Weltraumpartisanen 03. Unternehmen Delphin
seine Treibstoffvorräte zu ergänzen. Eine Stunde später hob er wieder ab. Es bestand kein Grund, ihn zurückzuhalten. Delta VII war von allen Seiten von Gerüsten umschlossen; selbst ihre eigenen Konstrukteure hätten sie nicht erkannt.
Der Bartender erzählte mir, daß er ursprünglich Professor für alte europäische Sprachen an einer Berliner Universität gewesen war, den Grund für seine Verhaftung und Deportation hatte er nie erfahren. Nach seiner Befreiung hatte man ihm, um das gewohnte Bild von INTERPLANAR XII zu vervollständigen, dieses Amt zugeteilt. Er sagte auch, daß er die Tage zählte, die den General noch von seinem Sturz trennten, und ich hatte nicht den Mut, ihm zu antworten, daß bis dahin wohl noch viele, viele Kalenderblätter fallen würden.
Dann fiel mir ein, daß vorher wohl die VOR – so wie die Dinge jetzt lagen – den angekündigten Präventivschlag führen würden, und ich bestellte ein weiteres Bier, um es gewissermaßen in philosophischer Betrachtung des unabwendbaren Weltunterganges zu leeren. Ich war gewiß, daß ich nicht zu denjenigen gehören würde, die ihn überlebten. Die beste Chance, mit dem Leben davonzukommen, hatte sicherlich der General selbst. Sein Befehlsbunker reichte bis zu zehn Kilometer tief in die Erde.
Der Bartender, der eigentlich Professor war, sagte: »In den alten Schriften, mit denen ich mich zwangsläufig beschäftigen muß, tauchen immer wieder erstaunliche Parallelen zur Gegenwart auf. Nehmen Sie nur die Zweiteilung der Welt! Das hat es vor hundert Jahren schon einmal gegeben, nur daß damals die treibende Kraft die verschiedenen Ideologien gewesen sind. In gewisser Weise handelte es sich um die letzte große Regung des Klassenkampfes. Heute leben wir in einer Konfliktsituation der Kulturen, jener, die ihre Wiege in Europa gehabt hat, und der asiatischen. Das Erstaunliche an dieser Tatsache freilich ist, daß sich beide Kulturen mittlerweile so ähnlich geworden sind, daß man sie gegeneinander austauschen könnte ...«
Ich war schon entschlossen, mein Bier zu nehmen und mich anderswo hinzubegeben, um mir nicht länger seine Theorien mitanhören zu müssen, als Iris und Captain Danielson erschienen.
»Captain«, sagte Iris, »ich muß Sie sprechen.«
Ich stellte mein Bier hin. »Und in welcher Angelegenheit?«
Iris machte auf mich einen bedrückten, unglücklichen Eindruck. »Ich werde ein Verfahren gegen Lieutenant Stroganow einleiten müssen«, sagte sie. »Er hat es selbst beantragt.«
Ich war ernstlich überrascht. »Gegen Stroganow? Wieso?«
Captain Danielson nickte zustimmend. »So ist es üblich, wenn es um den Artikel 103 geht. Nicht Sie, sondern er muß sich rechtfertigen. Und er muß mit Beweisen aufwarten. Aber machen Sie sich nichts vor, Monnier. Er hat einen gelernten Advokaten zum Verteidiger. Der wird Sie, um Lieutenant Stroganow zu rehabilitieren, auseinandernehmen!«
Mochte er das tun! Wichtig war nur, daß nicht meine Laufbahn in Frage gestellt war. Meine niedergedrückte Stimmung verflog. »Und was kann ich für Sie in dieser Sache tun?« fragte ich.
»Captain Danielson«, sagte Iris, »ist von mir damit beauftragt worden, die Anklage gegen Lieutenant Stroganow auszuarbeiten.«
Captain Danielson hob die Schultern. »Jemand muß es schließlich tun, und ich verstehe zufällig etwas von der Sache.« Er legte mir eine Hand auf die Schulter. »Jetzt möchte ich gern Ihre Version der Ereignisse hören, Monnier.«
Die Situation hatte sich eindeutig zu meinen Gunsten gewendet, aber noch zögerte ich, Captain Danielsons Wunsch zu erfüllen.
»Eine Frage zuvor!« sagte ich. »Wie würde das Urteil gegen den Lieutenant ausfallen?«
Captain Danielson und Iris tauschten einen raschen Blick. »Wir sind übereingekommen«, sagte Iris schließlich, »dieses Verfahren nach dem geltenden Kriegsrecht der EAAU durchzuführen. Delta VII befand sich, das darf nicht außer acht gelassen werden, in einem bewaffneten Einsatz, als es zu diesem Zwischenfall kam. Das bedeutet: Kommt es zu einem Freispruch des Lieutenants, so ist Ihre Stellung als Pilot ernstlich gefährdet.«
Captain Danielson nickte. »Das wäre die Konsequenz, Monnier. Wenn Lieutenant Stroganow freigesprochen wird, kommt es zu einem Anschlußverfahren, und diesmal werden Sie der Angeklagte sein. In gewisser Weise geht es also schon beim ersten Mal um Ihren Kopf.«
Zu diesem zweiten Verfahren, dessen war ich gewiß, würde es nicht kommen. Mein Augenblick der Feigheit war
Weitere Kostenlose Bücher