Weltraumpartisanen 19: Astropolis
allem die mit Voraussetzungen zum Überleben überschriebene Unsterblichkeits-Theorie –, streifte Harris nur mit einem Seitenhieb: »Wenn wir die monströse Lösung des Wachstumsproblems mittels der Tarassenkoschen Spritze außer acht lassen, meine Damen und Herren, dann bleibt uns als rettender Ausweg heute einzig und allein die organisierte Auswanderung in die weiten Gefilde des solaren Raumes. Dies und nichts anderes haben wir unter dem Projekt Astropolis zu verstehen.«
Auf der Projektionswand leuchteten die ersten Bilder auf: PL 01 Astropolis im Bau.
John Harris fuhr fort: »In den letzten Jahren ist viel dummes Zeug über das Projekt geschrieben worden. Was von uns geplant worden ist, ist dies: In einem Raumbereich, der günstige Sonnenkonstellation gewährleistet, wird in den kommenden Jahren in Form eines künstlichen Planetenkranzes eine Heimstatt für rund 20 Millionen Menschen entstehen.« Harris hob die Stimme. »Zunächst für 20 Millionen! Entscheidend ist: Das ganze Projekt ist auf Zuwachs ausgelegt. Es gibt keine Begrenzung nach oben hin.«
Neue Bilder sprangen ein: Die kugelförmige Gestalt von Astropolis war bereits erkennbar.
»Nun, am Anfang jeglicher Kolonisation steht der erste Schritt«, sagte Harris. »Unser erster Schritt ist PL 01 Astropolis – und wenn Sie mich nun fragen, ob das noch ein Raumschiff ist, das zufällig Kugelgestalt angenommen hat, oder bereits ein autonomer künstlicher Planet mit eigenem Antrieb, dann fällt mir die Antwort schwer.«
Das Gelächter wies aus, daß Harris’ trockener Witz angekommen war.
Harris wurde erneut sachlich.
»Wenn Sie sich recht entsinnen, meine Damen und Herren, hat es vor Ausbruch des 3. Weltkrieges schon einmal – unter der Bezeichnung Pilgrim 2000 – ein vergleichbares Projekt gegeben. In gewisser Weise stellt Astropolis eine Fortentwicklung davon dar – unter Verzicht auf die damals gemachten Fehler. So wird Astropolis auch nach dem Start ein Teil unserer irdischen Zivilisation bleiben – wenn auch in Form eines sich selbst regierenden Staatswesens, an dessen Spitze ein Präsident steht.« Harris legte eine Pause ein, dann verkündete er: »Meine Damen und Herren, ich darf Ihnen bekanntgeben, daß der erste Präsident von Astropolis niemand anders ist als Andrew Wilson, der geistige Vater des Projekts.«
Beifall brandete auf. Harris winkte ab.
»Kommen wir nun zu den technischen Einzelheiten …«
Das nächste Bild zeigte Astropolis als Miniatur-Erde: eine bläulich schimmernde Kugel vor dem schwarzen Samt der Unendlichkeit.
»Die Frage, die uns – ich will es nicht leugnen – am meisten Kopfzerbrechen bereitet hat, lautete: Wie bringt man eine Kugel von 113 Kilometern Durchmesser, auf der sich – wie Ihnen das Bild zeigt – landwirtschaftliche Produktionsflächen ebenso befinden wie industrielle Anlagen, ganz zu schweigen von den zehntausend Einwohnern … wie bringt man ein solches Ungetüm auf die gewünschte Position? Nun, wir haben die Antwort darauf gefunden.«
Das nächste Bild war eine graphische Darstellung des Antriebssystems.
»Astropolis verfügt über einen eigenen Antrieb, der es der Station ermöglicht, die Umlaufbahn um die Erde, in der sie sich gegenwärtig befindet, aus eigener Kraft zu verlassen. Und das wird – deswegen sind wir heute hier zusammengekommen, meine Damen und Herren – morgen geschehen.«
Harris’ letzte Worte waren von Unruhe überlagert. Die Ursache hierfür war das Murren der versammelten Journalisten über eine unziemliche Störung: Bewaffnete Polizisten hatten den Saal betreten und rechts und links von den automatischen Schiebetüren Aufstellung genommen. Ihre Uniformen wiesen sie aus als Angehörige der III. Abteilung, die unmittelbar dem Minister für Innere und Äußere Sicherheit unterstand.
Harris runzelte die Stirn und wandte sich an seine Sekretärin, die halbverdeckt hinter dem Vorhang stand.
»Stellen Sie fest, was da los ist!«
»Ja, Sir.«
Miss Greenwood huschte davon.
Harris’ erhobene Hand stellte die Ruhe im Saal wieder her.
»Meine Damen und Herren, ich bitte noch einmal um Ihre Aufmerksamkeit. In unserem Programm hat es eine Abänderung gegeben. Reverend Clark, der für Astropolis als geistlicher Berater vorgesehen war, ist heute früh erkrankt und wird in diesem Augenblick abgeborgen. An seine Stelle tritt ein Mann, der bereits hier mit viel Erfolg einer nicht unbeträchtlichen Gemeinde vorgestanden hat: Pater Georgius. Und da Pater Georgius hier im
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