Weltraumpartisanen 03. Unternehmen Delphin
seinerseits das Wort erhielt, blieb er dem Ankläger an Härte und Deutlichkeit nichts schuldig. Er wiederholte seinen alten Vorwurf: Ich hätte zur Rettung des Commanders nicht mein Möglichstes getan und wäre aus diesem Grund als diensttuender Commander moralisch nicht mehr tragbar.
»Nun, mit der Moral ist das so eine Sache«, sagte Captain Danielson. »Haben Sie irgendeinen Anhaltspunkt dafür, daß Delta VII – die Besatzung eingeschlossen – nicht schwer oder gar vernichtend getroffen worden wäre, wenn Captain Monnier die Schleuse noch einmal aufgefahren hätte?«
»Nein«, sagte Stroganow. »Alles, was ich hierzu sagen konnte, ist: Ich hätte dieses Risiko auf mich genommen.«
Daran zu zweifeln, bestand kein Grund. So wie er da stand, mußte man es ihm glauben. Ich selbst war davon überzeugt.
»Aha«, sagte Captain Danielson, »Sie geben also zu, daß die Gefahr für das Schiff groß gewesen ist. Trotzdem versuchen Sie aus mir unerfindlichen Gründen, Captain Monnier einen moralischen Strick zu drehen.«
Stroganow lief rot an. »Sir«, sagte er, nur noch mühsam beherrscht, »fragen Sie den Captain doch, in welchem persönlichen Verhältnis er zum Commander stand!«
In der Stille, die auf diese Worte folgte, hörte man deutlich ein unterdrücktes Aufschluchzen. Es kam aus der Richtung, in der ich Ruth O‘Hara wußte.
Stroganow war vorgestoßen zum Kern der Angelegenheit.
Der Verteidiger machte sich eifrig Notizen.
Captain Danielson fing den Gegenangriff mühelos ab. »Ich glaube nicht, daß eine solche Erörterung zum Thema gehört, Lieutenant«, erwiderte er kühl. »Bis jetzt sind Sie, so stelle ich fest, nicht in der Lage gewesen, etwas Belastendes gegen den Captain vorzubringen, was zugleich Ihrer eigenen Entlastung dienlich gewesen wäre.«
Der Apollo-Kommandant setzte das Kreuzverhör noch eine Weile fort, und als er schließlich das Feld dem Verteidiger räumte, stand die Schwäche von Lieutenant Stroganows Position fest. Nur ein Wunder konnte ihn noch retten.
Der Verteidiger bat mich nach vorn, und in aller wesentlichen Kürze schilderte ich dem Gericht meine Version der Ereignisse. Der Verteidiger tat alles, um mich in eine Falle zu manövrieren, aber ich hielt ihm Commander Brandis‘ eindeutigen Befehl entgegen, der mich zum sofortigen Start verpflichtet hatte.
Ibaka, in den Zeugenstand gerufen, mußte die Existenz dieses Befehles widerstrebend bestätigen.
»Also gut«, sagte Dr. Varchetta, der Verteidiger, »setzen wir voraus, daß ein solcher Befehl vorgelegen hat. Andererseits weiß man, daß veränderte Situationen veränderte Entschlüsse erforderlich machen. Die Frage, die sich hier erhebt, lautet: War Captain Monnier, nachdem das Kommando auf ihn übergegangen war, infolge der veränderten Situation noch an diesen Befehl gebunden? Wie hätte sich Commander Brandis Ihrer Erfahrung nach in der geschilderten Lage verhalten?«
Ibaka hob die Schultern. »Ich weiß es nicht, Sir. Er hätte sich etwas einfallen lassen, so oder so.«
Der Verteidiger nahm seine letzte Chance wahr. »Wollen Sie damit sagen, daß er diesen Mann da unten nicht seinem Schicksal überlassen hätte?«
»Ja«, bestätigte Ibaka, »ja, das will ich damit sagen.«
Der Verteidiger trat ab. Immerhin hatte er einen Pluspunkt verbuchen können.
Captain Danielson stand auf. »Lieutenant Ibaka«, sagte er, »in diesem Zusammenhang möchte auch ich eine Frage an Sie richten. Sagen Sie, trifft es zu, daß sich am Tage zuvor Delta VII schon einmal in einer vergleichbaren Situation befunden hat? Wenn ich richtig informiert bin, waren Sie damals gerade außenbords mit einer Reparatur beschäftigt.«
»Ja«, sagte Ibaka, »das ist wahr.«
»Und welchen Befehl«, fragte Captain Danielson mitleidlos, »hat Commander Brandis gegeben, als er feststellen mußte, daß das Schiff in Gefahr war, ohne darauf Rücksicht zu nehmen, daß Sie nicht in der Lage waren, in das Cockpit zurückzukehren, weil sich Ihr Anzug verhakt hatte?«
Ibaka senkte den Kopf. »Er ... er gab Befehl zu starten, Sir.«
Alles andere ging mich nichts an. Die Verteidigung stand mit leeren Händen da. Ich lehnte mich zurück und schloß die Augen, während der Apollo-Kommandant seinen Antrag begründete, Lieutenant Stroganow wegen vollendeter Meuterei zur Höchststrafe zu verurteilen und zugleich die Anklage auf Lieutenant Ibaka auszudehnen.
Das Verfahren hatte keine Klarheit geschaffen, jedenfalls nicht jene Klarheit, um die es letztlich ging.
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