und die meiste Zeit des Unterrichts über einen Ständer gehabt hatte. Etwas in ihrer Stimme … ihren Augen … Es war sonderbar.
»Für den Fall, dass ich zu Ihnen Verbindung aufnehmen muss«, sagte er.
»Das wäre schön.«
Er starrte auf ihren Mund. Ihren breiten, feuchten, volllippigen Mund. »Was?«
»Wenn Sie Verbindung zu mir aufnehmen müssten. Ich will, dass Sie Verbindung zu mir aufnehmen.«
Er fuhr zurück. »Was?«
Sie sah überrascht aus. »Ist es nicht das, was Sie wollen?«
Doch.
»Nein.«
Verdammt.
Caleb war frustriert, zutiefst enttäuscht von sich selbst und ihr. Er wusste, dass ein Haufen Frauen es auf Polizisten abgesehen hatte – Bullenluder. Einige dachten wohl, dass sie sich mit Sex aus Schwierigkeiten oder von einem Strafzettel freikaufen konnten. Andere wiederum standen einfach auf Uniformen oder Handschellen.
Er hatte sie für keine von ihnen gehalten.
»Oh.« Ihr Blick ruhte gedankenverloren auf ihm.
Seine Bauchmuskeln zogen sich zusammen.
Und dann lächelte sie. »Sie lügen«, sagte sie.
Ja, das tat er.
Er zuckte mit den Schultern. »Nur weil ich« –
geil, heiß, hart
– »interessiert bin, heißt das nicht, dass ich mich auch danach verhalten muss.«
Sie legte den Kopf schief. »Warum nicht?«
Er stieß heftig den Atem aus. Es war ein Laut zwischen Lachen und Stöhnen. »Zunächst mal, weil ich Polizist bin.«
»Haben Polizisten keinen Sex?«
Er konnte nicht glauben, dass sie dieses Gespräch führten. »Nicht im Dienst.«
Was meistens zutraf. Jedenfalls bei ihm. Er war horizontal nicht mehr tätig gewesen seit …
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