Wen das Grab ruft
kletterte, immer weiter ausbreitete, so dass sie wie ein Mantel wirkten, der mich direkt mit umschlingen wollte.
Eine furchtbare Gestalt, die sich schwerfällig in Bewegung setzte und auf mich zukam.
Ich bekam eine trockene Kehle. Ohne dass es mir bewusst war, glitt die Hand in Beretta-Nähe, aber ich brachte es einfach nicht fertig, die Waffe zu ziehen, denn das Monster hatte mir noch nichts getan, und zudem wollte ich erfahren, aus welchem Grund es aus dem See stieg. Konnte es reden? Ich musste es auf einen Versuch ankommen lassen und sprach es an, während ich gleichzeitig noch einen Schritt zurückging und mich mehr dem Steilhang näherte.
Das zweite Wort blieb mir in der Kehle stecken, da ich die Stimme meines Freundes Bill hörte.
»John, verdammt, hast du es gesehen? Es ist gekommen. Das ist es. So habe ich es gehört…«
»Klar! Bin ja nicht blind!«
Während meiner Worte war das Monstrum bis dicht an das flache Ufer gekommen. Zum erstenmal sah ich die Füße. Es hatte kaum Zehen, so dass sie wie Schwimmflossen wirkten, die an ihrer Vorderseite Andeutungen von Zehen besaßen. Das Wasser schwappte über die Füße. Das erste Bein stellte das Untier schon auf den Kies, als ich abermals die Stimme meines Freundes Bill Conolly vernahm.
»Halte aus, John, ich komme zu dir runter! Das packen wir gemeinsam!«
Bill war in seinem Element. Mir allerdings passten seine Aktivitäten nicht so ganz. Wenn, dann musste ich schon mit dem Monstrum allein fertig werden.
Es griff an. Wahrscheinlich hatte mich Bill durch sein Reden zu sehr abgelenkt. Ich hatte nicht mehr an meine Waffe gedacht und auch die Nähe des Monsters zu mir unterschätzt.
Es warf sich mit einem Sprung vor, tauchte dicht vor meinen Augen reißzähnefletschend auf, und bevor ich auf dem nassen, rutschigen Kies zur Seite wegtauchen konnte, war es schon da.
Zwar drehte ich mich noch, aber die Steine gaben unter meinen Sohlen nach. Ich stürzte.
Zu Boden fiel ich nicht mehr. Der Schatten war über mir, und aus dein Schatten wurde eine gewaltige Klammer, die mich so festhielt, dass beide Arme bewegungslos gegen meinen Körper gepresst wurden. Für eine Sekunde stand ich da, ohne mich zu rühren. Ich sah das Monstrum aus allernächster Nähe und nahm auch den Gestank wahr, der von ihm ausging. Am meisten jedoch erschreckte mich die Kraft, die in seinen Armen steckte. Damit konnte er mir alle Knochen im Leibe brechen.
Das hatte das Monstrum nicht vor. Als es die Schwingen ausbreitete, wusste ich Bescheid. Mit einer gleitenden Bewegung stieß es sich vom Untergrund ab und schwebte, mit mir in den Klauen, in die Höhe, wobei es sich noch drehte und den Kiesgrubentümpel als Ziel nahm…
***
Ellen Long hatte das Gefühl, als würde ihr jemand den Boden unter den Füßen wegreißen. Mit allem hatte sie gerechnet, nur nicht mit diesem für sie grausamen Schock.
Das Wesen vor ihr hatte mit Kevins Stimme gesprochen, und doch war es nicht ihr Mann.
Vor ihr stand ein… sie wollte es kaum glauben, aber es stimmte, ein Soldat mit einem zur Hälfte skelettierten Kopf, von dem nur mehr der obere Teil normal war.
Auch ein Stahlhelm saß auf dem schrecklichen Schädel. Ein Riemen lief an den beiden Seiten entlang und umspannte das Kinn. Es war nur das Gesicht, das diesen Schrecken abstrahlte, die Hände und Arme wirkten normal. Aber was hieß in diesem verdammten Fall schon normal? Ellen wusste es nicht. Sie wusste nur, dass diese Person, die vor ihr stand, mit derselben Stimme gesprochen hatte wie Kevin. War er es, war er es nicht?
Bisher hatte die Frau still auf dem Fleck gestanden und die Gestalt angesehen. Nun drang ein schweres Schluchzen aus ihrer Kehle, und dieses Geräusch schien für den anderen das Startzeichen gewesen zu sein, denn durch seinen Körper lief ein Ruck. Aber er schritt nicht auf Ellen zu, sondern wandte sich ab.
Die Frau begriff nichts. Sie ließ ihn gehen und bekam noch mit, dass er bewaffnet war. Er trug weder eine Maschinenpistole noch einen Karabiner, dafür schaukelten an seinem Gürtel oval geformte grüne Gegenstände: Handgranaten.
Ellen Long wunderte sich darüber, dass sie nicht einfach weggelaufen war. Sie blieb auch jetzt noch stehen und dachte über den seltsamen Soldaten mit dem halbzerstörten Gesicht nach. Eigentlich hätte er ihr einen solchen Schrecken einjagen müssen, dass sie voller Panik ins Haus gelaufen wäre, statt dessen überlegte sie, denn irgend etwas an dieser unheimlichen Gestalt war ihr noch
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