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WeltenSpiel

WeltenSpiel

Titel: WeltenSpiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Schreiner
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Handbuch. „317, soziales Ungleichgewicht nimmt bedrohliches Ausmaß an, bitte beheben“, las er leise. Wütend knallte er das Handbuch auf den Tisch. „Toll, aber wie? Bloß nichts dazu schreiben!“
    Er klickte den Button an, auf dem groß „Suche“ stand. Der Rechner arbeitete einige Sekunden, dann kam das Ergebnis: „Suchanfrage erfolglos, bitte versuchen sie es mit anderen Worten.“
    Mit einem verbissenen Gesichtsausdruck tippte er: „Fehlermeldung 317“ in das Hilfe-Dialogfeld.
    Eine Sanduhr erschien auf dem Bildschirm und der Sand verrann gemeinsam mit der Zeit, bis erneut das Ergebnis: „Suchanfrage erfolglos, bitte versuchen sie es mit anderen Worten“ erschien.
    „ Ich verstehe das einfach nicht!“, beschloss der Junge und wirkte als wolle er am liebsten auf die Tastatur einschlagen. Stattdessen klickte er auf das große Fragezeichen in der offenen Kommunikationsleiste. Nichts geschah. Dann endlich öffnete sich ein Dialogfeld mit Hilfsangeboten: „Haben Sie Fragen zur Bedienung Ihres Handbuches? Zum Handbuch.“ Er wählte „Hauptmenü“, dann weiterführend „Lebewesen“.
    Bei der nächsten Unterteilung stutzte er einen Moment und betrachtete die Optionen: „Wasserwesen. Erdwesen. Leben im Allgemeinen. Leben im Großen und Ganzen.“
    Verunsichert über die vielen Möglichkeiten die ihm angeboten wurden, um zu einer eventuell richtigen Antwort zu gelangen, wählte er Erdwesen. Eine weitere Leiste wurde geöffnet. „Insekten, Vierfüßer, Zweifüßer, Sechsfüßer, Kaltblüter, Warmblüter“.
    Er wählte „Zweibeiner“, dann „Menschen“. In der Unterkategorie „Soziales Verhalten“ ließ er den Pfeil langsam nach unten wandert, von „Anarchie“ über „Demokratie“ bis zu „Kommunismus“, wo er verharrte.
    „ Ich verstehe das nicht“, murmelte er noch einmal.
    „ Was verstehst du nicht, Schatz?“, fragte die Mutter von der anderen Seite des Raumes geistesabwesend.
    „ Nichts, Mama!“, antwortete der Junge mindestens ebenso abwesend. Nichtsdestotrotz näherte sich die mütterliche Glucke und strich ihm über die Haare. „Du sitzt den ganzen Tag vor dem Ding, willst du nicht mal nach Draußen und mit den anderen Spielen?“
    Er schüttelte den Kopf und so auch die Hand seiner Mutter ab.
    „ Wie lange sitzt du schon vor dem Ding?“
    „ Ach Mama!“, tadelte er. „Fang doch nicht wieder damit an.
    Seit sie ihm dieses Spiel – eigentlich nur eine Belage zu einem Comic – gekauft hatte, regte sie sich darüber auf, dass sie ihre € 1,60 gut angelegt und ihn beschäftigt hatte.
    „ Sammael, Baal und die anderen spielen bei dem schönen Wetter lieber Draußen!“.
    „ Ich muss hier ein Problem lösen, die nicht!“, kommentierte ihr Sohn verbissen.
    Sie seufzte schicksalsergeben, betrachtete den Bildschirm und las die Optionen. „Hast du schon Kommunismus ausprobiert?“
    Der Junge ließ einen frustrierten Seufzer hören. „Ja, aber erst in wenigen Ländern. Ich wollte es erst einmal testen, bevor ich alles kaputt mache.“
    Die Mutter beugte sich vor, um einen Blick auf die Miniaturansicht der Erde zu erhaschen. „Was ist passiert?“
    Der Kleine ließ ein gekünsteltes Husten hören. „Glaub mir, du willst es gar nicht wissen.“
    Sie strich ihm über den Kopf.
    „ Klang aber vom Ansatz her gut.“
    „ Ich weiß. Ich bin auch drauf reingefallen.“ Er schenkte ihr ein Grinsen.
    „ Und was ist damit?“ Sie deutete auf ein Symbol in der Anzeigenleiste.
    „ Mama, ich kann das alleine!“, behauptete der Junge mit fester Stimme. Wie sollte er ihr auch seine Entscheidungen der letzten Monate in einer Kurzversion erklären?
    „ Ja, das sehe ich!“, tadelte seine Mutter abwertend.
    „ Mama! Sodom und Gomorra habe ich auch wieder hinbekommen – und die waren deine Idee.“
    „ Hinbekommen?“ Sie rümpfte die Nase. „Du meinst, du hast sie kaputt gemacht.“
    „ Gelöscht!“, korrigierte er.
    „ Und was war mit Eden?“ Ein leiser tadelnder Unterton hatte sich in ihre Stimme eingeschlichen.
    „ Was soll mit Eden gewesen sein?“ Er runzelte die Stirn, während er versuchte ihre Gedanken im Voraus zu erraten.
    Sie sniefte. „Ich fand Eden schön!“
    „ Eden war schön!“, gestand er ihr geistesabwesend zu, immer noch nicht wissend, worauf sie hinauswollte.
    „ Und warum hast du es dann kaputt gemacht?“ Jetzt war ihre Stimme sanft. Tadelnd, ein wenig enttäuscht, aber sanft. Er sah erstaunt auf. „Ich habe es nicht kaputt gemacht, das waren die

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